Letzte Aktualisierung: um 21:57 Uhr

Interview mit Norbert Draskovits, Linz Airport

«Wir starten mit einem Flug Düsseldorf-Linz-Düsseldorf»

Norbert Draskovits ist Chef des Flughafens Linz. Im Interview spricht er über die Routen nach Frankfurt und Düsseldorf und verrät, wie das Geschäft mit Turkish Airlines läuft.

Mit

Beginnen wir mit einem Rückblick. Welche Auswirkungen hatte der Lockdown auf den Linz Airport?
Norbert Draskovits*: In der Lockdown-Phase waren wir zweigeteilt unterwegs. Der Passagierverkehr ist völlig zum Erliegen gekommen, während der Frachtverkehr nur kurzfristig einen Rückgang zu verzeichnen hatte, da sich produzierende und exportierenden Betriebe ebenfalls im Lockdown befanden. Diese Phase war aber nur von kurzer Dauer, danach hat sich das Frachtgeschäft wieder auf 40 bis 50 Prozent des normalen Umschlags erholt und weiter kontinuierlich zugenommen. Im August haben wir im Frachtbereich aber schon wieder auf dem Niveau des Vorjahres gearbeitet. Während der späten Lockdown-Phase haben wir uns bereits wieder die Frage gestellt, ab wann es denn wieder los gehen wird.

Und ab wann ging es dann wieder los?
Mit der Planung haben wir schon sehr früh begonnen. Wie bei allen Unternehmen wurde aber vieles kurzfristig wieder umgeplant und an die jeweilige Situation angepasst. Wir haben uns zunächst auf die bevorstehende Charter-Sommersaison konzentriert. Dabei hatten wir mit der einen bereits in Linz stationierten Bulgarian-Air-Charter-Maschine einen großen Vorteil, da wir das Produkt sehr gut steuern konnten. Die geplanten Abflüge wurden zunächst auf den Juni und später auf den Juli gelegt, während alle anderen Veranstalter bereits ihr Sommerprogramm abgesagt hatten, waren wir noch willens zu fliegen. Obwohl die Nachfrage der Reisenden immer schwächer wurde, haben wir gedacht, dass wir das Programm abfliegen werden können. Die immer strengeren Einreisebestimmungen waren dann aber der Todesstoß für unser Charterflugprogramm. Am 2. Juli mussten wir die meisten Urlaubsflüge für Ende Juli absagen, von den geplanten 23 wöchentlichen Flügen haben wir schließlich nur drei durchgeführt.

Wie sieht es mit dem Linienflugbetrieb aus, wann kommt Lufthansa wieder?
Die Lufthansa Verbindung Linz-Frankfurt zählt zu unserer stärksten Strecke und wurde zuletzt viermal täglich bedient. Nach Absprache mit Lufthansa sollte die Verbindung ab 1. September einmal, und ab Oktober zweimal täglich bedient werden. Für viele Passagiere, darunter zahlreiche Geschäftsleute, dienen die Frankfurt-Flüge als Zubringer in das Lufthansa-Langstreckennetz nach Asien und Amerika. Diese Märkte funktionieren aber aufgrund zahlreicher Reisebeschränkungen noch immer nicht, dazu kommt, dass es bei vielen Unternehmen immer noch Reiseverbote für ihre Mitarbeiter gibt, weshalb die Nachfrage extrem gering war. Aus diesem Grund wurde der Start der Frankfurt-Verbindung bisher auch immer wieder nach hinten verschoben.

Die Wiederaufnahme der Strecke erfolgt mit 1. November, wobei die Rotation via DUS aufgebaut wird

Und was ist mit ihrer Austrian-Verbindung nach Düsseldorf?
Auf dieser Strecke sieht die Sachlage ganz anders aus, da nach Düsseldorf keine Transitpassagiere befördert werden. Die Verbindung war eine lokale, rein für den Geschäftsverkehr ausgelegte Verbindung, die zuletzt dreimal täglich bedient wurde. Bei der Düsseldorf-Strecke hapert es derzeit eher an den Problemen mit der Netzwerkplanung der Austrian-Dash-8-400-Flotte. Die Maschinen sollen und haben auch bereits zum Teil die Austrian-Flotte verlassen. Jetzt, in der Wiedereinführungsphase der einzelnen Flugverbindungen, benötigt man aber kleinere Maschinen, da die Nachfrage noch zu gering für den Einsatz eines größeren Fluggerätes ist. Aktuell werden daher die für die Düsseldorf-Strecke benötigten Dash 8-400 nur ab Wien geflogen. Aus diesem Grunde wurde der Neustart der Verbindung bereits für den Oktober abgesagt. Die Wiederaufnahme der Strecke erfolgt mit 1. November, wobei die Rotation via DUS aufgebaut wird. Wir starten mit einem Flug Düsseldorf-Linz-Düsseldorf pro Werktag.

Die jüngsten Reisebeschränkungen zwischen Österreich und Deutschland haben die Probleme vermutlich noch einmal verschärft?
Die Airline-Industrie ist eine internationale Industrie. Wenn man einen Flug betreiben möchte, muss es immer zwei funktionierende Märkte geben. Einmal Outbound und einmal Inbound. Wenn einer der beiden Märkte aufgrund von Reisebeschränkungen nicht funktioniert, dann gibt es keine Streckenführung dorthin. Mein Appell an die Politik ist deshalb, dass wir innerhalb der EU für den Endverbraucher dringend Reisefreiheit und Reisesicherheit benötigen.

Verpflichtende Covid-19-Tests für Flugpassagiere könnten hier eine Lösung sein?
Ich glaube, es wird zu diesen Schnelltests vor Abflug kommen, den alle Unternehmen der Branche müssen darauf hinzielen, den Markt und die Verunsicherung der Passagiere zu beruhigen. Wir müssen als Infrastrukturanbieter alles tun, um den Passagier die Sicherheit eines sorgenfreien Fluges wieder zu geben.

