Sambia gilt noch immer als Geheimtipp im südlichen Afrika. Gerade rund um Livingstone wartet jedoch eine Fülle an Erlebnissen: vom Bad im Devil’s Pool über Begegnungen beim Giraffenfüttern bis hin zu den majestätischen Victoriafällen – die sich von hier mindestens ebenso eindrucksvoll zeigen wie von der oft überlaufenen Seite in Simbabwe.
Die Victoriafälle tragen viele Namen. Für die einheimischen Kololo sind sie der «Donnernde Rauch», bei Wikipedia gelten sie als «größter Wasservorhang der Erde». Und David Livingstone, der sie 1855 für die europäische Welt dokumentierte, nannte sie schlicht «das Schönste, was er in Afrika je erblickte».
Auch heutige Afrika-Reisende geraten ins Schwärmen. Der Sambesi, immerhin viertgrößter Fluss des Kontinents, ergießt sich über eine Bruchkante von 1.700 Metern Breite in die schmale, rund 110 Meter tiefe Batokaschlucht – ein Schauspiel, das kaum jemanden kaltlässt.
Besonders eindrucksvoll zeigt sich die Naturkraft am Ende der Regenzeit. «Von März bis Juni steigt die Gischt bis zu 300 Meter hoch», erklärt Guide Mtaye, «und sie ist noch in 30 Kilometer Entfernung zu sehen.» Seine Zahlen beeindrucken ebenso: Bis zu 12.500 Kubikmeter Wasser stürzen in Spitzenzeiten jede Sekunde in die Tiefe.
Feuchtgebiet in der Savanne: Die unaufhörliche Nässe hat ein einzigartiges Mikroklima geschaffen. Auf dem Plateau gegenüber gedeiht ein Regenwald inmitten der Savanne – mit Lianen, Farnen, knallroten Feuerlilien und tropischen Bäumen. Wanderer bewegen sich hier dank der ständigen Sprühnebel zwar selten ganz trocken, aber sicher und nah am Naturspektakel.
Doch so exotisch die Vegetation auch wirkt, im Mittelpunkt stehen die Fälle selbst. Ihre Wucht, ihre Schönheit und ihr donnernder Klang fesseln die Blicke. Nicht umsonst wurden sie 1989 in die Liste des UNESCO-Weltnaturerbes aufgenommen.
Die Gewalt des Wassers bleibt nicht ohne Folgen. «Neun Elefanten spült es jedes Jahr hinunter», berichtet Mtaye – Tiere, die beim Überqueren oberhalb der Fälle den Halt verlieren. Für Menschen ist die Gefahr dagegen gering: Bekannt ist nur ein tragischer Unfall von 2009, als ein südafrikanischer Reiseleiter einem gestürzten Gast helfen wollte.
Abenteuerlustige suchen den Nervenkitzel ohnehin anders. Von der historischen Eisenbahnbrücke, auf der schon im 19. Jahrhundert Züge für den Panoramablick anhielten, wagen sich Bungee-Springer in die Tiefe. An den Felsen ringsum messen sich Kletterer – stets begleitet vom Donnern und Tosen eines der größten Naturwunder Afrikas.
All das passiert auf dem Staatsgebiet von Simbabwe. Hierher kommen ohnehin die mit Abstand meisten internationalen Touristen, vor allem weil sich hier der größere Teil der Fälle befindet und man, ja, noch mehr von ihnen sehen kann. Wobei klar sein muss: Von der extremen Trockenzeit im September/Oktober abgesehen, lassen sich dunstbedingt die gesamten Fälle am Stück nicht erblicken. Zumindest nicht von Land aus.
Auf sambischer Seite – bequem zu Fuß über die Brücke erreichbar und ohne die in Simbabwe übliche Einreisegebühr – rauscht der östliche Teil der Fälle. Zwar fällt hier insgesamt weniger Wasser, doch der Eintritt ist günstiger als die 50 US-Dollar auf der gegenüberliegenden Seite. Vor allem aber: Auf den von Regenwald gesäumten Wegen und Brücken herrscht deutlich weniger Betrieb.
Geduld fürs perfekte Foto? Kaum nötig – selbst Regenbogen-Aufnahmen gelingen meist ohne fremde Köpfe im Bild. Und auch der Blick auf den «Boiling Pot», wo die Wassermassen zusammenströmen, ist hier entspannter möglich. Das Ergebnis: mehr Raum, mehr Ruhe und insgesamt ein intensiveres, authentischeres Erlebnis.
Ein weiteres Highlight ist der Devil’s Pool, den man per Boot und anschließendem Fußweg erreicht. Als «gefährlichstes Schwimmbecken der Welt» bekannt, verdankt er seinen Ruf der besonderen Lage: Während zu beiden Seiten das Wasser tosend in die Schlucht stürzt, wagen sich Besucher unter Anleitung erfahrener Guides bis direkt an die Kante.
Dort befindet sich eine Gumpe, eine Art Ur-Planschbecken unter den Infinity Pools. Und es ist in der Tat surreal, dass es die Badenden nicht in die Tiefe zieht. «Verantwortlich dafür sind die gegenläufigen Strömungen», weiß Mtaye. «Sie machen das feucht-fröhliche Vergnügen möglich, wenngleich vornehmlich in der Trockenzeit.»
