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Präsident Mauricio Amaro

«Unter Star Alliance wäre Latam verwundbarer»

TAM und LAN fusionierten zu Latam, der größten Fluglinie Südamerikas. Präsident Mauricio Amaro im exklusiven Interview über die Allianzwahl, den A380, Anpassungsprobleme und einen Ausbau in Deutschland.

Bevor Sie ins Management wechselten, waren Sie Flugkapitän. Vermissen Sie das Leben im Cockpit?
Mauricio Amaro*: Ja, sehr. Ich habe aber noch immer die Berufspiloten-Lizenz. Ich steuere eine Cessna Citation X und mache jedes Jahr das Simulator-Training.

Gibt es Parallelen zwischen dem Steuern eines Konzerns und eines Flugzeuges?
Wenn man einen Prozess steuert – sei es im Cockpit oder im Unternehmen – gibt es immer Ähnlichkeiten. Die Risikoanalyse und die Ausführung, so sachte es geht, sind Gemeinsamkeiten. Die Geschwindigkeiten sind aber unterschiedlich. Im Flugzeug geht alles viel schneller.

Sie haben im unternehmerischen Cockpit nicht die einfachste Route gewählt. Sie haben die Fusion von TAM und LAN durchgezogen. Die richtige Entscheidung?
Ohne Zweifel. Ich bin immer überzeugter, dass es unter den damals möglichen Optionen die beste war.

Was wäre passiert, wenn TAM und Lan alleine geblieben wären?
Darüber können wir natürlich nur spekulieren. Ich glaube aber, dass TAM in einer sehr schwierigen Lage wäre. Wir hätten große Mühe, Kapital aufzunehmen. Unter dem Schirm der Star Alliance wären wir zudem viel verwundbarer gegenüber der steigenden ausländischen Konkurrenz in Brasilien. Und nicht zuletzt gab es ein Überangebot im Inlandsmarkt.

Und LAN?
LAN war rentabel und gut positioniert. Sie wäre aber heute ohne Wachstumsperspektiven und würde unter stark wachsender Konkurrenz in ihren zwei Hauptmärkten Chile und Peru leiden.

Fusionen sind aber risikoreich. Man muss zwei unterschiedliche Kulturen vereinen.  Wie erreichen Sie, dass 1 + 1 wirklich = 3 ist?
Wir besitzen das größte Netzwerk Südamerikas. Das bringt Synergien, die weit über die hinausgehen, die man aufgrund unserer gemeinsamen Größe vermuten könnte.

Aber TAM und LAN – das sind zwei Unternehmen aus zwei Ländern mit völlig verschiedenen Kulturen.
Klar, es ist nicht einfach – geographisch gesehen und kulturell. Aber wir machen einen guten Job. Es gab eine Phase am Anfang, in der es viel Unsicherheit gab und die Arten zu arbeiten sehr unterschiedlich waren. Das Schwierigste ist, gegenseitig Vertrauen aufzubauen. Das braucht Zeit. Damit es klappt, müssen die Leute verstehen, dass die neue Kultur Vorteile bringt und das die Führung gemäß den präsentierten Prinzipien handelt. Oder um es anders zu sagen: Behandle die Leute mit Respekt und «walk the talk», auf Worte Taten flogen lassen. Dass das geht, zeigt IAG. Obwohl die beiden Hauptairlines aus Ländern mit noch unterschiedlicheren Sprachen kommen, machen sie einen guten Job.

Wo war denn LAN, wo Tam stärker?
LAN hat ein viel stärkeres Fracht-Geschäft. TAM ist kreativer. Um inmitten härtester Konkurrenz wachsen zu können, musste Tam agiler sein.

Werden wir weitere solche Fusionen über Grenzen hinweg sehen?
Ohne Zweifel. Zuerst fanden Fusionen im gleichen Land statt. Jetzt sind wir in einer neuen Etappe, wo die Fusionen grenzüberschreitend sind. Es geht nicht anders. Die Überlebenden im Markt werden Resultate von Fusionen sein. Schauen Sie sich Air France und KLM an, British und Iberia. Ich glaube total and Fusionen in der Luftfahrt.

Vor einigen Wochen stellten Sie die neue Marke vor. Passagiere werden nur noch die Marke Latam kennen. Wird auch das Kabinenprodukt in allen Märkten vereinheitlicht?
Ja, es wird ein Latam-Produkt in allen Märkten geben. Das wird noch eine Weile dauern. Ich denke es wird in drei bis fünf Jahren soweit sein.

Wie wird sich Latam im Markt differenzieren?
Es gibt kein anderes Luftfahrtunternehmen in unserer Region mit einem so kompletten Netz wie dem unseren. Wir sind Nummer eins oder zwei in sieben Ländern Südamerikas. Wir bieten die beste Konnektivität. Niemand sonst kann so viele Ziele und Verbindungen anbieten wie Latam. Gleichzeitig werden wir ein qualitativ gutes Produkt anbieten, mit Internet an Bord und das Reiseerlebnis vereinfachen. Wir wollen eines der meist bewunderten Unternehmen der Welt werden.

Synergien könnte man durch eine Einheitsflotte erreichen. Auf der Langstrecke nutzt LAN die neuen Boeing 787 Dreamliner, TAM künftig den Airbus A350. Sie fliegen aber auch noch mit Boeing 767, 777 und Airbus A330. Werden Sie mit allen Modellen weitermachen?
Wir werden die Airbus A330 2016 ausflotten. Die Boeing 777 werden die Flotte wohl auch verlassen.

Und neue Flugzeuge? Gäbe es Routen, auf denen Latam den Airbus A380 einsetzen könnte?
Ob es Routen gibt? Ja. Ob wir planen, den A380 einzusetzen? Nein!

Ihr Netz außerhalb Amerikas ist immer noch schwach. Planen Sie einen Ausbau?
In Nordamerika fliegen wir nach New York, Miami, Orlando, San Francisco und Los Angeles. Kürzlich verlängerten wir den New-York-Flug nach Toronto. Wir fliegen die Destinationen mehrmals täglich von unseren Basen in Südamerika an. Vorderhand werden wir keine neuen Routen einführen. Wir glauben, dass der Markt ziemlich gesättigt ist. In Asien und Afrika prüfen wir laufend Optionen. 2015 wird aber nichts mehr passieren.

Und in Europa?
Kürzlich starteten wir Direktflüge zwischen São Paulo und Barcelona. Wir fliegen vier Mal pro Woche. Ich hoffe, dass wir die Frequenz bald auf einen täglichen Flug erhöhen können.

Also keine Pläne für Deutschland, Österreich und die Schweiz?
Ich glaube nicht, nicht in diesem Moment. Vielleicht ist das ein Thema, wenn wir unser Drehkreuz im Nordosten Brasiliens eröffnen, in Fortaleza, Natal oder Recife. Aber sicher passiert nichts vor 2017.

Welches sind denn die härtesten Konkurrenten von Latam?
In Nordamerika sind es American Airlines und Delta. In Südamerika Avianca und in Europa Iberia und Air France-KLM.

* Der Brasilianer Mauricio Amaro begann als Linienpilot bei TAM. Nach dem Wechsel an den Boden arbeitete er sich bis 2004 zum Mitglied des Vorstands hoch. Zuletzt war er Vizechef des Vorstandes. 2012 wurde er zum Präsidenten der fusionierten Latam Group ernannt.