aeroTELEGRAPH

Fragen Sie den Piloten

Wie nutzen sich Reifen ab? Und kann man etwas dagegen tun?

Würden sich die Reifen bereits vor dem Aufsetzen drehen, könnte man Abnutzung vermeiden. Warum also keinen entsprechenden Mechanismus einbauen? Das fragt Leser Wilfried Werner. Ein Linienpilot antwortet.

Top-Jobs

Zimex logo

Administrator AVOR & CAMO

Vollzeit
Zimex Aviation Ltd.
Flugoperationen
Feste Anstellung
Top jobs
Altenrhein
Schweiz
Kasaero Logo

Kaufmännische Leitung und Unternehmensorganisation

Vollzeit
Kasaero GmbH
Luftfahrt
Feste Anstellung
Top jobs
Böblingen
Deutschland
Aero-Dienst

Fluggerätemechaniker (m/w/d) als Prüfer / Certifying Staff (m/w/d) EASA Part 66 CAT B1 und/oder B2 für Dornier 328

Feste Anstellung
Aircraft Management
Aero-Dienst GmbH
Deutschland
Vollzeit
Top jobs
Smartline

First Officer Cessna 525 (m/f/d)

Vollzeit
Smartline Luftfahrt GmbH
Aircraft Management
Feste Anstellung
Top jobs
Airport St. Gallen Altenrhein
Österreich

Die Idee, dass Flugzeugräder vor dem Aufsetzen in Rotation gleich der ungefähren der Aufsetzgeschwindigkeit versetzt werden sollten, wird regelmäßig vorgetragen. Betrachten wir zuerst, was erreicht werden soll: Materialschonung, motiviert durch den Wunsch nach Kostenersparnis durch weniger Reifenabtrag.

Es stellt sich daher die Frage, ob der Vorgang des Aufsetzens wirklich der Hauptgrund für den Verschleiß der Reifen ist. Die Antwort: Dies ist nicht der Fall. Die hauptsächliche Arbeit leistet der Reifen erst dann, wenn die Masse des Flugzeuges heruntergebremst wird und die Radbremsen ihre Arbeit verrichten.

Der Moment nach dem Aufsetzen ist entscheidend

In der Kabine spürt man den Moment deutlich, wenn der Computer oder der Pilot die Radbremsen zu nutzen beginnt und die Verzögerung einsetzt. Das Auffahren der Schubumkehr und das Aufrichten der Spoiler sind da eher Hintergrundrauschen.

Es ist also die Phase direkt nach dem Aufsetzen, wenn die 60 Tonnen eines beispielhaften A320 ihre 140 Knoten loswerden wollen, wenn die Reifen Stress haben - auch wenn der Moment des Reifenkontaktes mit dem Boden deutlich spektakulärer aussieht.

Auch beim Rollen kommt es zum Abrieb

Platz zwei und drei der Abnutzung belegen die Seitenführungsarbeit des Reifens bei der Nutzung der Highspeed-Taxiways nach der Landung, sowie, vor dem Start, die Abnutzung beim Rollen nahe «Max Takeofffweight» in engen Kurven. Durch die Flugzeuggeometrie verschiedener Modelle ist das teilweise eine Art Radieren auf der Stelle. Auch die Temperatur spielt eine Rolle: Je wärmer die Außentemperatur ist, desto mehr Abnutzung erfahren die Reifen.

Natürlich stellt der Abrieb beim Aufsetzen auch einen gewissen Prozentsatz des Reifenverschleißes dar. Aber würde es sich lohnen, um das zu vermeiden zusätzlich noch einen Elektromotor samt Verkabelung und Steuerlogik in jedes Rad zu verbauen - dessen Gewicht bei jedem Flug mitgeschleppt werden muss?

Nicht genug Einsparpotenzial

Sollte ein messbares Einsparpotential vorhanden sein, wären solche Anwendungen schon lange installiert. Aber bislang gab es keine Rechtfertigung dafür. Neben der Idee, die Reifen elektrisch zu drehen gab es vor Jahren bereits einen Vorschlag, die Rotation durch eine Art Taschen an den seitlichen Außenflanken der Reifen im Fahrtwind zu erzwingen. Trotz des deutlich geringeren Aufwandes hat auch diese Idee keinen Einzug in die kommerzielle Luftfahrt gehalten.

Ein weiteres Argument gegen die Nachrüstung eines Rotationssystems ist zumindest bei Airbus eine Logik, welche die Zunahme der Raddrehzahl während der Landung bewertet.

Während sich die Schubumkehr und die Spoiler durch minimales Einfedern der Fahrwerksbeine nutzen lassen, wird die Nutzung der Radbremsen erst nach dem «spin up» der Hauptfahrwerksräder über einen bestimmten Geschwindigkeitsgrenzwert freigegeben.

Andere Technik wäre nötig

Würden die Räder bereits vor dem Aufsetzen nahe der Aufsetzgeschwindigkeit rotieren, dann würde Airbus hier nachträglich eine andere technische Logik finden und bei den Luftfahrtbehörden zulassen lassen müssen.

Was Sie schon immer übers Fliegen wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten: Ein Pilot einer großen europäischen Fluglinie beantwortet exklusiv für aeroTELEGRAPH die Fragen der Leser. Er bleibt dabei anonym, um unabhängig antworten zu können.  Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an pilot@aerotelegraph.com.  Unter den eingesandten Fragen werden die spannendsten jeweils auf aeroTELEGRAPH beantwortet. Dabei wird der Name des Einsenders veröffentlicht. Ein Recht auf Beantwortung besteht nicht. Es gelten die AGB von aeroTELEGRAPH.

Mehr zum Thema

Airbus A350 über Berlin: Warnung vor Triebwerksausfall in der niedrigen Kurve.

«Diese Kurve ist legal, aber sie ist nicht optimal»

Cockpit: Läuft die automatische Landung gut, sind die Crews auch nur Passagiere.

Wie oft nutzen Piloten die automatische Landefunktion - und warum?

Flugzeuge am Himmel: Kollisionen gilt es zu vermeiden.

Wie man Kollisionen vermeidet

Jedes Licht hat einen anderen Zweck - doch alle sind wichtig.

Was welches Licht bedeutet

Video

Premierminister Narendra Modi besucht die Absturzstelle: Die Boeing 787 von Air Inda krachte in eine Berufsschule.
274 Menschen starben beim Absturz von Flug AI171 in Ahmedabad. Jetzt haben die Behörden den letzten Funkspruch des Kapitäns der Boeing 787 von Air India veröffentlicht. Er zeigt, dass unmittelbar vor dem Absturz etwas Dramatisches passiert sein muss.
Stefan Eiselin
Stefan Eiselin
Der Moment, als die Boeing 787 abhebt: Wenig später begann sie schon wieder zu sinken.
Air Indias Unglücksflug AI171 dauerte nicht einmal eine Minute. Mehr als 200 Menschen starben, als die Boeing 787 hinter dem Flughafen Ahmedabad auf das Gelände einer Berufsschule stürzte. Was ist alles bisher bekannt?
Stefan Eiselin
Stefan Eiselin
Die Boeing 787 von Air India kurz vor dem Crash über Häusern von Ahemdabad: Riesiger Feuerball.
Eine Boeing 787 von Air India verunglückte kurz nach dem Start und stürzte in ein Wohnviertel von Ahmedabad. Der Dreamliner war für den Flug nach London voll betankt. Bis jetzt sind 207 Todesopfer bestätigt - Tendenz steigend. Bis jetzt gibt es einen Überlebenden.
Laura Frommberg
Laura Frommberg