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Umgang mit Personal

Schwere Vorwürfe an Ryanair nach Schließung der Basis Frankfurt

Nutzt Ryanair die Schließung der Basis in Frankfurt, um den Sozialplan zu umgehen? Das wirft die Gewerkschaft Verdi der Billigairline vor. Sie befürchtet auch den Missbrauch von Kurzarbeit. Die Airline widerspricht.

Vor 20 Tagen gab Ryanair auf. Der Billigflieger informierte seine Angestellten, dass die Basis in Frankfurt am Main zum 31. März geschlossen wird. Die fünf dort stationierten Flugzeuge würden umverteilt auf Flughäfen, «die mit niedrigeren Flughafengebühren reagiert haben, um die Erholung des Flugverkehrs zu fördern». Nur teilweise liegen diese in Deutschland.

Für die Mitarbeitenden war klar: Sie haben das Recht, an einer anderen Basis weiter zu arbeiten. Und der Sozialplan ermögliche ihnen den Wechsel an andere Standorte mit entsprechenden Kompensationszahlungen und Sonderurlauben. Doch Ryanair versuche, diesen Sozialplan zu umgehen, prangert die Gewerkschaft Verdi an.

«Verunsicherung und Gleichgültigkeit»

Man verurteile den Umgang mit den rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Frankfurt, so die Arbeitnehmervertretung. Die von der maltesischen Ryanair-Tochter Malta Air angestellten Ryanair-Beschäftigten würden «unter enormem Druck» gesetzt und seien der «Willkür der Airline ausgeliefert». «Wir erleben Verunsicherung und Gleichgültigkeit gegenüber den individuellen Schicksalen der Beschäftigten und Missmanagement ungeahnten Ausmaßes», erklärt Verdi-Sekretär Dennis Dacke.

Doch was läuft konkret schief? An diejenigen Kabinenmitarbeitenden, die an neue Basen wechseln, seien umgehend neue Arbeitsverträge versandt worden, so Verdi. Das sei in einigen Fällen – etwa, wenn die Basis im Ausland liege und dort andere arbeitsrechtliche Bedingungen gelten – nachvollziehbar. Doch geschehen ist das offenbar auch bei der Verlegung an eine Basis in Deutschland.

Neue Arbeitsverträge mit neuen Klauseln

Wie die Gewerkschaft in einem internen Schreiben vom 24. Januar an die Mitglieder klarstellt, das aeroTELEGRAPH vorliegt, sei das nicht nötig. «Wir möchten Euch darauf hinweisen, dass im Falle einer Versetzung innerhalb Deutschlands keine neuen Arbeitsverträge ausgestellt werden müssen. Euer alter Arbeitsvertrag wäre auch an einem neuen Standort gültig», heißt es.

Heikel ist das vor allem, weil die Verträge mitunter neue Klauseln enthalten, die laut Verdi die Angestellten benachteiligen. «In diesen Arbeitsverträgen werdet Ihr schlechter gestellt als in Euren bisherigen Arbeitsverträgen.»

Ansprüche wegbedingen

In den neu versandten Verträgen, von denen aeroTELEGRAPH Exemplare vorliegen, sticht eine Klausel ins Auge. Die Unterzeichnenden müssen mit Ziffer 3 des Vertrages erklären, dass sie keine Ansprüche gegen das Unternehmen haben. Das könnten unter anderem Ansprüche sein, die durch den Sozialplan entstehen, also Kompensationszahlungen oder Sonderurlaube bei Basiswechsel. Auch Ansprüche auf Zahlungen für den Umzug an den neuen Arbeitsort könnten entfallen.

Doch der Hintergrund könnte laut Verdi auch ein anderer sein. Im Januar sei in den Dienstplänen Kurzarbeit eingetragen, obwohl es dafür eigentlich keine rechtliche Grundlage gebe. «Der Tarifvertrag mit uns zur Kurzarbeit ist ausgelaufen und wurde nicht verlängert», so Gewerkschaftssekretär Dacke. Man befürchte, dass anstelle der tariflichen Gehälter zu Unrecht Kurzarbeitergeld gezahlt werden würde.

«Blankoscheck»?

In einem internen Schreiben an die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter wird die Gewerkschaft noch deutlicher. Man sorge sich, «dass Malta Air sich mit dieser Klausel einen Blankoscheck ausstellen lassen will, damit sie unrechtmäßig abgerechnete Kurzarbeit nicht vor Gericht zurückfordern kann». Es sei sogar denkbar, dass sich die Ryanair-Tochter auf diese Klausel berufe, wenn sie bis April kein oder ein falsches Gehalt zahlt.

Ryanair widerspricht der Darstellung der Gewerkschaft. «Diese Behauptungen sind falsch», so die Airline zu aeroTELEGRAPH. «Malta Air war in der Lage, alle aus Frankfurt abgewanderten Besatzungsmitglieder in vollem Einklang mit den individuellen Verträgen und dem vereinbarten Sozialplan in neuen Positionen unterzubringen.»