So sieht ein Arbeitsplatz bei der DFS in München aus.
Icas von DFS

Wie ein neues System die Arbeit der Flugsicherung erleichtert

Die DFS Deutsche Flugsicherung hat ihr Kontrollzentrum München rundum erneuert. Nicht nur das Gebäude ist neu, auch das System, mit dem die Lotsinnen und Lotsen arbeiten. Was bringt das?

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Von der Decke fällt schummriges Licht durch ein metallenes Wabengebilde. Entlang der Wände stehen ausgeräumte Arbeitsplätze. Wo früher Computer und Bildschirme eingepflanzt waren, klaffen jetzt Löcher, aus denen da und dort Kabel herausragen. Auf Tischen im Zentrum türmen sich alte Geräte, an sie angelehnt stehen Abdeckungen. Und in der Ecke liegen fein säuberlich zusammengerollte Kabel.

«Jetzt ist es hier menschenleer», sagt Wolfgang Bretl und schaut in den riesigen Raum an der Nordallee des Flughafens München. «Zuvor gab es 30 Jahre lang keine einzige Sekunde, in der hier nicht mindestens eine Person anwesend war.» Der Ort war auch sein Arbeitsplatz. Denn er ist Leiter der Niederlassung München der DFS Deutsche Flugsicherung.

Kosten von Hunderten Millionen

Die Angestellten arbeiten seit dem 18. März in einem neuen Gebäude, rund 50 Meter weiter nördlich. Dort hat die DFS den alten Betriebsraum des Kontrollzentrums München neu aufgebaut. Größer, heller, moderner. Doch nicht nur die große Hülle ist neu, auch das System, mit dem die 300 Lotsinnen und Lotsen, 37 Flugdatenbearbeitende und 26 Supervisoren arbeiten, ist neu. Icas nennt sich das neue System, was für Itec Center Automation Systems steht.

Mehr als zehn Jahre hat die DFS zusammen mit der niederländischen Flugsicherung LVNL und dem Technologiepartner Indra an der Entwicklung gearbeitet. Ziel des Mammutprojektes Icas ist es, einen effizienteren Verkehrsfluss zu ermöglichen und die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Flugsicherungsorganisationen zu vereinfachen.

Weg mit den Streifen

Was sehr technisch klingt, hat auch direkten praktischen Nutzen für die Frauen und Männer im Kontrollzentrum München. Sie überwachen nicht nur den Luftraum bis auf 9600 Meter Höhe, der vom Bodensee bis zur tschechischen Grenze sowie von Leipzig bis zum Brenner reicht. Auch die An- und Abflüge zu den Flughäfen München, Memmingen, Nürnberg, Leipzig, Erfurt und Dresden werden von ihnen kontrolliert. Dank Icas können sie das jetzt noch effizienter tun.

Diese Daten werden für jeden Flug direkt auf dem Hauptbildschirm dargestellt. Mehr Daten können auf Wunsch abgerufen werden. Bild: DFS

Früher wurden die Angaben zu den Flügen – etwa Rufzeichen, Route, Flugzeugmodell und mehr – jeweils noch auf sogenannten Streifen gedruckt, die Lotsinnen und Lotsen notierten dann ihr Anweisungen daneben. Später wurden sie auf elektronischen Streifen angezeigt, die auf einem separaten Bildschirm angezeigt wurden.

Neu sind sie direkt auf dem Hauptbildschirm einsehbar, den die Lotsinnen und Lotsen Air Situation Window nennen. Und mit einem Klick erhalten sie zusätzliche Daten zum Flug. «Dadurch können wir die Head-Down-Zeit verringern», so Fluglotse Felix Lange. Gemeint ist damit, dass das Personal weniger nach unten blicken muss und sich so auf das Wichtigste auf dem Hauptbildschirm konzentrieren kann.

Aufgeräumterer Bildschirm für bessere Übersicht

Das Radar oder Air Situation Window ist das zentrale Arbeitsinstrument der Lotsinnen und Lotsen. Es ist bei Icas ein quadratischer Bildschirm mit einer Größe von etwa 50 auf 50 Zentimeter. Auf einem grauen Hintergrund - vorher war er schwarz und daher weniger gut zu lesen und daher ermüdender – werden die Radardaten der Flüge mit Zusatzinfos angezeigt.

Ist ein Flug blau, bedeutet das, dass er auf sie zukommt, ist er schwarz ist er unter Kontrolle und ist er lila, könnte er interessant werden. Grau bedeutet, dass ein Flug für den Betreffenden nicht relevant ist. «Das bedeutet eine Entlastung», so Lange.

Alle Informationen Hauptbildschirm dargestellt. Mehr Daten können auf Wunsch abgerufen werden. Bild: DFS

Zudem werden jetzt die Flüge neu als 4D-Trajektorie dargestellt. Das Icas-System berechnet für jedes Flugzeug den weiteren Flugverlauf im dreidimensionalen Raum. Dabei fließen Flugplandaten, Angaben zur Leistung des Fliegers, zum Wetter oder zum verfügbaren Luftraum ein. Ergänzt wird das Ganze um den Faktor Zeit. Ändert der Lotse Eingaben, wird dieser Pfad neu berechnet. «Das System unterstützt die Arbeit durch elektronische Koordination», erklärt Lange. Zudem helfe es bei der Konflikterkennung und der Verkehrsplanung.

Teueres Unterfangen

Neben dem Hauptbildschirm besitzen die Lotsinnen und Lotsen im 1600 Quadratmeter großen Kontrollraum fünf weitere Zusatzbildschirme. Auf dem Arrival Manager werden beispielsweise laufend die laufend neu berechneten Ankunftszeiten dargestellt. Dadurch kann die Lotsin die Flüge sequenzieren.

Und auf dem Air Traffic Control Information System werden Wetterdaten dargestellt oder können etwa Notams abgerufen werden. Und ein großer berührungssensitiver, waagrechter Bildschirm im Tisch hilft, Daten aus Icas einzulesen oder abzugreifen. Und natürlich wird auch der Sprechfunk heute digital gesteuert - über einen Touchscreen rechts auf dem Schreibtisch. Icas ließ sich die DFS einiges kosten. Die Kosten des Projekts belaufen sich alleine für den Standort München auf mehr als 60 Millionen, für das gesamte Unternehmen auf über 300 Millionen Euro.

Zentrale und Kontrollturm

Die deutsche Flugsicherung betreibt vier Kontrollzentralen  – eine in Bremen, eine in Karlsruhe, eine in Langen bei Frankfurt und eine in München, die als erste das neue System erhalten hat. Sie kommen zum Zuge, wenn ein Flugzeug den Flughafen verlassen hat und sich im Steigflug befindet – oder umgekehrt. Die Lotsinnen und Lotsen im Kontrollturm dagegen kontrollieren das Geschehen auf dem Rollfeld des Flughafens, auf den Start- und Landebahnen sowie im umliegenden Luftraum.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere zum Kontrollzentrum München. Ein Klick aufs Bild öffnet die Galerie im Großformat.

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