Am 20. August hob das Oberlandesgericht Düsseldorf einen Beschluss des Bundeskartellamts auf. Laut diesem Beschluss der deutschen Wettbewerbshüter hätte Lufthansa mit der Kündigung des Zubringerabkommens mit Condor (Special Pro-Rate Agreement oder kurz SPA) gegen Kartellrecht verstoßen und wäre verpflichtet, neue Sondervereinbarungen mit Condor zu schließen.
Das Gericht erklärte, der Kartellamtsbeschluss sei «formell rechtswidrig», da die Mitglieder einer Beschlussabteilung des Kartellamtes «die Besorgnis der Befangenheit begründet haben». Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass im Zuge einer Akteneinsicht von Lufthansa eine abweichende Version eines Originalvermerks versendet worden sei.
Condor verzichtet auf weitere rechtliche Schritte
Am Tag nach der Veröffentlichung der Gerichtsentscheidung sagte Condor-Chef Peter Gerber: «Diese Kontroverse, diese Auseinandersetzung ist mitnichten beendet.» Man prüfe nun, wie man weiter vorgehe. Der Manager umriss die vier wesentlichen Optionen aus Sicht seiner Fluglinie. Die erste Option wäre die Beschwerde. So könnten das Bundeskartellamt oder Condor beim Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts einreichen. Condor prüfe das, sagte Gerber damals.
Doch mittlerweile ist diese Option vom Tisch. «Condor hat sich entschieden, keine weiteren rechtlichen Schritte gegen die Aufhebung der Entscheidung des Bundeskartellamts wegen Verfahrensfehlern einzuleiten», erklärt eine Sprecherin gegenüber aeroTELEGRAPH. Sie fügt an: «Das Oberlandesgericht hat nicht inhaltlich über den Anspruch auf Zubringerflüge entschieden, sondern ausschließlich die Entscheidung des Bundeskartellamts aufgrund von Verfahrensfehlern aufgehoben.»
Bundeskartellamt: «Urteil inzwischen rechtskräftig»
Ein Sprecher des Bundeskartellamtes erklärt gegenüber aeroTELEGRAPH: «Da weder die Beteiligten noch das Bundeskartellamt Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf eingelegt haben, ist das Urteil inzwischen rechtskräftig.»
Eine weitere Option für Condor wäre eine Einigung mit der größeren Fluggesellschaft. Gerber sagte im August, dass «Lufthansa sehr zurückhaltend ist, was weitere Gespräche angeht». Da sie derzeit alle Trümpfe halte, sei das auch nachvollziehbar. Auf die Frage, ob mittlerweile Gespräche laufen, erklärt die Condor-Sprecherin nun lediglich, man sei «weiterhin daran interessiert, in Gesprächen mit Lufthansa eine außergerichtliche Einigung zu erzielen».
Auf EU-Ebene muss Condor zwei Mal abwarten
Für eine mögliche weitere Option muss Condor auf den Ausgang der Untersuchung der EU-Kommission zum transatlantischen Joint Venture A++ warten. Dabei geht es um die gemeinsame Planung, Preissetzung und Vermarktung von Flügen der Airlines von Lufthansa Group, United Airlines und Air Canada. Diese Kooperation könnte gegen Wettbewerbsrecht verstoßen. Sollte die Kommission zum Schluss kommen, dass dem wirklich so ist, könnte auch Condor mit ihrer Hoffnung auf ein neues Zubringer-Abkommen davon profitieren.
Erneute Beschwerde beim Kartellamt? Condor schweigt
Wirklich spannend ist derzeit die Option einer neuen Ermittlung des Bundeskartellamtes. «Wir könnten eine weitere Beschwerde beim Bundeskartellamt erheben», sagte Condor-Chef Gerber im August. «Dem Kartellamt bliebe es überlassen, was es damit tut.» Theoretisch könnte das Kartellamt auch ohne eine erneute Beschwerde von Condor erneut tätig werden.
aeroTELEGRAPH wollte aktuell auch wissen, ob Condor mittlerweile eine weitere Beschwerde beim Kartellamt erhoben hat, oder dies zumindest plant oder weiterhin in Erwägung zieht. Diese Frage ließ die Sprecherin in ihrer Stellungnahme aber unbeantwortet.
Bundeskartellamt: Keine Auskunft zu konkreten Verfahren
Auch beim Bundeskartellamt fragte aeroTELEGRAPH an, ob die Behörde mittlerweile eine neue Beschwerde erhalten hat zum Verdacht, Lufthansa behindere den Wettbewerb. Und ob das Kartellamt - aufgrund einer erneuten Beschwerde oder auf eigene Initiative - eine neue Ermittlung eingeleitet hat, oder dies plant, oder zumindest in Erwägung zieht.
«Das Bundeskartellamt hat grundsätzlich die Möglichkeit, auch ohne eine Beschwerde gegen ein aus Sicht des Bundeskartellamtes wettbewerbswidriges Verhalten vorzugehen», antwortet der Sprecher des Kartellamtes auf die Anfrage. «Zu konkreten Verfahren können wir aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Auskunft geben.»
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