In Belgrad sitzt der Schock über die Zerstörung der letzten europäischen Boeing 737-300 noch tief. Nun wollen Enthusiasten verhindern, dass auch eine historische JAT-Boeing 727 verschwindet – und starten eine Rettungsinitiative.
Luftfahrtenthusiasten in Serbien waren den Tränen nahe, als vor Kurzem bekannt wurde, dass auf dem Gelände der JAT-Tehnika am Belgrader Hauptstadtflughafen Nikola Tesla eine 40 Jahre alte Boeing 737-300 in ihre Einzelteile zerschnitten wurde. Bei der ehemaligen YU-AND handelte es sich um die erste an JAT-Jugoslav Air Transport ausgelieferte Boeing 737-300 und die letzte noch fliegende Maschine ihrer Art in Europa.
Im Juli 1985 hatte die ehemalige Staatsfluglinie Jugoslawiens das Flugzeug übernommen und setzte es bis 2013 auf den internationalen Strecken der Fluggesellschaft ein. Bis zum Ausscheiden aus ihrem aktiven Dienst im Jahr 2020 flog der Oldie noch bei Air Serbia und dessen Chartertochter Aviolet.
Bekanntheit erhielt die Maschine nicht nur durch den ersten kommerziellen Linieneinsatz einer Boeing 737-300 in Europa, sondern auch durch diverse Wet-Lease Einsätze rund um den Globus. Neben Einsätzen für Air Afrique und Bellview Airlines (Nigeria) flog die Maschine Ende der achtziger Jahre sogar für einige Monate bei Australian Airlines bzw. Ansett.
Geschichte genug also um dem Star der einstigen JAT-Jugoslav Air Transport Flotte einen würdigen Platz im nahegelegenen Flugzeugmuseum am Flughafen Belgrad zu bieten. Doch es kam anders, als das Stück jugoslawischer Flugzeuggeschichte vor kurzem in seine Bestandteile zerschnitten wurde.
Nun mehren sich in Belgrad die Stimmen, dass man einem weiteren geschichtsträchtigen Flugzeug, das ebenfalls seit Jahren vor dem Hangar der JAT-Tehnika dahinrottet, das gleiche Schicksal ersparen möchte. Dazu soll eine Kampagne gestartet werden, die legendäre Boeing 727-2H9 (YU-AKF) zu kaufen, neu zu lackieren und dem Luftfahrtmuseum in Belgrad zu spenden.
Die Boeing 727 mit der Seriennummer 21038 wurde im Jahr 1975 an JAT Jugoslav Air Transport ausgeliefert und flog bis zu ihrem Ende im Jahr 2002 nicht nur für die jugoslawische Staatsfluglinie, sondern wurde auch als Regierungsflugzeug eingesetzt. Für internationale Aufmerksamkeit sorgte die Boeing 727 am 26.September 1981, als die Maschine auf einen Inlandsflug von Titograd (heute Podgorica) nach Belgrad unterwegs war.
Kurz nach einem außerplanmäßigen Zwischenstopp in Dubrovnik, um eine Fußballmannschaft aufzunehmen, stürmten drei Kroaten mit Messer und Pistolen bewaffnet das Cockpit mit der Forderung, die Maschine nach Israel umzuleiten. Bei einer Zwischenlandung in Larnaca kam es dank der Mithilfe der Crew und einiger cleverer Passagiere zu einem schnellen Ende der Entführung, als eine erkrankte Passagierin durch die Hintertür aus der Boeing 727 gebracht wurde.
Während des Vorgangs verbrannte ein Passagier Papier in der Flugzeugtoilette weshalb ein Feueralarm ausgelöst wurde. Der Pilot und seine Kollegen sahen ihre Chance gekommen und drehten die Klimaanlage auf Maximum, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich um einen schweren Brand handelte, woraufhin alle Passagiere das Flugzeug fluchtartig verließen und dadurch der Entführung ein unerwartet schnelles Ende setzten.
Sollte die Initiative zur Rettung der Maschine Erfolg haben, so könnte vielleicht schon bald die geschichtsträchtige Boeing 727 direkt neben einer gut erhaltenen Sud-Est SE-210 Caravelle von JAT im Luftfahrtmuseum am Belgrader Flughafen eine neue Heimat finden.
Qualitätsjournalismus gibt es nicht zum Nulltarif. Unsere Redaktion kennt die Branche, ihre Akteure und Zahlen – seit vielen Jahren. Wenn Sie uns unterstützen wollen, zahlen Sie weniger als für ein Getränk am Flughafen. Zudem lesen Sie werbefrei und stärken die unabhängige Berichterstattung. Jeder Beitrag zählt. Jetzt hier klicken und abonnieren