Letzte Aktualisierung: um 16:03 Uhr

Lohndumping?

Wet-Lease-Vertrag von Swiss mit Air Baltic beschäftigt Politik

Die Gewerkschaften wehren sich gegen den Wet-Lease-Vertrag. Das Personal von Air Baltic verdiene viel weniger als das von Swiss, daher sei das Lohndumping. Die Politik wurde inzwischen aktiv und die Airlines wehren sich.

Wenn Fluggesellschaften selbst zu wenig Flugzeuge und zu wenig Personal haben, greifen sie auf Wet-Lease-Anbieter zurück. Meistens wird das zur Abdeckung von Nachfragespitzen im Sommer getan, mitunter aber auch sonst, wenn es der Betrieb erfordert. Und so hat Swiss vergangenen Winter bei Air Baltic angeklopft.

Die lettische Fluggesellschaft half der Schweizer Lufthansa-Tochter mit bis zu sechs Airbus A220 mitsamt Personal bei einer «weiteren Stabilisierung des Flugplans», «Erhöhung der Planungssicherheit für Fluggäste», aber auch bei der «Entlastung des Swiss-Kabinenpersonals», wie sie mitteilte. Was damals als temporärer Einsatz geplant war, wurde immer wieder verlängert. Aktuell sieht es danach aus, dass Air Baltic auch kommenden Sommer noch für Swiss fliegen wird.

«Wäre ein allfälliger Vertrag zwischen Swiss und Air Baltic nichtig»

Swiss schlägt aber inzwischen rauer Wind entgegen. Denn die Gewerkschaft der Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter greift den Vertrag mit Air Baltic an, wie zuerst die Zeitung Blick berichtete. Der Grund: Das Personal von Air Baltic verdient deutlich weniger. Die Basislöhne des Kabinenpersonals lägen deutlich unter 2000 Euro im Monat, erklären sie. Bei Swiss sind es im Minimum 3400 Franken. Der Vorwurf von Lohndumping steht im Raum.

Die Gewerkschaft wurde deshalb aktiv und gelangte an das Amt für Arbeit des Kantons Zürich und bat um eine Beurteilung. Es liege eine zwischen dem Verleihbetrieb und dem Einsatzbetrieb eine geteilte Weisungsbefugnis vor, urteilte es. Denn die Beschäftigten von Air Baltic arbeiteten jeweils mehrere Tage am Stück von Zürich aus. Sie leisteten zudem auch außerhalb der Kabine (die lettisches Hoheitsgebiet ist) Arbeiten vor Ort und seien wie lokales Personal mit Ausweisen des Flughafens Zürich ausgestattet. «Da Personalverleih vom Ausland in die Schweiz nicht gestattet ist, wäre ein allfälliger Vertrag zwischen Swiss und Air Baltic nichtig», so die Schlussfolgerung.

«Seit zwölf Monaten ist nichts passiert»

«Der Kanton Zürich muss sicherstellen, dass Schweizer Löhne ausbezahlt werden, oder den allfälligen Vertrag zwischen Swiss und Air Baltic nichtig erklären», fordert deshalb Sandrine Nikolic-Fuss, Präsidentin von Kapers. Doch der Kanton Zürich handelte nicht. Und so gelangte die Gewerkschaft der Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter zusammen mit dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund an den Bund. Und auch das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco in Bern befand, dass der Vertrag heikel sei. Die Abklärungen hätten ergeben, dass die «vertragliche Regelung zur selbstständigen Durchführung von Flügen ab und zum Flughafen Zürich eine grenzüberschreitende Dienstleistung von Air Baltic im Auftrag von Swiss darstellt.» Daher müssten Schweizer Löhne bezahlt werden.

Inzwischen mischt sich auch die Politik ein. Drei Abgeordnete im Parlament des Kantons Zürich stellten vergangene Woche eine Anfrage an die Regierung. «Seit zwölf Monaten ist nichts passiert. Zwölf Monate, in welchen die Angestellten von Air Baltic in die Schweiz entsendet werden, bei uns arbeiten und für die Swiss Leistungen erbringen, aber nicht die adäquate Bezahlung dafür erhalten», heißt es darin. «Wie gedenkt der Kanton Zürich den Missstand bei der Air Baltic/Swiss zu beheben?», frage sie darin. Und wie man sicherstellen wolle, dass der Lohnunterschied rückwirkend ausgeglichen werde.

Swiss wehrt sich gegen Vorwürfe …

Swiss verteidigt sich. Selbstverständlich würde man «grundsätzlich lieber alle Flüge selbst durchführen, mit eigenen Flugzeugen und Besatzungsmitgliedern. Dies wäre auch finanziell attraktiver», so eins Sprecherin. Wet-Lease ermögliche es jedoch, saisonale Spitzen oder unerwartete Ereignisse abzufedern. Man halte sich an alle gesetzlichen Bestimmungen. «Der Vorwurf eines illegalen oder unzulässigen Verhaltens oder Vertrages im Hinblick auf unsere Partnerschaft mit Air Baltic ist haltlos.»

Auch der Vorwurf von Lohndumping sei falsch. «Swiss hat keine Arbeitsverträge mit dem Personal von Air Baltic und entsprechend keinen Einfluss auf die Lohnzahlungen. Die Mitarbeitenden sind bei Air Baltic angestellt, haben ihren Lebensmittelpunkt in Lettland und werden überwiegend auf dem regulären Streckennetz der Air Baltic eingesetzt», erklärt die Swiss-Sprecherin.

… Air Baltic ebenso

Auch Air Baltic wehrt sich gegen die Anschuldigungen. Alle an Wet-Lease-Diensten Beteiligten seien direkt angestellt. Sie würden «in Übereinstimmung mit lettischen Gesetzen mit voller Sozialversicherung beschäftigt». Die Heimatbasis sei seit jeher Riga, Lettland, und dies solle auch so bleiben. Man müsse zudem festhalten, «dass das durchschnittliche Monatseinkommen des Kabinenpersonals über dem Durchschnittseinkommen in Lettland für dieselbe Position liegt. Das Durchschnittseinkommen der Mitarbeitenden im Cockpit liege sogar noch über dem Durchschnittseinkommen in Lettland für die gleiche Position.»