Letzte Aktualisierung: um 22:11 Uhr

Wichtige Infos für Crews

Alles, was Sie über Notams wissen müssen

Ohne Notams geht nichts im Flugverkehr. Die aktuellen Luftfahrt-Informationen sind für Pilotinnen und Piloten enorm wichtig, aber oft auch eine Herausforderung. Alles zu Notams.

1350 Flugausfälle und 10.400 Minuten Verspätung – das war die Bilanz des Flugchaos in den USA am 11. Januar. Ausgelöst wurde es durch den Ausfall des Notam-Systems der Luftfahrtbehörde der USA, der Federal Aviation Administration FAA. Auch in Kanada folgte ein Ausfall, dort war man jedoch vorbereitet.

Notams sind wichtige aktuelle Mitteilungen für den Flugbetrieb. Und sie sind genau definiert. «Mittels Telekommunikation verbreitete Bekanntmachung mit Informationen über die Einrichtung, den Zustand oder die Änderung von luftfahrttechnischen Einrichtungen, Diensten, Verfahren oder Gefahren, deren rechtzeitige Kenntnis für das mit dem Flugbetrieb befasste Personal von wesentlicher Bedeutung ist», umschreibt die Internationale Zivilluftfahrtorganisation Icao ihren Inhalt. So steht es in Anhang 15 des Chicagoer Abkommens.

Neuer Name eingeführt

Die Abkürzung stand einst für Notice to Airmen. Mittlerweile verwendet die Icao diesen Begriff nicht mehr und die Federal Aviation Administration in den USA hat ihn auf Notice to Air Missions geändert. Zum einen ist diese Bezeichnung geschlechtsneutral. Zum anderen ist sie laut FAA passender, da sie auch die Gültigkeit für Missionen unbemannter Luftfahrzeuge wie Drohnen deutlich macht.

Pilotinnen und Piloten von Flugzeugen müssen vor jedem Flug die Notams lesen, die sich auf Start-, Ziel- und Ausweichflughäfen, auf Flugstrecke und überflogenes Gebiet beziehen. Dadurch erhalten sie Informationen über kurzfristige Änderungen bei Anlagen und Verfahren sowie mögliche Gefahren. Eine Notam widmet sich je einem Thema. Das kann zum Beispiel eine Pistensperrung am Zielflughafen sein oder militärische Übungen nahe der Flugroute.

Birdtams, Snowtams, Ashtams

Notams in Spezialgebieten haben Zusatznamen erhalten. Vor der Gefahr durch Vogelschlag wird in Birdtams gewarnt, vor verschneiten oder vereisten Bahnen an Flughäfen in Snowtams, vor Beeinträchtigungen der Luft etwa durch Vulkanasche in Ashtams.

In Deutschland stellt die Deutsche Flugsicherung DFS die Notams für den zivilen Flugverkehr bereit. Sie sind in englischer Sprache verfasst und bestehen meist zu einem großen Teil aus Abkürzungen. Teilweise sind die Abkürzungen auch für Laien leicht zu verstehen – so steht NOV etwas für November. Andere sind schwieriger. LGTD steht beispielsweise für beleuchtet (lighted), PJE für Fallschirmsprung (parachute jumping exercise) und HX für keine festgelegte Betriebszeit (no specific working hours).

Deutsche Flugsicherung ist zuständig

Als Beispiel einer sehr speziellen Notam kann diese von Ende Februar 2022 dienen. Sie verbannte angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine russische Flugzeuge aus dem deutschen Luftraum und regelte die Ausnahmen. Im Vergleich zu vielen anderen Notams hat sie recht viel Text, der aus ganzen, nicht abgekürzten Wörtern besteht.

Eigentlich sollen Notams nicht länger als drei Monate aktiv sein. Die Realität sieht allerdings aus. Rund 35.000 aktive Notams gab es laut der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation Icao im Frühjahr 2021 weltweit – rund 7000 davon älter als drei Monate. «Mit anderen Worten: Zwanzig Prozent der Notam in den Informationspaketen zur Flugvorbereitung der Pilotinnen und Piloten sind veraltet», schrieb die Icao damals.

Beinahe-Katastrophen in San Francisco

Die Luftraum-Vereinigung Ops Group erklärte: «Wir ertrinken in den Daten, verpassen aber die Botschaft.» Oft könne das «Paket von der Größe eines Kurzromans» vor dem Flug gar nicht vollständig gelesen und verstanden werden. «Das Ergebnis: Kritische Informationen werden übersehen.» Auch die Form der Notams bemängelte die Ops Group: «Verschlüsselte, abgekürzte, oft unentzifferbare, komplett in Großbuchstaben geschriebene Textbrocken: das am wenigsten menschenfreundliche Format, das man sich vorstellen kann.»

Welche Risiken das praktisch mit sich bringt, wurde am 7. Juli 2017 in San Francisco deutlich. Damals steuerte Flug AC 759 von Air Canada im Landeanflug die Roll- statt die Landebahn an – und dort standen mehrere vollgetankte Jets. Erst im letzten Moment zogen die Piloten ihren Airbus A320 wieder hoch und verhinderten eine Katastrophe.

«Ein Haufen Müll, dem niemand Beachtung schenkt»

Einer der Gründe der Verwechslung: Die parallel zur Rollbahn verlaufende Piste war knapp eine Stunde zuvor wie geplant geschlossen worden. Diese wichtige Information hatten die Piloten in einer Notam zum Flug erhalten. Doch der Kopilot konnte sich später nicht erinnern, den Passus gelesen zu haben, der Kapitän konnte das Gelesene nicht abrufen.

Im Abschlussbericht der Untersuchungsbehörde National Transportation Safety Board NTSB hieß es zum Notam-System, Piloten und Flugdienstberater müssten sich «durch buchstäblich Dutzende von irrelevanten Einträgen wühlen, um die kritischen oder nur wichtigen zu finden.» Es sei, wie eine Nadel im Heuhaufen zu suchen. NTSB-Chef Robert Sumwalt ergänzte drastisch: «Es ist in einer Sprache geschrieben, die nur ein Computer-Programmierer verstehen kann – nur ein Haufen Müll, dem niemand Beachtung schenkt.»

Lob für chilenische Aufräumaktion

Doch Besserung ist möglich, wie sich in Chile zeigt. Schon im Herbst 2021 lobte die internationale Pilotinnen- und Piloten-Vereinigung Ifalpa das südamerikanische Land. Es habe sich international hervorgetan, indem es alle seine veralteten Notams entfernt habe.