Grenada ist die perfekte Insel für die Karibik-Premiere. Auf Besucher warten schöne Strände, viel Grün im bergigen Hinterland, Wasserfälle, Rum und ein entspannter Lifestyle. Wir haben uns treiben lassen.
Sheldon Noel, der Besitzer von Royalty Taxi & Tours, ist der geborene Driver-Guide. Lenkt den Wagen mit Umsicht durch die engsten Kurven. Und hat zu jedem Ort und jedem Tal Legenden, Zahlen und Fakten parat. Das saftige Grün auf dem Weg zu den Wasserfällen von Concord war ein Stichwortgeber: «Grenada zählt 15 Wasserfälle und 124 Flüsse. Rechts im dichten Grün siehst du Muskatbäume, links Kakaobäume. Die werden vermehrt angebaut, seit Hurrikan Ivan fast 95 Prozent der Äcker und Plantagen zerstört hat.»
Was auf Grenada auch gut gedeiht, ist der bunte Regenbogen-Eukalyptus. Sheldon: «Das ist die einzige Eukalyptus-Art, die auf der Nordhalbkugel natürlich vorkommt. Wächst sehr schnell und wird bis zu 75 Meter hoch.» Wenn die Rinde abblättert, enthüllt sie hellgrüne Schichten, die sich dann zu Blau, Lila, Orange und Braun verfärben.
Das Kurzreferat zieht sich bis zu den Wasserfällen, dann ist Ruhe. Großer Auftritt von Travis und Devon. Die beiden Burschen stürzen sich im Salto rückwärts von der 20 Meter hohen Kante des Wasserfalls und landen mit einer gewaltigen Arschbombe im Wasser. Sieht schmerzhaft aus: «Oha, tut das nicht weh … unten rum?» Nein, wenn man richtig springe, mache das den Kronjuwelen gar nichts aus, beteuert Travis. Und verweist dann auf die Kasse auf der Mauer, in der man gern etwas Geld zurücklassen könne.
Vorbei am Denkmal für den Calypso-Star Slinger Francisco (Mighty Sparrow), der 1935 an der Westküste von Grenada geboren wurde, fahren wir zur Gouyave Nutmeg Factory. Kaum Maschinen, viel Handarbeit: In Deutschland hieße das «Manufaktur». Auch hier jede Menge Patina, eine dicke Schicht Nostalgie und viel feiner Staub. Von Hand beschriftete Jutesäcke, die weltweit exportiert werden.
Auf Grenada gedeihen die Muskatbäume besonders gut, dank des fruchtbaren vulkanischen Bodens. «Du kannst hier», so Sheldon, «beinahe jeden Samen und jedes Korn auf den Boden werfen und schon – bumm – wächst das wie die Hölle!» Der Anteil der kleinen Karibik-Insel an der Weltproduktion von Muskatnuss liegt bei gut 40 Prozent. Damit verdient die «Nutmeg» ihren Platz im Landeswappen des Staats Grenada.
Sheldon-Fact: Der erste Goldmedaillen-Gewinner aus Grenada, Kirani James, küsste nach seinem Sieg im 400-Meter-Rennen bei den Spielen von London das Muskatnuss-Symbol auf dem Shirt. Team-Kamerad Esau Walter Simpson wiederum sprang mit dem Kampfspruch «Respect the Nutmeg!» zum 100-Meter-Freistil-Rennen ins Becken.
Schwüle 34 Grad – und ein Glas Rivers Royale Grenadian Rum auf leeren Magen. Der weiße Rum hat 75 Prozent Alkohol. Grenada ist an diesem sonnigen Nachmittag umwerfend. Auch die anderen Besucher der nostalgisch anmutenden Destillerie stöhnen, als sie das Degustationsgläschen Rum leeren.
