Letzte Aktualisierung: um 16:00 Uhr

«Lufthansa: unübliche Entscheide»

[image1] Der A350 mausert sich zum Verkaufshit. Experte Richard Aboulafia erklärt, wie der Jet noch scheitern kann - und was die Lufthansa tun könnte.

Der A350 kam lange Zeit nur schleppend voran. Plötzlich verzeichnet er viele neue Bestellungen. Wie kommt es zum Stimmungswechsel?
Richard Aboulafia: Es war sicher eine gute Idee, den A350-1000 ernster zu nehmen. Außerdem strauchelt Boeing, seit die Probleme mit den Batterien des Dreamliner einige Kunden zweifeln laßen. Sie sind nicht mehr sicher, dass Boeing in der Lage ist, einen neuen Jet erfolgreich auf den Markt zu bringen. Jetzt muss Airbus nur zeigen, dass sie es besser können. Dass sie das wollen, zeigt sich in den Mühen, den A350XWB bis zur Messe in Paris in die Luft zu bringen.

Airbus profitierte also von Boeings Problemen mit dem Dreamliner?
Definitiv. Man wählte eine viel konservativere Herangehensweise. Das war allerdings anfänglich auch einfach Zufall. Nach den Problemen mit dem A380 fehlte ihnen einfach das nötige Geld für große Innovationen. Nach Boeings Problemen erwies sich das als großer Vorteil.

Für welchen der Boeing-Jets könnte der A350 ein starker Konkurrent werden?
Meiner Meinung nach ist der A350 sehr effektiv gegen die B777. Immerhin führte das Programm ja schon dazu, dass Boeing sich für etwas entschied, was man eigentlich lassen wollte: Das Triple-Seven-Programm weiter zu führen und die B777X auf den Markt zu bringen. Der Kampf A350-1000 gegen B777X wird sehr interessant.

Warum genau?
Der A350 dürfte sich sehr gut verkaufen. Gegenüber der B777-8X wäre er der Sieger. Kommt aber die B777-9X, wird es wieder enger.

Airbus verlor mit dem A340 klar gegen Boeing mit der B777. Was macht Airbus dieses Mal besser?
Eine große Rolle spielt die Tatsache, dass der A350 zweistrahlig ist. Vierstrahlige Flieger sind nicht mehr besonders attraktiv für die Käufer. Aber auch Größe, Geschwindigkeit und die richtige Wahl der Triebwerke waren wichtig.

[image2]Wie schneidet der A350 im Vergleich zum Dreamliner ab?
Ich halte den A350-800 nicht für überlebensfähig neben dem Dreamliner. Er ist einfach zu schwer. Der A350-900 jedoch wird gegenüber der B787-10X ein interessanter Konkurrent.

Lufthansa plant im Herbst eine Großbestellung für Langstreckenjets – welcher macht das Rennen?
Es ist schon lustig… Lufthansa hat eines der professionellsten Flottenplanungsteams der Welt, aber es trifft die unüblichsten Entscheidungen. Sie sind der einzige Fan der B747-8 Intercontinental und sie waren der einzige Enthusiast für den Airbus A340. Als eine von wenigen Anbietern macht sie die B777 nicht zur Hauptstütze ihrer Flotte. Dennoch bleiben sie ein möglicher Kunde. Am Ende kann es auch sein, dass sie einfach alle Flieger kauft.

Richard Aboulafia ist Experte der amerikanischen Analysefirma Teal Group.