Letzte Aktualisierung: um 2:26 Uhr

Flugtest

Das bietet die neue Business Class in den Boeing 777 von KLM

Die niederländische Fluggesellschaft gestaltet die Business Class in ihren Boeing 777 um. Was bietet das neue Bordprodukt von KLM? Wir haben es getestet.

KLM machte den Trend lange Zeit nicht mit. Sie bot in ihrer Business Class keine Suiten an, sondern setzte weiterhin auf eine offene Kabinenarchitektur. Doch die Fluggesellschaft hat umgedacht. Sie rüstet bis zum Ende des Jahres alle Boeing 777-300 ER mit einer neuen Business-Kabine aus, danach folgen die 777-200. Und sie bieten ein Suiten-Feeling à la hollandaise.

Aktuell fliegen bereits drei Triple Seven mit dem neuen Bordprodukt. Doch was kriegt man als Fluggast da wirklich geboten? aeroTELEGRAPH hat die neue Business Class in den Boeing 777 von KLM auf einem Flug Ende Juni von Amsterdam nach Kapstadt getestet.


Die erste Boeing 777, die KLM umgerüstet hat, war die Orange Pride – die PH-BVA. Bild: aeroTELEGRAPH

Buchung/Reservierung: ★★★★☆. Die Webseite – und die App – der Fluggesellschaft sind übersichtlich. Alle für Reisende wichtigen Menüpunkte findet man sehr schnell. Auch ist die Ladezeit gut. Vor allem gefällt mir, dass anders als bei einigen Konkurrenten, die Verknüpfung mit der Partnerin Air France live und eng ist. Buchungen kann man Flüge nicht nur problemlos kombinieren, sondern auch bei beiden anschauen und anpassen. Was mich noch stört, ist das ziemlich angestaubte Design.

Check-in/Einsteigen: ★★★★★. Der Business-Passagier kann am Sky-Priority-Schalter einchecken, muss also weniger lange in der Schlange stehen, genauso kommt er in Amsterdam und an Flughäfen mit diesem Angebot schneller durch die Sicherheitskontrolle. Zudem kann er mehr Gepäck mitnehmen und zuerst einsteigen.

Crew: ★★★★★. Die Kabinenbesatzung ist aufmerksam und professionell, hat aber auch diese niederländische Lässigkeit. Das mag ich sehr. Auf Wünsche werden jeweils schnell reagiert.

Kabinenausstattung: ★★★★☆. Da KLM keine First Class anbietet, liegt die Business Class ganz vorn im Flieger. In den umgebauten Boeing 777 setzt die Fluggesellschaft dabei auf eine 1-2-1-Konfiguration. Alle Fluggäste haben also direkten Zugang zum Gang, wie das inzwischen fast schon Branchenstandard ist. Die Einrichtung ist in Grau, Blau und Beigetönen gehalten. Für meinen Geschmack sind es mitunter etwas zu viele Schattierungen. Den Business-Gästen stehen je eine Toilette in Standardgröße an beiden Enden des Abteils zur Verfügung. Die Gänge empfinde ich als relativ eng. Platz für Gepäck gibt es dafür mehr als genug.

Sitz: ★★★★☆. Die Basis der neuen Sitze sind die Sitze von Jamco, die bereits in den Boeing 787-10 stehen. Sie wurden aber in 14 kleinen Punkten verbessert. Mir gefallen dabei vor allem die bequeme Armstütze links, die elegante Integration der Sitzsteuerung in eine Leiste (sie verhindert versehentliches Betätigen) und die Anordnung der Steckdosen vorne beim Bildschirm, damit man sie direkt erreichen kann. Ich habe schon erlebt, dass ich fünf Minuten nach der Dose suchen musste oder mir schon beinahe Zerrungen geholt, weil die Dosen derart weit unten am Sitz angebracht waren. Begeistert war ich vom Stauraum und der üppig vorhandenen, vergrößerten Ablagefläche links zum Fenster hin. Daneben gibt es unter dem Fußende weiteren Platz sowie ein Fach neben. Ebenfalls neu ist eine Massagefunktion – ein angenehmes, aber auch kein zwingendes Plus. Die größte Änderung aber betrifft die Tür, welche den Sitzplatz zu einer Suite macht. Sie ist etwas gewöhnungsbedürftig, da es sich nicht um eine solide Tür handelt, sondern eher um eine dicke Ledermatte mit einem metallenen Griff. Er ist magnetisch und sorgt beim Ziehen hin zum Vordersitz für einen festen Verschluss. Den Zweck erledigt die KLM-Tür aber alleweil, man ist vor Blicken von außen geschützt und gewinnt deutlich an Privatsphäre. KLM erklärt die Wahl dieser Schließlösung mit dem deutlich geringeren Gewicht – was über einen geringeren Kerosinverbrauch  auch der Umwelt zugutekommt.


