Die zum Welterbe geadelte Landschaft diente schon in zig Blockbustern als Kulisse. Kein Wunder: diese Weite, diese Felsen! Ähnlich spannend wie eine Jeep- und Kameltour ist eine Campnacht unter einmaligem Sternenhimmel.
In einer weit, weit entfernten Galaxis gibt es viel zu entdecken. Nicht nur für Leinwandhelden um Rey, Luke und Han Solo, sondern auch für echte Star-Wars-Fans. Denn für zahlreiche Szenen auf Tatooine, Endor, Naboo & Co. haben sich die Macher der berühmtesten Sci-Fi-Saga der Welt realer Drehorte bedient.
Einer davon: das Wadi Rum. In dem südjordanischen Landschaftsschutzgebiet wurden etwa Szenen des 9. Teils, «Der Aufstieg Skywalkers», gefilmt. Und nicht nur das. «Der Marsianer», «Transformers», «Dune» – alles Blockbuster, die auf eine mond- und marsähnliche XXL-Kulisse setzen. Und auf das Wadi Rum. Ja, und dann wäre da noch der Wüstenklassiker schlechthin, «Lawrence von Arabien». Der oscarprämierte Streifen basiert dabei auf den Aufzeichnungen des hier im 1. Weltkrieg stationierten T. E. Lawrence. In eben diesem Buch, als «Die sieben Säulen der Weisheit» ebenfalls weltbekannt, beschreibt der britische Offizier das 740 Quadratkilometer große Wadi als «weit, einsam und göttlich». Das findet auch die UNESCO, die das großteils unberührte Gebiet, aus dem sich monolithische Felsformationen bis zu 1750 Meter aus dem roten Sandboden erheben, 2011 in ihre Welterbeliste aufnahm.
Das Wadi Rum ist auch Teil vieler Jordanien-Rundreisen – und ein Top-Highlight. Wobei das haschemitische Königreich, in dem man trotz benachbartem Israel-Gaza-Krieg gefahrlos umherreisen kann, davon einige hat: die mit dem Etikett Weltwunder behaftete Felsenstadt Petra, die XXL-Ausgrabungsstätte Jerash, die Top-Museen von Amman und die biblischen Stätten entlang des Jordans. Jahrtausendealte Kultur, wohin man blickt.
Auch im Wadi Rum gibt es viele Felszeichnungen, die aus einer Zeit weit vor Christi Geburt stammen. Bei einer Jeeprunde etwa zeigt Ayman Samih Salem Tadros auf tierische Hieroglyphen an einer haushohen Felswand: «Vermutlich war den Jägern langweilig, als sie auf ihre Beute warten mussten», mutmaßt der 63-Jährige, «und kritzelten sie in den Stein.» Dazu zählten Oryx-Antilopen, Wölfe und Hyänen. Heutzutage ernähren sich die Beduinen, von denen die meisten längst sesshaft geworden sind, freilich anders. Wie, das dürfen wir hautnah erleben – bei einem Mittagessen der Familie Zahweidh im Dorf Disah. Der in traditionelles Thawb gewandete Hausherr, Muhammad, empfängt immer wieder Gruppen im Gästezimmer. So auch heute.
Vorher heißt es: Hände waschen und Schuhe ausziehen. Schließlich soll der in diesem großen und deutlich von den Privaträumen der siebenköpfigen Familie getrennte Raum befindliche Teppich nicht verschmutzt werden. Barfuß oder mit Socken lümmelt man also am Boden, wo auch im Schneidersitz gegessen wird. Eine Plastikfolie dient als Tischdecke. Um die platzieren sich alle, während der 48-Jährige einen Eintopf aus Reis, Huhn, Kichererbsen und Zitrone auf Teller verteilt. «Maqluba», erklärt Muhammad, «gilt als Nationalgericht Jordaniens, hier haben wir es etwas abgewandelt. Mehr Erdnuss, weniger Pinienkerne.»
Seine elf- und 15-jährigen Söhne bedienen uns derweil mit Getränken, erst mit Artemisia-Tee und Wasser, später mit «weißem» Kaffee, der seine helle Farbe der geringeren Röstung verdankt. Gewöhnungsbedürftig.
Im Nachbarhaus lernen wir schließlich Muhammads Frau Mona sowie zwei weitere Töchter kennen. In Gesprächen bekommen wir Einblick in Jordaniens vielgelobtes Bildungssystem – und das via Handy steuerbare Kamerasystem des Grundstücks. Auf einem Bildschirm zeigt Muhammad uns diverse Einstellungen, die Kinderschar nebenan TikTok-Videos. Beduinenfamilienalltag im Jahr 2023.
