Letzte Aktualisierung: um 0:23 Uhr

Auch bei LTU im Einsatz

Wie die Lockheed Tristar startete und scheiterte

Vor 52 Jahren hob erstmals die Lockheed 1011 Tristar ab. Der Jet, der auch bei LTU flog, war ein technischer Meilenstein - und wirtschaftlich dennoch ein Misserfolg.

«Der große Urlaubsboom kommt. Schon jetzt werden die meisten Flüge zu anderen als geschäftlichen Zwecken durchgeführt. Und der Trend wächst.» Diese Worte könnten durchaus aus dem Frühjahr 2022 stammen, als Vorschau auf den ersten Urlaubssommer ohne strenge Covid-Beschränkungen. Doch in Wahrheit stammen sie aus einer Werbung des Flugzeugbauers Lockheed – für die geplante Einführung der 1011 Tristar im Jahr 1971.

Seinen Erstflug absolvierte das dreistrahlige Großraumflugzeug im November 1970. Aus dem angekündigten Betriebsstart 1971 wurde allerdings nichts. Die erste Auslieferung der Lockheed 1011 Tristar gelang erst im April 1972 an Eastern Air Lines. Der Grund für die Verzögerung lag aber nicht bei Lockheed in den USA, sondern in Großbritannien.

Verzögerungen durch Rolls-Royce

Denn Lockheed hatte Rolls-Royce mit der Entwicklung eines effizienteren und leiseren Triebwerks für die Tristar beauftragt: das RB211. Doch der britische Triebwerksbauer bekam erst technische Schwierigkeiten, dann auch finanzielle Probleme und musste zur Rettung sogar zeitweise verstaatlicht werden. So kam das RB211 mit rund einem Jahr Verspätung.

Dadurch hatte die Tristar einen Nachteil gegenüber ihrer Konkurrentin, der Douglas DC-10. Die wurde schon im August 1971 erstmals ausgeliefert, an American Airlines. Die Fluggesellschaft hatte sich ein großes neues Jet-Modell für mittellange Strecken gewünscht, das aber nicht so riesig sein sollte wie die vierstrahlige Boeing 747.

DC-10 schneller bereit und günstiger

Sowohl Douglas als auch Lockheed entschieden sich für den Bau von Dreistrahlern für American und weitere potenzielle Kunden. Während die DC-10 mehr auf herkömmliche Technologie, eine schnelle Markteinführung und einen günstigeren Verkaufspreis setzte, war die Tristar von Anfang an als technologisch großer Wurf geplant.

Die L-Ten-Eleven, wie sie auch genannt wird, glänzte besonders bei der Avionik. Die Maschine mit zwei Piloten und einem Ingenieur im Cockpit hatte ein fortschrittliches Autopilotensystem. Als erstes Flugzeug wurde sie für automatische Landungen zugelassen.

2-5-2-Konfiguration in der Economy

Die Tristar hatte Platz für bis zu 400 Fluggäste, wurde aber meist mit deutlich weniger Plätzen bestuhlt. Die größte Betreiberin, Delta Air Lines, setzte etwa auf 250 Sitze in zwei Klassen. In der Economy Class mancher Betreiber fand sich eine 2-5-2-Konfiguration.

In der ersten Version erreichte die Tristar nur knapp 5000 Kilometer Reichweite. Lockheed und Rolls-Royce gelang es nur langsam, dies zu steigern. Dadurch gingen mehr Marktanteile an die DC-10, die bewährte Triebwerke von General Electric oder Pratt & Whitney zur Auswahl hatte. Die letzte Tristar-Version, die L-1011-500, absolvierte ihren Erstflug im Herbst 1978 und es nun auf fast 10.000 Kilometer Reichweite.

Eine deutsche Betreiberin

Mit LTU gab es auch eine deutsche Tristar-Betreiberin. Während Condor auf Boeing 747 setzte und Bavaria Germanair auf Airbus A300, orderte LTU zum Stückpreis von umgerechnet 81 Millionen Deutsche Mark die erste Tristar-Version mit zunächst 330 und später 358 Sitzen in 3-4-3-Bestuhlung. Im Juni 1973 traf der erste Flieger in Düsseldorf ein.

Erstes Tristar-Ziel von LTU war Ibiza. In den 1980er-Jahren kamen für Strecken wie etwa nach Sri Lanka die reichweitenstarken, aber kürzeren L-1011-500 hinzu, die nur 288 Sitzplätze hatten. Auch Routen wie Düsseldorf – München – Recife wurden angeboten. Schließlich stellte LTU 1996 nach insgesamt 23 Jahren ihre letzte Tristar außer Dienst.

Nur 250 Exemplare je gebaut

Die Tristar hatte eine beachtliche Sicherheitsbilanz. Laut dem Aviation Safety Network wurden nur zehn der Flugzeuge durch Unfälle zerstört, wobei 551 Menschen ums Leben kamen. Einer der verlorenen Flieger war die D-AERI von LTU, die im Jahr 1991 bei der Wartung in Düsseldorf ausbrannte, wobei niemand zu Schaden kam.

Trotz aller Vorzüge des Flugzeuges reichte die Nachfrage nach der Tristar nicht aus. Insgesamt baute Lockheed nur 250 Exemplare. So war das technisch fortschrittliche Modell wirtschaftlich ein Misserfolg. Als Folge zog sich der Hersteller aus dem zivilen Flugzeugbau zurück und konzentrierte sich aufs Rüstungsgeschäft.

Eine flugtüchtig, eine unter Wasser

Heute ist nur noch eine Tristar flugfähig. Der Jet mit dem Kennzeichen N140SC wurde umgerüstet für die Firma Orbital Sciences, die heute zu Northrop Grumman gehört, um vom Flugzeug aus Raketen mit kleinen Nutzlasten in den niedrigen Erdorbit zu schießen.

Eine andere Tristar gibt es unter Wasser zu sehen. Das Flugzeug mit dem Kennzeichen CS-TMP ist in Jordanien als Tauch-Attraktion versenkt worden.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Fotos der Lockheed 1011 Tristar.