BFU-Bild: Flugverlauf vom Ereignis bis zur Landung in Frankfurt/Main.
South African Airways

Piloten verloren über Schweizer Alpen Kontrolle über Airbus A340

Vor fünf Jahren verloren die Piloten eines Airbus A340 von South African Airways über den Schweizer Alpen die Kontrolle. Jetzt liegt der Schlussbericht vor. Er zeigt, wie knapp es damals war.

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Wuchtig ragt der Clariden in den Himmel. Sein Gipfel liegt auf 3267 Meter über Meer. Um 5:34 Uhr überflog der Airbus A340 von South African Airways auf seinem Weg von Johannesburg nach Frankfurt an jenem Tag den imposanten Schweizer Berg. Da passierte plötzlich etwas.

Der Wind hatte unverhofft gedreht – von 205 zuerst auf 215 und dann auf 175 Grad. Dabei reduzierte sich seine Geschwindigkeit innerhalb von 15 Sekunden von 120 Kilometer pro Stunden auf nur noch knapp 30 Kilometer pro Stunde. Das wirkte sich auch auf das Flugzeug mit 244 Passagieren und 15 Besatzungsmitgliedern an Bord aus.

Flugkapitän machte Fehler und war unerfahren

Die Folge war, dass der Airbus A340-600 am 6. November 2018 plötzlich statt mit Mach 0,82 wie zuvor mit Mach 0,88 und zwischenzeitlich sogar mit Mach 0,89 unterwegs war. Im Cockpit erklang da acht Sekunden lang eine Übergeschwindigkeitswarnung, wie der jetzt veröffentlichte Schlussbericht der deutschen BFU Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung zeigt.

Darauf reagierte der Flugkapitän falsch. Ein Grund könnte auch gewesen sein, dass er noch unerfahren auf dem A340 war. Erst 147 Flugstunden hatte er auf dem Modell gesammelt, wie es im BFU-Bericht heißt. Der 59-Jährige schaltete als Erstes den Autopiloten aus und später auch zwei der drei Datenquellen (im Branchenjargon ADIRU genannt) des Luftdaten-Trägheitsreferenzsystems (ADIRS).

Airbus A340 gewann rasant an Höhe

In der ersten Phase zog der Kapitän am Sidestick und veränderte innerhalb von sechs Sekunden den Neigungswinkel von 3,5 auf 11 Grad - das heißt, die Nase des Flugzeugs hob sich deutlich. «Dabei wurde eine Vertikalbeschleunigung von bis zu +1,6 g erreicht», heißt es im Bericht. Der A340 stieg nun bis zu 1737 Meter pro Minute.

Weil er zuvor das Luftdaten-Trägheitsreferenzsystem manipuliert hatte, schaltete sich auch Autothrust ab. Das System sorgt dafür, dass die Triebwerke durch Vorgabe einer gewünschten Flugcharakteristik automatisch gesteuert werden statt manuell. Die Crew sandte nun den Dringlichkeitsruf Pan, Pan ab. Er bedeutet im internationalen Funkverkehr eine konkrete, aber nicht akute Gefährdung.

Mehrmals Warnungen vor Strömungsabriss

Inzwischen reduzierte sich die Geschwindigkeit des A340 wieder deutlich. Doch nun wurden die Probleme noch gravierender, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Denn plötzlich stieg der Anstellwinkel auf plus sieben Grad. Nun erklang eine Warnung vor einem Strömunsgabriss. Der Kapitän drückte die Nase nach unten. Und die Warnung verschwand.

Doch danach erfolgten während «23 Sekunden am linken Sidestick abwechselnd Steuereingaben in Richtung Drücken und Ziehen», wie es im Bericht heißt. Dadurch variierte der Anstellwinkel zwischen plus 3 und 8 Grad. Wiederum ertönte die Warnung vor einem Strömunsgabriss. Jetzt funkten die Piloten: «Mayday, Mayday, Mayday, we amend, we have no control.» Die Crew habe «zeitweise die Kontrolle über das Luftfahrzeug» verloren, so die BFU.

Kapitän versagte, Kopiloten ebenso

Am Ende gelang es dem Kapitän aber, wieder das Flugzeug unter Kontrolle zu bringen. Der Airbus A340 landete sicher in Frankfurt. Dennoch geht das BFU hart mit ihm ins Gericht und wirft ihm gleich mehrere Fehler vor. Nicht nur hätte er den Autopiloten und die Quellen des Luftdaten-Trägheitsreferenzsystems nicht ausschalten sollen, er hielt sich auch nicht an Vorgaben. Zudem werden seine Steuereingaben als falsch und später als «nicht ausreichend und energisch genug» bezeichnet.

Doch auch die beiden ebenfalls im Cockpit anwesenden beiden Kopiloten kommen nicht gut weg. Die Zusammenarbeit der Besatzung während der Übergeschwindigkeit und dem Strömungsabriss seien «in Bezug auf die Analyse der Situation und die Umsetzung der Verfahren fehlerhaft» gewesen, so die BFU.

Ein Kopilot flog wegen der Untersuchung auf

Im Rahmen der Untersuchung fielen der BFU auch Diskrepanzen in den Unterlagen des einen Kopiloten auf. Er besaß zwar die Berufspilotenlizenz (Commercial Pilot Licence oder CPL), aber keine Verkehrspilotenlizenz (Airline Transport Pilot License oder ATPL). Letztere wies er zwar seinem Arbeitgeber SAA vor - doch das Papier war gefälscht. Er wurde nach 25 Jahren im Dienst entlassen. Alles wegen dem Windwechsel über dem Clariden.

Den Bericht der BFU können Sie hier herunterladen.

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