Alles modern, alles gleichberechtigt? Keineswegs. Gerade in Beduinengesellschaften spielen traditionelle Lebensweisen noch eine große Rolle, doch es tut sich was, nicht nur bei den Zahweidhs. Die Disi Women’s Cooperative, bei der Mona eine von mehr als 300 teilnehmenden Frauen ist, beweist es. Das Ziel: Frauen sollen ein Standbein neben der Familie aufbauen können, wenn sie es wollen.
Wie das aussieht, schauen wir uns vor Ort an, in der «Zentrale», keine drei Straßen weiter. Gerade findet ein Workshop statt, bei dem sechs teils stark verschleierte Frauen den Ausführungen eines Finanzexperten lauschen. Wir platzen in einen Kurs zur Kreditvergabe für Frauen, mit dem sie zu Finanzberaterinnen für ihre Großfamilien werden sollen. Im Vordergrund steht jedoch die Veredelung diverser Güter wie Armbänder, Geschirr, Kleidung. Im Hinterzimmer etwa werden Tassen bemalt, in einem Nebengebäude Shirts genäht und bestickt, im Gewächshaus in Kooperation mit einer NGO resistente Büsche und Sträucher wie Thymian, Byfuss, Akazien gezüchtet, um sie später in der Wüste anzupflanzen, damit diese die weitere Versteppung verhindern.
Kurz: Der 2010 von der Beduinin Qutanah Huwaitat gegründete Verein setzt sich auf vielfältige Weise für die Stärkung von Beduinenfrauen in allen Lebensbereichen ein, bekämpft Arbeitslosigkeit und bietet Beschäftigung für bedürftige Familien. So wie Bakeeth Suleem Al Zouedh, die sagt: «Früher konnten Frauen hier kaum Arbeit finden, trotz Abitur. Das ist nun dank der Assoziation anders. Auch wenn die meisten Männer anfangs nicht einverstanden waren, finden sie es mittlerweile gut.» Ihr Meinungsumschwung liege wohl auch daran, «dass sie gesehen haben, dass Geld reinkommt.»
Das meiste Einkommen wird – und zum Glück sind die mauen Pandemiejahre vorbei – im Tourismus generiert, Stichwort Übernachtung, Gastronomie und insbesondere Kamel- und Jeeptouren. Eine solche Kombo steht nun für uns auf dem Programm. Also rauf auf die Ladefläche eines Jeeps, die rot-weiße Kufiya zum Sand- und Windschutz gewickelt und auf geht’s! Gleich hinter Disah beginnt mehr oder weniger Niemandsland. Wobei: Viele Autospuren verraten, dass vor Kurzem auch andere da waren. Was nichts macht, das erhabene Gefühl bleibt. Große Felsen, große Weite, große Freiheit.
Nach einer halben Stunde stoppen wir an einem traditionellen schwarzen Beduinenzelt. Ein Mann fiedelt auf einer Al Rababah, ein anderer singt alte Weisen, es gibt Tee und Einblicke in das alte Wüstenleben – freilich für internationale Besucher aufbereitet. Als noch eine weitere Großgruppe ankommt, klettern wir wieder auf die Ladefläche und brausen weiter.
Vorbei an einer bizarren Felsformation, die wie ein überdimensionaler, ausgehöhlter Dinoschädel aussieht, geht es zur eindrucksvollen Naturbrücke von Khrazza. Viel los hier, Insta-Alarm! Nach dem Überqueren des Bogens warten Kamele, auf deren Rücken sich die weite(re) Umgebung im Schlendergang erkunden lässt. Danach wird wieder vom Vierbeiner auf den 4x4 umgesattelt.
Und ab ins «Sun City Camp», eines von Dutzenden im Wadi Rum: Mehrere Komfortzelte und sogar einige Bubbles bilden eine Unterkunft, die wie eine Marssiedlung in der rotbraunen Wüste liegt. Abends steht dann Star Gazing an. Wie klar man die tausenden Sterne sieht! Plus: Fünf sündteure Teleskope ermöglichen ein Heranzoomen von besonders weit, weit entfernten Galaxien.
Einreise: Für die Einreise nach Jordanien ist ein Visum notwendig. Dieses kann entweder bei einer Botschaft Jordaniens in Bern oder als «Visa on arrival» am Flughafen in Amman beantragt werden. Die Kosten ohne «Jordan Pass» liegen bei 40 Jordanischen Dinar, knapp 50 Euro.
Wadi Rum: Eintritt 5 Jordanische Dinar, frei mit dem «Jordan Pass» (ab 70 Dinar, gültig in über 40 Sehenswürdigkeiten inklusive Petra), www.wadirum.jo
Sun City Camp: Unterkunft in beheizbaren Komfort- und Bubble-Zelten, von hier aus Start der Jeep- und Kamelritte sowie Star Gazing (Sternenbeobachtung), www.suncitycamp.com
Infos über Jordanien: de.visitjordan.com
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