Einige Tage vor dem Absturz der Boeing 787 erhielt die indische Fluggesellschaft eine Verwarnung der Luftfahrtbehörde. Der Grund: die Notrutschen von drei Airbus-Jets von Air India.
Es geht um die Sicherheitskultur: Nur einige Tage vor dem Absturz von Air-India-Flug 171 hat Indiens Luftfahrtbehörde DGCA die Fluglinie wegen Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften im Zusammenhang mit drei Airbus-Jets verwarnt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Es ging bei den Verstößen um überfällige Überprüfungen von Notfallausrüstung.
Einen Zusammenhang mit dem Unglück vom 12. Juni, dessen Ursache noch ermittelt wird, gibt es dabei nicht. Bei dem Absturz einer Boeing 787-8 in Ahmedabad waren 241 von 242 Menschen an Bord ums Leben gekommen, ebenso mindestens 30 weitere am Boden.
Reuters konnte die Verwarnungen und einen Untersuchungsbericht einsehen. In dem Bericht erklärte die Behörde demnach, Stichprobenkontrollen im Mai an drei Airbus-Maschinen von Air India hätten ergeben, dass diese Flugzeuge trotz überfälliger Pflicht-Inspektionen der «kritischen Notfallausrüstung» der Notrutschen betrieben wurden.
Konkret fand die verpflichtende Inspektion eines Airbus A320 am 15. Mai mit mehr als einem Monat Verspätung statt. Der Jet steuerte in dieser Zeit Ziele wie Dubai oder Riyadh an. Bei einem A319 im Inlandseinsatz fanden die Kontrollen sogar mehr als drei Monate zu spät statt. Bei einem weiteren Fall betrug die Verspätung dagegen nur zwei Tage.
Die Fälle würden darauf hindeuten, «dass Flugzeuge mit abgelaufener oder nicht geprüfter Notfallausrüstung betrieben wurden, was einen Verstoß gegen die üblichen Lufttüchtigkeits- und Sicherheitsanforderungen darstellt», zitiert Reuters aus dem DGCA-Bericht. Zudem habe es Air India versäumt, rechtzeitig auf die von der Behörde festgestellten Mängel zu reagieren, was «ein weiterer Beleg für eine schwache Verfahrenskontrolle und -aufsicht» sei.
Die Abmahnungen und der Bericht wurden den Dokumenten zufolge von Animesh Garg, dem stellvertretenden Direktor für Lufttüchtigkeit in der indischen Regierung, an Air-India-Chef Campbell Wilson sowie an den Leiter für Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit, den Qualitätsmanager und den Planungsleiter der Fluggesellschaft übermittelt.
Air India erklärte, die Überprüfung aller Wartungsunterlagen, einschließlich der Daten der Notrutschen, zu beschleunigen und den Prozess in den kommenden Tagen abzuschließen. In einem der Fälle kam das Problem laut der Airline zutage, als ein Ingenieur von Air India Engineering Services während der Wartung versehentlich eine Notrutsche ausfuhr.
Die DGCA erklärte in ihrem Bericht, dass die Lufttüchtigkeitszeugnisse für Flugzeuge, deren obligatorische Überprüfungen nicht durchgeführt wurden, als ausgesetzt gelten.
Die Behörde hielt zudem fest, dass bei mehreren überprüften Air-India-Flugzeugen veraltete Registrierungspapiere gefunden worden seien. Air India erklärte als Reaktion gegenüber der Nachrichtenagentur, dass alle bis auf eines der Flugzeuge die Anforderungen erfüllen würden und es keine Auswirkungen auf die Sicherheit gebe.
Die DGCA hält insgesamt fest: «Trotz vorheriger Hinweise und festgestellter Mängel haben die internen Qualitäts- und Planungsabteilungen des Unternehmens keine wirksamen Korrekturmaßnahmen ergriffen, was auf ein systemisches Kontrollversagen hindeutet.»