Es ist nicht der einzige Aktivitäts-USP auf sambischer Seite, wie Laurie Birr weiß. Der für Sambia zuständige Chef der Minor Hotelgruppe, zu der auch das direkt oberhalb der Wasserfälle liegende Resort «The Royal Livingstone by Anantara» gehört, verrät: «Bei Niedrigstand ist es möglich, unter den Wasserfällen entlangzuwandern! Ich habe das neulich zum ersten Mal gemacht und war vollends begeistert!»
Nass war er indessen auch, weil Gruppen, die das machen, bei einer solchen Tour immer wieder durch Wasserbecken schwimmen müssen und selbst bei «Rinnsalstimmung» immer noch genug Wasser von oben kommt. Wasser von allen Seiten garantiert indessen eine Raftingtour stromabwärts. Sie zählt zu den spektakulärsten (und gefährlichsten) der Welt.
Etwas trockener, dafür ganzjährig erlebbar, sind andere Attraktionen rund um die Victoriafälle: Abenteuerlustige schwingen sich an Ziplines oder wagen den Ritt auf Mega-Schaukeln, während die beliebten, wenn auch lauten Helikopterflüge grandiose Ausblicke auf den Sambesi bieten. Wer es ruhiger mag, steigt für eine Bootstour an Bord. Dafür geht es mit dem Minibus ein paar Kilometer flussaufwärts, ehe man auf eines der kolonial anmutenden Doppeldeckerschiffe wie die «African Princess» wechselt – am schönsten am Nachmittag, wenn die Inseln des «mighty Sambesi» im Licht der untergehenden Sonne glänzen.
Das Teleobjektiv sollte dabei griffbereit sein: Im grünen Uferdickicht und besonders im Wasser lassen sich regelmäßig Flusspferde blicken. Guide Mtaye weiß dazu Spannendes: «Mit rund 40.000 Tieren beherbergt Sambia die größte Flusspferd-Population aller 19 Länder, in denen sie vorkommen. Weltweit gibt es heute weniger als 150.000 dieser bedrohten Dickhäuter.»
Auf dem weitläufigen Gelände des «Royal Livingstone», dem wasserfallnächstgelegenen Hotel, sind noch jede Menge andere Tiere unterwegs. Da grasen Zebras zwischen Pool, Fluss und den einzelnen Wohnhäusern. Paviane und andere Affen tippeln über die Dächer, um auf neuen Wegen irgendetwas vom üppigen Büfett abzubekommen (wobei dezent agierende Angestellte mit Zwillen genau das zu verhindern wissen).
Und das Beste: Durch das Baum-Strauch-Areal streifen auch sechs Giraffen, quasi halb-wild, halb-domestiziert. Was die wenigsten wissen: Hotelgäste können bei einer kostenfreien Giraffenfütterung mitmachen, und das aktiv. Eine einmalige Aktion, also nichts wie hin. Und während in der Nähe die Victoriafälle rauschen, locken der Giraffenflüsterer namens Alpha und seine beiden Kollegen mit Blechdosen und Klicklauten die Giraffen zum offenen Fressplatz abseits des Hoteltrubels. Dort erscheinen die eleganten Riesen dann auch wenig später.
Irre: Von Nahem betrachtet, sehen die sechs bis sieben Meter hohen Langhälse noch viel größer aus! «Immer aufpassen, dass sie dir keinen Schlag verpassen», rät Alpha. «Mit ihren Beinen können sie sogar Löwen k.o. schlagen.» Doch hinter einem hohen Fresstrog als Kickschutz fühlt man sich sicher. Und was ist das aufregend, als sich plötzlich mehrere knubbelige Köpfe zu einem herunterbeugen, um mit ihren sanften Lippen das von Alpha in die eigenen Hände geschüttete Futter wegzuschlabbern.
Plötzlich steht man mitten im Giraffenhals-Gewirr – ein Erlebnis voller Anmut, Respekt und ein wenig Gekitzel, das sofort Lust auf noch mehr Wildnis macht. Livingstone, 1904 nördlich der Fälle gegründet und heute eine Stadt mit rund 180.000 Einwohnern, bietet dafür reichlich Gelegenheiten.
Nur wenige Kilometer entfernt liegt der Mosi-oa-Tunya-Nationalpark. Hier können Besucher auf einer Walking Safari sogar Breitmaulnashörnern begegnen – ein echtes Highlight. Elefanten wiederum zeigen sich ganz ungebeten auch außerhalb der Schutzgebiete, wenn sie seelenruhig mitten über die Straße ziehen.
Beste Reisezeit:
Livingstone und Sambia lassen sich das ganze Jahr über gut bereisen. Die Regenzeit mit Werten zwischen 27 und 38 Grad dauert von Dezember bis April, dann führt der Sambesi das meiste Wasser.
Flugverbindungen:
Einreise:
Schweizer, deutsche und österreichische Staatsbürger brauchen einen Reisepass, der mindestens 6 Monate über das Rückreisedatum hinaus gültig ist und mindestens zwei freie Seiten enthält. Bei einem Aufenthalt bis 90 Tage und mit Rückflugticket ist die Einreise visafrei. Wer nach Simbabwe wechseln will, zahlt 30 US-Dollar für ein Tagesvisum.
Infos:
Unterkunftstipps:
Die Reise wurde (zum Teil) unterstützt von Anantara Hotels & Resorts.
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