Ein 240 Jahre altes Wasserrad treibt die Presse an, die aus dem Zuckerrohr den Saft holt. Gekocht wird der Saft im windschiefen Boiling House mit würzig-schwülheißem Höllen-Ambiente. Die Patina der Destille verwundert nicht, wurde sie doch schon 1785 gegründet. Viel ist seitdem an der Hardware nicht geändert worden, so der Eindruck nach der kurzen Führung. 600 Flaschen White Rum werden jeden Tag abgefüllt, um später fast ausschließlich die einheimischen Kehlen hinunterzufließen. Als Souvenir taugt der 75-Prozenter nicht: Die Mitnahme an Bord ist wegen Brandgefahr verboten!
Die bleichen Füße von zehn US-amerikanischen Kreuzfahrerinnen schlurfen auf Belmont Estate tapsig durch eine dicke Schicht zum Trocknen ausgelegter Kakaobohnen. Ich frage mich, ob die Füße, die direkt aus den Plastikturnschuhen kommen, nicht den Geschmack verderben.
Der junge Mann, der uns routiniert über das Gut führt, scheint die Gedanken hinter meiner schweißnassen Stirn zu lesen. «Macht nichts, da sind ja noch die Schalen drumherum …», flüstert er mir zu. Und in der Regel seien es einheimische Damen, die alle 30 Minuten die Bohnen stampfen, damit sie nach der einwöchigen Fermentation unter Bananenblättern und Jutesäcken schnell und gleichmäßig trocknen.
Am Grooms Beach bekommt man seine Drinks barfuß in der Bar des «Laluna»-Resorts, hat aber ansonsten seine Ruhe, auch an Wochenenden, wenn bei den Locals überall mit lautem Soca untermalte Beach-BBQs angesagt sind.
Alternativ bietet sich ein Stück weiter westlich der Magazine Beach an. Den Sundowner holt man sich dort in der Bar des Restaurants «Aquarium» ab, dessen Küche auch ein längeres Dinner rechtfertigt. Wer um die Felsnase herumschwimmt, landet am Pink Gin Beach, hinter dem sich das Luxus-All-inclusive-Resort «Sandals» erstreckt.
Familien mit Kindern lieben den Morne Rouge, auch als BBC Beach bekannt. Ruhiges Wasser, sanft abfallender Strand, viel Schatten und Gastronomie im Rücken. Allen, für die das Meer gern auch mal rauer und mit kräftigeren Wellen daherkommen darf, empfiehlt sich La Sagesse Beach im Südwesten der Insel. Der Strand bildet eine perfekte Sichel mit viel Grünschatten, die starken atlantischen Wellen sind ideal zum Bodysurfen.
Grenada rühmt sich des ersten Unterwasser-Skulpturen-Parks der Welt. 2006 installierte der Brite Jason de Caires Taylor in der Molinere Bay, rund sieben Kilometer vom Grand Anse Beach, über 70 Statuen gut fünf bis zehn Meter unter dem Wasserspiegel: unter anderem einen Kreis von 26 Kindern, die sich an den Händen halten (Vicissitudes), eine junge Frau, die eine Handvoll Muskatnüsse nach oben streckt (Nutmeg Princess) oder einen Mann, der auf einer Schreibmaschine tippt (The Lost Correspondent). Der Zahn der Zeit nagt eifrig an den Statuen – zur Freude nachwachsender Korallen. Taylors Installationen verteilen sich weiträumig im Meer, man muss sich mit Schnorchel und Flossen systematisch auf die Suche machen.
Hoteltipp: True Blue Bay Boutique Resort
Kleine, bunte Anlage mit sehr nettem Team in Saint George’s True Blue Bay. Cool ist das über dem Wasser gelegene «Dodgy Dock» mit vielen Events. Tipp: Die Cocoa Pods buchen: zweistöckige, nachhaltig konzipierte und sehr geschmackvoll eingerichtete Holzbungalows am Pool. Schwimmen kann man im Meer vor dem Hotel nicht, das Wasser ist zu seicht.
Cocoa Pod ab 220 Euro
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