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Übernahme

Aus Embraer wird Boeing

Boeing bekommt die Macht über Embraers zivile Flugzeuge. Die beiden Konzerne haben eine Einigung über ihre Zusammenarbeit erreicht.

Es war keine einfache Geburt. Kaum war vergangenen Dezember bekannt geworden, dass Boeing die Macht bei Embraer übernehmen möchte, gab es aus Brasilien heftige Kritik. Sogar Staatspräsident Michel Temer schaltete sich ein. Er lehne einen Verkauf ab, ließ er aus Brasília umgehend verlauten.

Nun kommt es doch dazu. Die beiden Flugzeugbauer sind in den letzten Monaten über die Bücher gegangen. Und sie fanden einen Ausweg, mit dem auch die brasilianische Regierung zufrieden gestellt werden kann. Am Donnerstag (5. Juli) wurde er präsentiert. Boeing und Embraer gründen ein Joint Venture, an dem beide beteiligt sind. In das neue Unternehmen bringen die Brasilianer ihr gesamtes Geschäft mit Passagierflugzeugen ein.

Angst ums Rüstungsgeschäft

Am neuen Unternehmen, das seinen Sitz in Brasilien und ein lokales Management haben wird, besitzt Boeing 80 Prozent. Embraer wird 20 Prozent der Anteile halten. Die Amerikaner schätzen den Wert ihres Anteils auf 3,8 Milliarden Dollar. «Das Abkommen mit Boeing schafft die wichtigste strategische Partnerschaft in der Luftfahrtindustrie, welche die führende Rolle beider Konzerne stärkt», kommentiert Embraer-Chef Paulo Cesar de Souza e Silva.

Die Joint-Venture-Lösung umgeht ein großes Problem. Brasilien besitzt bei Embraer über eine so genannte Goldene Aktie trotz Privatisierung im Jahr 1994 immer noch ein Vetorecht. Brasília hatte vor allem Angst um das Rüstungsgeschäft des nationalen Konzerns, das eng mit der brasilianischen Armee verzahnt ist. Es bleibt nun beim Embraer-Konzern, ebenso wie die Businessjets. Der Deal soll bis Ende 2019 abgeschlossen werden.

Reaktion auf Airbus und Bombardier

Das größte Produkt des neuen Joint Venture ist die neue Embraer E195-E2 mit maximal 146 Sitzplätzen. Das kleinste Modell ist die E145 mit bis zu 50 Sitzen. Boeing verspricht den Brasilianern, dass sie im Konzern künftig ein führendes Zentrum für die Entwicklung sein werden. Dort hat Embraer eine Stärke. Die E2-Jet-Reihe kam beispielsweise dank intelligentem Einsatz der Informationstechnologie pünktlich voran.

Die Fusionsverhandlungen von Boeing und Embraer waren eine Reaktion auf den Deal der Konkurrenz. Zuvor hatten Airbus und Bombardier bekannt gegeben, dass die Europäer die C-Series übernehmen. Beim Deal zwischen den Amerikanern und Brasilianern geht es allerdings um ein breitere Produktepallette.

Wieder ein Duopol

Durch die beiden Deals verschwinden zwei Konkurrenten vom Markt. Airbus und Boeing haben nun wieder ein Quasi-Duopol und damit deutlich mehr Macht als zuvor. Die Mitbewerber aus Russland und China sind noch nicht stark genug, um ihnen gefährlich zu werden.

Noch ist die Ankündigung von Boeing und Embraer für das Joint Venture erst eine Absichtserklärung. Doch Störfeuer sind kaum mehr zu erwarten. In den letzten Monaten haben die beiden Konzerne bei allen wichtigen Entscheidungsträgern für ihre Idee lobbyiert.

Sehen Sie in der oben stehenden Bildergalerie die Produktepallette von Embraer.