Blick aus dem Cockpit: Bei der Gewerkschaft VC gibt es Krach.

Vorwurf des Mobbings und AustritteFundis gegen Realos: Die Vereinigung Cockpit ringt um ihren Kurs

In der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit rumort es. Ein langjähriges Mitglied verlässt aus Protest die Tarifkommission – und die Organisation gleich mit. Der Vorwurf: ein zu harter Kurs und zu wenig Kompromissbereitschaft an der Spitze. Während der Konflikt mit Lufthansa weiter schwelt, wächst intern der Unmut.

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Die Debatte um Fundis und Realos kennt man aus der Politik der 1980er-Jahre. Damals spaltete sie die junge grüne Partei – und steht bis heute sinnbildlich für den Konflikt zwischen Idealismus und Pragmatismus. Die sogenannten Fundis, kurz für Fundamentalisten, wollten die Welt von Grund auf verändern. Sie dachten radikal ökologisch, basisdemokratisch und lehnten politische Kompromisse ab, weil sie das Ziel verwässern würden.

Die Realos – die Realpolitiker – sahen das anders. Sie wollten gestalten, nicht nur protestieren. Für sie war Macht kein Makel, sondern eine Möglichkeit, die eigenen Ideen schrittweise umzusetzen. Unter Figuren wie Joschka Fischer entstand eine neue, pragmatische Richtung, die bereit war, mit anderen Parteien Kompromisse zu schließen und Verantwortung zu übernehmen.

Hardliner versus Kompromissbereitschaft in der Vereinigung Cockpit

Ein bisschen kann man das damit vergleichen, was bei der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit gerade passiert. Denn auch dort treffen zwei verschiedene Sichtweisen aufeinander, wie man mit der Gegenseite, also den Arbeitgebern, umgeht. Die Fundis werden allerdings intern eher als Hardliner bezeichnet.

So auch in der Nachricht eines jahrzehntelangen Mitglieds der Gewerkschaft. Der Langstreckenkapitän war auch im Vorstand der VC tätig, im Bereich Finanzen und auch als Vizepräsident. Zuletzt war er Mitglied der Tarifkommission. Jetzt ist es damit vorbei. Wie er Kollegen in einer Nachricht, die aeroTELEGRAPH vorliegt, mitteilt, hat er die Tarifkommission verlassen und ist auch aus der Vereinigung Cockpit ausgetreten. «Ich vertrete nicht die Meinung der Hardliner», schreibt er. Dafür sei er persönlich gemobbt worden. Das sei für ihn unakzeptabel. «Leider haben wir in der Amtszeit nichts hinbekommen», so sein Urteil.

Vorwürfe gegenüber der aktuellen Spitze der Vereinigung Cockpit

Das Ex-Mitglied bestätigt den Austritt auf Nachfrage von aeroTELEGRAPH, will sich aber zu den Gründen nicht äußern. Andere Ex-, aber auch aktuelle Mitglieder bestätigen aber, dass die Vorgehensweise des aktuellen Vorstands, der von Präsident Andreas Pinheiro und Vizepräsidentin Katharina Dieseldorff geführt wird, nicht allen gefällt. Mangelnde Kompromissbereitschaft und das Bedürfnis, eine eigene Agenda voranzubringen stünden oft vor den Interessen der breiteren Menge der Mitglieder, so die Vorwürfe.

Die VC will sich nicht ausführlich dazu äußern. Der Rücktritt von Mitgliedern aus der Tarifkommission sei ein normaler Vorgang in einer demokratisch gewählten Vertretung. «Wie auch in früheren Amtszeiten kommt es immer wieder zu personellen Veränderungen – das gehört zu einem lebendigen, offenen Meinungsbildungsprozess dazu», so die Gewerkschaft auf Anfrage von aeroTELEGRAPH.

Schwelender Konflikt der Vereinigung Cockpit mit Lufthansa hat nicht nur Rückhalt

Hintergrund ist auch der aktuell schwelende Konflikt der VC mit Lufthansa Group. Begonnen hatte er mit Gesprächen über die betriebliche Altersversorgung, welche die Gewerkschaft für gescheitert erklärte. Sie kritisierte, Lufthansa habe die Risikoanteile schon 2017 einseitig auf die Beschäftigten abgewälzt. Nun fordern die Pilotinnen und Piloten Nachbesserungen. Lufthansa erklärte schon früh, die Forderungen seien nicht tragbar. Sie würden die Vorsorgekosten auf 228 Millionen Euro jährlich steigern, «mehr als eine Verdoppelung». Das sei schlicht «nicht bezahlbar», so Airline-Chef Jens Ritter kürzlich in einem internen Interview.

Dennoch gab die VC nicht nach, bei einer Urabstimmung stimmten die Mitglieder für die Möglichkeit, zu streiken. Davon wird aktuell kein Gebraucht gemacht, im Raum steht es dennoch. Im Lufthansa-Konzern hatte man schon zu Beginn des Konflikts gemunkelt, dass es sich bei dem aktuellen Konflikt um eine Art Stellvertreterstreit handele. Denn, und das bestätigt auch Cockpitpersonal in Gesprächen mit aeroTELEGRAPH: Die Altersvorsorge ist bei der Mehrheit keine sehr große Sorge.

Jetzt passt die Vereinigung Cockpit ihre Forderungen an Lufthansa an

Dass das nicht ganz unwahr ist, zeigt sich in einem Schreiben der Gewerkschaft vom Montag (4. November). Denn dort greift sie Kritik von Lufthansa-Group-Chef Carsten Spohr auf, welche die Rechtfertigung des Streits um Betriebsrenten aufgriff. Im Cockpit herrsche «wenig Sorge über die Betriebsrenten», aber «große Sorge über Zukunfts- und Wachstumsperspektiven», hatte der Manager gesagt. Und da gibt ihm die VC nun irgendwie auch Recht.

«Unsere Mitglieder machen sich nicht nur Sorgen um ihre betriebliche Altersversorgung und um Zukunfts- und Wachstumsperspektiven, sondern betrachten mit ebenso großer Sorge die Managementfehler der vergangenen Jahre», greift VC-Präsident Pinheiro Spohr an. «Unsere Mitglieder erwarten keine Nebelkerzen, sondern belastbare Angebote in den offenen Tarifkonflikten.» Er fordert daher nun nicht mehr nur Vorschläge zu «einer verbesserten betrieblichen Altersversorgung bei Lufthansa und Lufthansa Cargo», sondern auch zum Vergütungstarifvertrag bei Lufthansa Cityline und der Tarifierung von Lufthansa City Airlines.

Mediationsteam soll Kritik und Konflikten bei der Gewerkschaft begegnen

Ob die Gewerkschaft damit Erfolg hat, bleibt offen. Denn die Mitglieder, welche das Vorgehen bei den Gesprächen zur Altersvorsorge bereits zu Beginn kritisiert hatten, fühlen sich nun bestätigt. Dazu, wie man damit umgeht, hält sich die Gewerkschaft bedeckt. «Interne Abstimmungen und eventuelle Differenzen werden – wie in unserer Satzung vorgesehen – über unsere etablierten internen Prozesse und das Mediationsteam begleitet», so die VC.

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