Deutschland führt Abschiebungen auf zwei Wegen durch: Die Bundesregierung chartert entweder spezielle Flugzeuge, oft von osteuropäischen Airlines, für reine Abschiebeflüge. Deutlich häufiger jedoch müssen Betroffene auf regulären Linienflügen das Land verlassen. Sie Sitze dafür werden bei allen Airlines wie Lufthansa oder anderen gebucht. Diese lassen sich das teuer bezahlen. Im ersten Halbjahr 2025 wurden so rund 10.000 Personen über auf einem der beiden Wege abgeschoben.
Ufo fordert eine Ende von Abschiebungen auf Linienflügen
Zwar werden die Crews im Briefing vor dem Flug darüber informiert, ob sich an Bord abgeschobene Personen befinden und ob auch die Personen von Sicherheitspersonal, etwa Beamten der Bundespolizei, begleitet werden oder allein reisen. Dennoch bleibt eine Unsicherheit. Gegen diese Praxis wehrt sich nun die Gewerkschaft der Flugbegleitenden Ufo.
«Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter sind keine Vollzugsbeamten. Unsere Aufgabe ist es, für die Sicherheit und das Wohlbefinden aller Passagiere zu sorgen – und nicht der Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen beizuwohnen», sagt Joachim Vázquez Bürger, Vorstandsvorsitzender der Gewerkschaft. Die Verantwortung für Abschiebungen liege allein beim Staat. Staatliche Zwangsmaßnahmen dürften nicht an zivile Airlines ausgelagert werden, sondern müssten von eigenem, speziell geschultem Personal durchgeführt werden, so der Ufo-Chef.
Risikobewertung vor jedem Flug
Vor jeder Abschiebung auf Linienflügen wird eine Risikobeurteilung nach Icao-Standards durchgeführt. Dabei werden die medizinische, geistige und körperliche Eignung der abzuschiebenden Person, deren Reisebereitschaft sowie Verhaltensmuster und eine mögliche Gewaltvorgeschichte bewertet. Die finale Entscheidung über die Mitnahme trifft die Kapitänin oder der Kapitän. Laut Insidern wird diese jedoch nur in Ausnahmefällen verweigert.
Laut Ufo leidet das Kabinenpersonal unter psychischem Druck und Gewissenskonflikten, da es unfreiwillige Passagiere in potenziell gefährliche Länder begleiten muss. Das ist für viele ein Widerspruch zu ihrem Berufsethos. Zudem entsteht gemäß der Gewerkschaft ein Rollenkonflikt zwischen serviceorientiertem Selbstverständnis und unfreiwilliger Beteiligung an staatlichen Zwangsmaßnahmen. Es kommt immer wieder zu Erlebnissen, die lange nachwirken.
Geiselnahme bei Abschiebeflug in den Kosovo
2014 hatte ein 28-jähriger Mann, der in den Kosovo abgeschoben werden sollte, kurz nach dem Start eine 50-jährige Flugbegleiterin mit einer abgebrochenen Rasierklinge als Geisel genommen. Das Flugzeug kehrte daraufhin zum Flughafen München zurück. Nach Verhandlungen mit einem Dolmetscher konnte die Polizei den Mann widerstandslos festnehmen. Drei Flugbegleiterinnen wurden leicht verletzt.
Ufo verfolgt zwei Ziele. Langfristig strebt sie an, dass Abschiebungen in Deutschland ausschließlich mit speziellen Flugzeugen und speziellem Sicherheitspersonal durchgeführt werden, um die zivile Luftfahrt und ihre Crews von dieser Aufgabe zu entlasten.
Ufo fordert Angstklausel für Abschiebungen
Kurzfristig fordert die Gewerkschaft die Einführung einer Weigerungsmöglichkeit für Flugbegleitende. Diese soll es ihnen – analog zur bestehenden Angstklausel – ermöglichen, Flüge mit abzuschiebenden Personen abzulehnen, wenn sie aus persönlichen oder ethischen Gründen nicht daran mitwirken möchten.