Turkish ist sowohl über das Aufkommen, als auch über die hohe Qualität der Fracht, die über Linz exportiert wird, sehr zufrieden

Turkish Airlines Cargo hat mitten im Lockdown eine neue Verbindung zum Linz Airport aufgenommen, wie zufrieden ist die Fluglinie?
Ich hatte erst gestern mit den Kollegen von Turkish Airlines Cargo einen Termin, um über die Erfahrungswerte der ersten Monate zu sprechen. Turkish bedient seit dem 2.April zweimal wöchentlich (Airbus A330F, Boeing 777F) den Flughafen und ist sowohl über das Aufkommen, als auch über die hohe Qualität der Fracht, die über Linz exportiert wird, sehr zufrieden.

Wie sieht es mit den Umsätzen und einen möglichen Fixkostenzuschuss des Bundes aus?
Wir haben natürlich einen Umsatzrückgang zu verzeichnen, der in der Größenordnung von rund 50 Prozent liegt. Dieser entspricht aber nicht dem tatsächlichen Passagierrückgang, da unser Frachtgeschäft hier viel abfedert. Ein Flughafen hat natürlich einen hohen Anteil an Fixkosten, leider ist es uns nicht gelungen, die Kosten im selben Ausmaß einzusparen, weshalb wir erstmalig seit 20 Jahren einen Verlust verzeichnen werden. Wir können diesen teilweise durch die Arbeitsmarktservice (AMS) Gelder der Kurzarbeit kompensieren, leider jedoch nicht durch einen Fixkostenzuschuss des Bundes, von dem wir ausgenommen sind. Dies entspricht eigentlich nicht unserer Auffassung von Gleichbehandlung. Flughäfen, die eine private Beteiligung haben, sind berechtigt, einen Fixkostenzuschuss zu beanspruchen, während wir als Flughafen im einhundertprozentigen öffentlichen Eigentum (jeweils 50 Prozent Staat/Land), dies nicht dürfen.

Wie lange darf die Krise noch dauern, wie lange reichen die Rücklagen?
Hier haben weder die Eigentümer noch wir die Sorge, dass wir das nicht durchstehen, da wir finanzielle Rücklagen aufgebaut haben. Allerdings muss an dieser Stelle aber auch gesagt werden, dass diese Rücklagen investitionsorientiert gemacht wurden. In den nächsten Jahren ist die Sanierung der Piste geplant und dafür wurden die Rücklagen entsprechend hoch dotiert. Wir könnten daher sicherlich einige Jahre überbrücken, doch es ist das Ziel, diese Rücklagen wiederaufzubauen, weshalb wir in absehbarer Zeit wieder in die Gewinnzone kommen müssen.

Für die gesamte Touristik wird der kommende Winter extrem schwer werden.

Der Winter steht vor der Tür, wie sehen Sie die weitere Entwicklung?
Der Winter wird meiner Meinung nach für die gesamte Touristikbranche ein sehr langer, kalter und dunkler Winter werden. Es sind fast keine touristischen Märkte offen, die für den Winter verfügbar wären. Märkte mit großen Aufkommen wie in etwa nach Ägypten oder Spanien, hier im besonderem die Kanaren sind weiterhin geschlossen, für Thailand und die Karibik gilt das gleiche, weshalb sich nur kleine Nischen wie die Seychellen oder Mauritius auftun werden. Für die gesamte Touristik wird der kommende Winter deshalb extrem schwer werden.

Ihr Personal wurde in Kurzarbeit geschickt, wie sieht hier die aktuelle Situation aus?
Wir sind mit der gesamten Belegschaft in Kurzarbeit angemeldet, allerdings läuft wie zuvor bereits erwähnt der Frachtverkehr sehr stabil, weshalb wir dort mit 100 Prozent der Belegschaft im Einsatz stehen. Wir melden unsere Kollegen nun bis Mitte März 2021 beim AMS zur dritten Phase der Kurzarbeit an. Dann werden wir einmal den Winter durchtauchen und sehen was der nächste Sommer bringt.

Sie traten im April 2018 das Amt des Geschäftsführers an, ihr persönliches Resümee bis zum Ausbruch der Pandemie?
Wir haben einen Schwerpunkt auf den Ausbau des Frachtverkehres gelegt und da ist uns mit der Aufnahme der Turkish Airlines Cargo Flüge ein Erfolg gelungen, im touristischen Bereich konnten wir die Stationierung einer Bulgarian Air Charter Maschine einrichten. Der Terminal wurde sowohl außen als auch innen saniert und erst vergangene Woche wurde das DoN-Restaurant nach einem Umbau wiedereröffnet. Durch die Arbeiten und Modernisierung konnten wir die Wege unserer Passagiere im Terminal verkürzen. Auch im Frachtbereich arbeiten wir derzeit daran, die Wege, die Struktur und Qualität unserer Leistung noch weiter zu verbessern. Zusätzlich bemühen wir uns neue Betriebe die in der Aviation und im Logistikbereich tätig sind bei uns am Linz Airport anzusiedeln, hier gibt es bereits einige sehr vielversprechende Projekte! Mein Resümee ist daher durchaus zufriedenstellend, wenn gleich man vermutlich nie 100 Prozent aller geplanten Projekte umsetzen wird können.

Dieses Interview erschien zuerst bei unserem Partnerportal Aviation Net Online/Austrian Aviation.

*Norbert Draskovits, geboren 1960, ist seit Mai 2018 Geschäftsführer des Linz Airport. Zuvor war er unter anderem für Austrian Airlines, Air Berlin und Fly Niki tätig.