Zehn Airbus A350 von Lufthansa fliegen inzwischen mit einer First Class. Doch statt Begeisterung herrscht Frust bei den Crews: Sie kritisieren Designfehler – und, dass künftig ein Flugbegleiter weniger für die am besten zahlenden Gäste zuständig ist.
Es war ein holpriger Start für die neue First Class von Lufthansa. Die ersten Airbus A350 mit der neuen Allegris-Kabine mussten aufgrund von Verzögerungen bei der Zulassung zunächst ohne die Sitze ganz vorn abheben. Mittlerweile ist das Problem gelöst: Seit rund vier Monaten sind Airbus A350 komplett ausgerüstet unterwegs. Zehn Exemplare heben mit der neuen First Class ab München zu Zielen wie Bengaluru, Chicago, San Diego, San Francisco und Shanghai ab.
Man sei wieder auf Kurs, Europas Premium-Airline Nummer eins zu werden, hieß es Anfang des Jahres von Lufthansa. Doch nicht alle sind zufrieden mit der neuen First Class, wie ein Schreiben der Personalvertretung Kabine von Lufthansa zeigt, das aeroTELEGRAPH vorliegt. Die Crews sind ernüchtert. Unter anderem kritisieren sie deutliche Mängel beim Design.
Alle Suiten sind mit raumhohen Wänden und verschließbaren Türen ausgestattet. Die Ausstattung ist entsprechend großzügig: Garderobe, ein 40-Zoll-Bildschirm, ein Tablett zur Steuerung von Beleuchtung, Klima, Unterhaltungssystem, eine Sitzheizung und zwei Sessel, die sich in ein zwei Meter langes und 77 Zentimeter breites Bett verwandeln lassen.
Besonders hervorgehoben wird von Lufthansa die Suite Plus in der Mitte der Kabine. Sie ist für zwei Personen gedacht und bietet dem zweiten Gast bis zu 30 Prozent Rabatt auf den Ticketpreis. Allerdings gibt es nur einen Bildschirm, einen Tisch und weniger Stauraum als in den Einzelsuiten. Auch Tageslicht fehlt fast vollständig.
Und genau bei dieser neuen Doppelsuite in der Mitte sehen die Crews Probleme. Sie seien für Reisende gedacht, die gemeinsam essen oder schlafen wollen. In der Praxis habe sich das Modell jedoch nicht bewährt: «Paare haben selten dieselben Schlafrhythmen oder Filmvorlieben. Statt exklusiver Wohlfühlatmosphäre entsteht eher ein Gefühl von Enge und Zwang – von Premium-Erlebnis keine Spur.»
Hinzu komme, dass selbst grundlegende Aspekte wie Stauraum für Bettzeug in der Planung schlicht vergessen worden seien. Die improvisierte Lösung: Materialien würden in Gepäckfächern der vorderen Business-Class-Reihen verstaut. Die Personalvertretung Kabine kritisiert, dass bei der Entwicklung nicht an die Realität im Arbeitsalltag gedacht worden sei.
Vor allem stört sie aber: Auf den Airbus A350 mit der Allegris-Kabine wird künftig ein Flugbegleiter weniger eingesetzt. Statt zwölf werden es künftig nur noch elf sein. Die Entscheidung der Geschäftsleitung dazu sei gefallen, heißt es in dem Schreiben. «Der Abzug des Flugbegleiters stellt nicht nur einen klaren Qualitätsverlust im Service dar, sondern offenbart einmal mehr erhebliche Schwächen in der strategischen Planung und im Produktdesign», kritisiert das Gremium.
Bislang kümmerten sich zwei speziell geschulte Flugbegleiter ausschließlich um die bis zu vier Gäste in der exklusivsten Kabine. Künftig wird einer der Mitarbeitenden mit First-Class-Ausbildung auch in anderen Klassen aktiv sein. «Die Arbeitszeit am Gast – insbesondere in der First Class – wird dadurch massiv reduziert. Und das ausgerechnet in einer Phase, in der mit Allegris ein neues, erklärungsbedürftiges Sitzprodukt eingeführt wird», heißt es in der Veröffentlichung weiter.
Derzeit testet Lufthansa verschiedene Modelle für die künftige Servicegestaltung. Unter anderem könnten First-Class-Flugbegleitende in den Business-Class-Service integriert oder in der Bordküche eingesetzt werden. Für die Personalvertretung sind diese Varianten jedoch «kaum praktikabel». Sie würden auch die Belastung der Crews weiter erhöhen.
Ein Lufthansa-Sprecher stellt klar, dass der Schritt schon von vornherein so geplant gewesen sei. «Während der Einführungsphase von Allegris wurde das Crew Complement auf den entsprechenden Flügen um eine Flugbegleiterin/einen Flugbegleiter erweitert», so der Sprecher. So habe man die Eingewöhnungsphase mit dem neuen Produkt für die Crew erleichtert und den Service unterstützt. «Diese Übergangsphase war a priori begrenzt und die Crewgröße wird nun planmäßig im Herbst wieder auf die tatsächliche Planungsanzahl umgestellt.»
Die Personalvertretung hat damit trotzdem ein Problem. Die Reduktion belaste auch die Qualität. «Es geht nicht nur um Arbeitsplätze, sondern um die Zukunft eines Produkts, das den Anspruch hat, zur Weltspitze zu gehören.» Tageszeit, Gästeprofil, technische Herausforderungen oder Auslastung – viele Faktoren würden zudem jeden Einsatz einzigartig machen.
«Genau deshalb ist der Abzug eines Flugbegleiters nicht nur ein quantitatives, sondern vor allem ein qualitatives Problem.» Man werde die Mitbestimmungsrechte in diesem Fall daher konsequent wahrnehmen und stehe mit der Geschäftsleitung im kritischen Dialog..