Letzte Aktualisierung: um 20:33 Uhr

Coronavirus

Studien warnen vor Ansteckungen bei langen Flügen

In der Business Class gibt es mehr Abstand zwischen Passagieren. Dennoch haben sich genau dort wohl auf einem Flug nach Vietnam etliche Reisende mit Covid-19 infiziert.

Wie groß ist die Gefahr, sich im Flugzeug mit Covid-19 zu infizieren? Und wie lässt sich diese Gefahr so weit wie möglich minimieren? Diese Fragen treiben Passagiere und Airlines seit Monaten um.

Die Fluggesellschaften konnten dabei von Anfang an auf die sogenannten Schwebstoff – oder Hepa-Filter an Bord verweisen. Sie filtern 99,97 Prozent aller gefährlichen Partikel aus der Kabine und tauschen die Luft im Flieger alle drei Minuten aus. Dennoch zeigten bereits ältere Studien zur Verteilung von Sars-Viren an Bord, wie weit sich die Töpfchen eines hustenden Passagiers ohne Maske an Bord verbreiten können.

Viele neue Infizierte in Business Class

Nun gibt es eine Untersuchung zu Covid-19-Infektionen an Bord eine Maschine von Vietnam Airlines. Wissenschaftler aus Vietnam haben dabei Flug VN54 von London nach Hanoi vom 1. auf den 2. März untersucht. In der Business Class reiste eine Frau, die vor und während des Fluges unter Halsschmerzen und Husten litt. Eine Maskenpflicht gab es noch nicht.  In Vietnam kamen bei der Dame weitere Symptome wie Fieber hinzu und sie begab sich in häusliche Quarantäne. Schließlich wurde sie positiv auf Covid-19 gestestet.

Den Wissenschaftlern gelang es, alle 16 Crew-Mitglieder zu untersuchen und zu befragen sowie alle 168 Passagiere, die in Vietnam blieben. 33 Fluggäste, die in andere Länder weiterreisten, wurden nicht erfasst. Es stellte sich heraus, dass sich 15 weitere Menschen infiziert hatten: zwölf Passagiere aus der Business Class, zwei auf der Economy Class und eine Flugbegleiterin, die in der Economy Class im Einsatz war.

«Bedingungen für Superspreader-Ereignisse»

Von den zusätzlich Infizierten zeigte an Bord niemand Symptome. Die Forscher stellten auch fest, dass niemand von ihnen sich vor dem Flug einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt hatte. Besonders bei den zwölf Fällen in der Business Class, worunter sich drei Paare befanden, halten es die Wissenschaftler für sehr wahrscheinlich, dass sie sich bei der Frau an Bord angesteckt haben.

Die Forscher erklären, dass die Bewegung von Aerosolen und Tröpfchen in der Flugzeugkabine nach wie vor nur unzureichend verstanden wird. So habe etwa eine andere Studie mit 16 Infizierten auf einem Flug aus Singapur im Februar nur einen Fall einer möglichen neuen Übertragung im Flieger ergeben. Dennoch warnen sie: «Lange Flüge können nicht nur zur Einschleppung von Covid-19-Fällen führen, sondern auch Bedingungen für Superspreader-Ereignisse schaffen.»

Maskenpflicht nicht in jeder Business Class

Ein großer Unterschied zwischen der Situation im März und der aktuellen Lage ist, dass Passagiere damals noch nicht zum Tragen von Masken verpflichtet waren. Allerdings gab es im untersuchten Fall die meisten vermuteten Neuinfektionen in der Business Class, in der bei mancher Fluggesellschaft bis heute lockerere Regeln gelten.

So verpflichtet etwa Qatar Airways die Reisenden in der Economy Class zum Tragen von Maske und Plastikvisier. In der Business Class, wo die Sitze mehr Abstand haben, empfiehlt die Airline einen Mund-Nase-Schutz allerdings lediglich, eine Pflicht gibt es nicht.

Zweite Studie mit Abgleich der Gensequenzen

Ein zweite Untersuchung analysiert die Erkrankung von zwei Passagieren und zwei Crew-Mitgliedern nach einem Flug vom 9. auf den 10. März von Boston nach Hongkong in einer Boeing 777-300ER. «Ihre Virus-Gensequenzen sind identisch, einzigartig und gehören zu einer Gruppe, die zuvor in Hongkong nicht identifiziert wurde, was stark darauf hindeutet, dass das Virus während des Fluges übertragen werden kann.»

Weiter heißt es: «Angesichts der Fallgeschichten und der Ergebnisse der Sequenzierung ist die wahrscheinlichste Abfolge der Ereignisse, dass einer oder beide Passagiere A und B in Nordamerika an Sars-CoV-2 erkrankten und das Virus während des Fluges auf die Flugbegleiter C und D übertrugen.