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Absturz in Nepal

Hat Nepal den neuen Flughafen Pokhara vorschnell eröffnet?

Nach dem Absturz der ATR 72 von Yeti Airlines gerät auch die nepalesische Zivilluftfahrtbehörde massiv unter Druck. Sie soll den Pokhara International Airport zu früh eröffnet haben.

Fliegen ist statistisch gesehen das sicherste Verkehrsmittel. Das Risiko, mit dem Flugzeug abzustürzen, liegt bei nahezu null. Bei einer Million Starts passieren 1,75 Unfälle. Doch nicht in allen Ländern ist das Fliegen gleich sicher. Nepal ist derzeit nach dem Absturz einer ATR 72 in Pokhara einmal mehr in der Kritik, was die Sicherheit der Luftfahrt betrifft.

Denn ausgerechnet die nepalesische Zivilluftfahrtbehörde soll einen schweren Fehler begangen haben. Die Civil Aviation Authority of Nepal oder kurz CAAN soll den neuen Pokhara International Airport vorschnell und ohne die nötigen Abnahmen eröffnet haben. «Der Flughafen wurde in aller Eile eingeweiht und in Betrieb genommen, ohne dass ausreichende Vorbereitungen getroffen wurden, um den Projekttermin am 1. Januar einzuhalten», so ein pensionierter Chef der Luftfahrtbehörde gegenüber der Kathmandu Times.

Keine Instrumenten-Landungen möglich

Mit der Eröffnung des Pokhara International Airport am 1. Januar hätte eigentlich alles anders werden sollen. Mit dem Flughafenneubau wollte das Land internationale Airlines nach Pokhara locken, einen Ausgangsort für das Annapurna-Trekking.

Der Ex-Behördenchef kritisiert weiter, dass Anflugverfahren für den neuen Airport nicht im Luftfahrthandbuch (AIP) veröffentlicht worden seien. Auch habe die Flugvermessung des Flughafens gezeigt, dass keine Landungen von Westen empfohlen werden. Was ein Pilot der konkurrierenden Buddha Air bestätigt: «Wir dürfen nicht nach Instrumentenflugregeln (IFR) von Westen kommend landen», so ein Pilot. Landungen von Westen sind nur nach Sichtflugregeln VFR möglich.

Keine Aufteilung der Behörde

Das Problem der nepalesischen Luftfahrt scheint laut Medienberichten strukturell zu sein. Die Zivilluftfahrtbehörde CAAN ist mit zwei Aufgaben betraut: Einerseits ist die Behörde für die Sicherheit der nepalesischen Luftfahrt verantwortlich, aber gleichzeitig verantwortet die CAAN auch die wirtschaftlichen Entwicklungen der Fluggesellschaften und Flughäfen.

Diese Verwebung sorgt schon länger für internationale Kritik. Beobachter haben die Doppelrolle der Zivilluftfahrtbehörde in Frage gestellt und Nepal aufgefordert, die Organisation in zwei Einheiten aufzuteilen – einen Dienstleister und einen Regulierer -, um die Sicherheit der Fluggäste zu erhöhen. Doch die Regierung hat kein Interesse daran gezeigt, und Nepals Luftfahrtindustrie leidet unter den Folgen.

Der 104. Absturz der Geschichte der nepalesischen Luftfahrt

Flug YT691 ist  bereits der 104. Absturz und der drittgrößte in Bezug auf die Zahl der Todesopfer in der Geschichte der nepalesischen Luftfahrt. Insgesamt verloren im Lande seit 1955 914 Menschen bei Flugzeugunfällen ihr Leben.