So wird die Suite geschlossen. Bild: aeroTELEGRAPH

Sauberkeit: ★★★★★. An der Sauberkeit ist absolut nichts auszusetzen.

Mahlzeiten: ★★★★★. Den Apéritif lasse ich eigentlich nie aus. Serviert wird ein hervorragender Champagner von Bernard Lonclas Blanc de Blancs Brut. Dazu bekomme ich Nüsse serviert in einer schönen Porzellanschale. Zur Vorspeise gibt es eine XXL-Conchiglia gefüllt mit Lachs an einem Estragon-Dressing sowie Salat mit Ziegenkäse, eine Kürbispastete sowie Orzo mit Pinienkernen. Das alles schmeckt exzellent. Bei der Hauptspeise wähle ich die Gemüsequiche – ebenfalls eine gute Wahl. Und zur Nachspeise setze ich auf den Mini-Schokokuchen, das Petit Four mit tropischen Früchten und die Tartelette mit Zitronenquark. Dazu genieße ich ein Glas Baron de Ley Provado Rioja.

Vor der Landung kann man nochmals eine leichte Mahlzeit wählen. Ich sage nicht nein und entschließe mich den Angus Hamburger mit eingelegten roten Zwiebeln und einer Sriracha-Sauce. In seiner Papierverpackung sieht er zwar nicht elegant aus, dafür mundet er wirklich vorzüglich und könnte in jeder Hipster-Burger-Restaurant serviert werden.  Insgesamt bin ich vom Essen von KLM wirklich begeistert – was mir selten passiert.


Nicht schön anzusehen ins seiner Verpackung, aber extrem gut – der Angus-Hamburger. Bild: aeroTELEGRAPH

Unterhaltungssystem: ★★★★☆. Das Angebot an Filmen und Serien ist üppig. Rund 250 Kinostreifen stehen beispielsweise zur Verfügung. Mir fehlen Trouvaillen, internationale Studiofilme, die ich auf einem so langen Flug entdecken könnte. Konsumiert wird das Programm auf einem großen und  berührungsempfindlichen mit 43 Zentimeter aber eher bescheiden großen und eher starren Bildschirm. Der Fluggast bekommt zudem qualitativ gute Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung. In der Seitenkonsole auf Kopfhöhe findet der Reisende eine Fernbedienung vor, die ich aber gar nie benutze – außer um die Karte darauf anzuzeigen.

Wifi/Strom: ★★★★★. Zuwenig Steckdosen? Das gibt es hier nicht. Am Sitz gibt es einen USB-A und einen USB-C-Anschluss sowie eine klassische Stromsteckdose. Hinzu kommt eine Fläche für kabelloses Aufladen. Auch Wifi gibt es an Bord.  Das Paket für Textnachrichten oder Messenger ist kostenlos. Wer im Internet surfen oder Bilder versenden will, muss ein Paket kaufen. Für den ganzen Flug kostet das 18 Euro. Wer Filme oder Serien streamen will, zahlt 30 Euro. Das Verbinden ist sehr einfach – die Stabilität zeitweise ungenügend – wie bei allen Fluggesellschaften.

Extras: ★★★★☆. Business-Reisende bekommen bei KLM ein Amenity Kit in einem kleinen Kulturbeutel aus Stoff. Allerdings ist es etwas klein und kann daher danach kaum für mehrtägige Reisen verwendet werden. Enthalten sind eine Zahnbürste aus Bambus, Zahnpasta-Bonbons, Ohrstöpsel, Socken, eine Schlafmaske und ein Mini-Kugelschreiber. Das ist Minimal-Standard.

Gesamtnote: 4,4 – Gut
(Skala: Sehr gut = über 4,5, Gut = 3,7 bis 4,4, Befriedigend = 2,7 bis 3,6, Schlecht = 2,0 bis 2,6, Sehr schlecht = unter 2,0)

Fazit: Passagierinnen und Passagiere bekommen bei KLM in der neuen Business Class ein Produkt und einen Service geboten, die ihren Preis wert ist. Wer eine weite Strecke zurücklegen muss und bereit ist, für sein Ticket den Business-Tarif bezahlen, der trifft mit KLM eine gute Wahl.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Bilder des Flugtests. Ein Klick aufs Bild öffnet die Galerie im Großformat.

Der Testflug verursachte 1430 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen kompensierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten und den Kauf von Biokerosin über den Kompensationsanbieter Compensaid.

Das Flugticket für den Test wurde von der Fluggesellschaft zur Verfügung gestellt. aeroTELEGRAPH hatte beim Urteil trotzdem freie Hand. Die Fluggesellschaft nahm weder Einfluss auf den Inhalt des Artikels noch stellte sie irgendwelche Bedingungen. Das würde dem Verhaltenskodex von aeroTELEGRAPH widersprechen.