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Hilferuf aus der Ukraine

«Beginn des Krieges hat uns für 30 Minuten in Schockstarre versetzt»

Bis vor wenigen Tagen träumte Olga Tovkes als Chefin des Zhuljany Airports von einer großen Zukunft für den Kiewer Stadtflughafen. Seit der russischen Invasion geht es um andere Dinge.

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Als die Flughafengeschäftsführerin Olga Tovkes im August des vergangenen Jahres aeroTELEGRAPH zum Interview nach Kiew lud, war die Situation am Kiewer Stadtflughafen noch von Optimismus geprägt. Der Flughafen Zhuljany hatte, nachdem die Passagiere wieder Lust aufs Reisen bekommen hatten, große Pläne für dessen Zukunft.

Mit einer Verlängerung der bestehenden Piste um 500 Meter auf eine Gesamtlänge von 2810 Meter sollten nicht nur neue Airlines angelockt werden. Erstmals sollten auch größere Verkehrsflugzeuge wie der Airbus A321 Neo Zugang zum zentrumsnahen Flughafen erhalten. Das Management hatte den Traum, den Airport zum weltbesten seiner Klasse (bis vier Millionen Reisende) zu machen. Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air war von den Plänen so angetan, dass sie neue Ziele und die Stationierung weiterer Jets ankündigte.

«30 Minuten in eine Schockstarre versetzt»

Doch dann begann vergangene Woche die Invasion der russischen Truppen in die Ukraine. Am 24. Februar 2022 arbeitete die Nachtschicht noch wie üblich, schreibt Tovkes aeroTELEGRAPH jetzt. Die regulären Flüge waren für den Morgen geplant, die Passagiere wurden abgefertigt, aber um 4:00 Uhr morgens wurde der Luftverkehr wegen des Angriffs der russischen Aggressoren plötzlich gestoppt. Die Flüge wurden daraufhin sofort gestrichen und die Passagiere und das Flughafenpersonal umgehend evakuiert.

Wie die Geschäftsführerin erzählt, haben bis 24 Stunden vor Beginn der russischen Invasion die polnische Lot und Wizz Air den Flughafen regelmäßig bedient. «Der Beginn des Krieges hat uns dann für 30 Minuten in eine Schockstarre versetzt, danach kam die Erkenntnis, dass es notwendig war zu handeln, Probleme zu lösen und das Leben in einer neuen Realität irgendwie zu bewältigen», so Tovkes.

«Kollegen beteiligen sich an der Verteidigung»

Die Ukraine lebt seit 2014 mit dem Krieg und wer die Bilder der zerschossenen Terminalgebäude in den Separatistengebieten von Luhansk und Donezk kennt, kann ahnen, welche Ängste derzeit in der ukrainischen Hauptstadt vorherrschen. Die meisten Flughafenmitarbeiter sind nach Schließung des Airports nun in Kiew oder in der Region rund Kiew geblieben, einige sind in die benachbarten Regionen gegangen.

«Aber das hat heute nichts zu bedeuten, überall herrscht inzwischen Krieg und Beschuss mit schweren Waffen und sogar ballistische Raketen auf Wohngebiete», so Tovkes. «Meine Kollegen beteiligen sich an der Territorialverteidigung, verbringen die Nächte in Kellern und Bunkern.» Die Kinder könnten nicht in Schulen oder Kindergärten gehen und seien von Luftangriffen, Explosionen und dem Klang der abgefeuerten Kugeln geschockt.

Dank an Unterstützer rund um den Globus

«Es ist eine Prüfung für jeden Ukrainer und seine Familie», so die Flughafenmanagerin. Doch sie gibt sich kämpferisch: «Alles, was geschieht, macht uns stärker. Wir ehren die Freiheit und wir sind stark im Geiste.» Abschließend schreibt Tovkes: «Gegenwärtig erleben wir echte Unterstützung aus der ganzen Welt, und dafür möchte ich meine aufrichtige Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.»

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Bilder des Flughafens aus der Zeit vor der russischen Invasion, die seit Februar 2022 läuft.