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Super Guppy

Der unförmige Vorgänger des Airbus Beluga

Airbus wurde als europäisches Projekt angelegt. Um die logistischen Probleme zu meistern, brauchte der neue Konzern ein Transportflugzeug. Er fand es in der Super Guppy.

Ende der 1960er-Jahre suchten mehrere europäische Länder für ihre Nationalairlines ein kleineres, leichteres und wirtschaftlicheres Verkehrsflugzeug. Die dreistrahligen Flugzeuge der großen und marktbeherrschenden Hersteller in den USA sagten ihnen nicht zu. Und so unterzeichneten der französische Transportminister Jean Chamant und der deutsche Wirtschaftsminister Karl Schiller am 29. Mai 1969 ein Abkommen.

Das A300B-Programm und Airbus waren geboren. Der neue Flieger absolvierte 1972 seinen Erstflug und schrieb Geschichte. Er war der erste Langstreckenflieger mit zwei Triebwerken. Er war zudem auch kleiner, und daher auch leichter als die Konkurrenzmodelle aus den Vereinigten Staaten, was seine Betriebskosten niedrig hielt.

Logistische Herausforderung

Das Airbus-Projekt war von Anfang an ein europäisches. Das Unternehmen hatte und hat Produktionsstätten in Frankreich, Deutschland, Spanien und Großbritannien. Nach der Produktion werden die dort gefertigten Teile bis heute zu den Endmontagelinien in Hamburg in Deutschland, in Toulouse in Frankreich und in Sevilla in Spanien transportiert, wo sie zu Flugzeugen zusammengebaut werden.

Dieses Sammeln von Komponenten aus ganz Europa bringt Herausforderungen, insbesondere bei den größeren Bauteilen wie Rümpfen und Flügeln. Der Transport auf Straße, Schiene und See dauerte zu lange und war umständlich. Deshalb suchte Airbus nach einem Transport auf dem Luftweg. Die Lösung brachte die Super Guppy.

Bedarf für die Raumfahrt

Präsident John F. Kennedy versprach der Welt in 1961, dass die USA noch vor dem Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond bringen würden. Mit der damals verfügbaren Technologie war dies eine große Herausforderung. Zudem war der Zeitrahmen sehr eng gesteckt. Zeit ist Geld und die Nasa bekam zunehmend Probleme mit ihrem expandierenden Raumfahrtprogramm und logistische Probleme mit dem Transport der Komponenten von den Herstellern an der Westküste und den Test- und Startgeländen, die sich im Osten befanden.

Zur gleichen Zeit waren mehrere überzählige Boeing 377 Stratocruiser auf dem Van Nuys Airport bei Los Angeles geparkt, die Lee Mansdorf, einem Flugzeugverkäufer und Unternehmer, gehörten. Der ehemalige US-Air-Force-Pilot John M. Conroy wurde auf diese Flugzeuge aufmerksam und erkannte, dass eine modifizierte Version dieser Flugzeuge mit einem dramatisch aufgeblähten oberen Rumpf für den Transport der großen, aber relativ leichten Raketenkomponenten verwendet werden könnte.

Conroy hatte Erfolg

Die Nasa war von der Idee zunächst nicht begeistert und so beschloss Conroy, sein Haus mit einer Hypothek zu belasten, und gründete Aero Spacelines International. Er entwickelte mit einem Team das Flugzeug selbst, das als Pregnant Guppy bekannt wurde. Ein Name, den sich das Nasa-Management ausdachte, als es das Flugzeug zum ersten Mal auf dem Papier sah. Es absolvierte seinen Erstflug im September 1962.

Conroys Idee erwies sich als sehr erfolgreich, denn sie verkürzte die Lieferzeiten um zwei bis drei Wochen pro Transport im Vergleich zu land- und seegestützten Transporten.  Die zunehmende Auslastung der Pregnant Guppy der Nasa führte zu der Notwendigkeit, einen weiteren Stratocruiser in die größere Super Guppy SG umzubauen, von der eine für die Nasa gebaut wurde.

Airbus zeigt sich interessiert…

Dies war auch die Zeit, in der Airbus Interesse an dem Flugzeug zeigte, da sie ähnliche logistische Probleme wie die Nasa mit Produktionsstätten in verschiedenen Ländern hatte. Der europäische Konzern kaufte zwei Super Guppy Turbine, die 1971 (F-BTGV/1) und 1973 (F-BPPA/2) ausgeliefert wurden. Anstatt nur einen Stratocruiser umzubauen, wurde der Rumpf der SGT-Version komplett neu gebaut, was eine breitere Ladefläche (von 2,7 auf 4 Meter erhöht) ermöglichte. Außerdem wurden sie mit anderen Triebwerken (vier Allison-Turboprops – auch in der P-3 Orion verwendet und mit Propellern der C-130 Hercules) und mit dem Bugfahrwerk aus einer Boeing 707 ausgestattet.

Lediglich das Cockpit, die Tragflächen und das Leitwerk wurden von der ursprünglichen Stratocruiser übernommen. Also ein echtes Frankenstein-Konzept, mit dem Unterschied, dass dieses Konzept sehr erfolgreich war. Ein wesentlicher Unterschied zur Pregnant Guppy ist, dass das Bugteil des Flugzeugs zur Seite geschoben werden kann, um eine einfache Beladung zu ermöglichen.

… und kauft die Rechte

Da Airbus mit den Super Guppys sehr zufrieden war, erwarb man die Rechte und baute selbst zwei weitere Exemplare. Montiert wurden sie von der Fluggesellschaft UTA mit Sitz am Flughafen Le Bourget. 1982 (F-GDSG/3) und 1983 (F-GEAI/4) wurden sie ausgeliefert. Für den Bau des letzten Exemplars wurde, da es keine Stratocruiser mehr gab, die ursprüngliche, aber inzwischen ausgemusterte Pregnant Guppy ausgeschlachtet und als Basis verwendet.

Nachdem Airbus seine Super Guppys auslaufen ließ, da sie durch die größere, strahlgetriebene Beluga ST ersetzt wurden, übernahm die Nasa 1997 die letzte produzierte Super Guppy. Sie fliegt derzeit noch als einzige flugtaugliche der Welt. Sie ist in El Paso, Texas, stationiert. Somit wird die erste fliegende auch die letzte fliegende – oder zumindest Teile davon.

Wo die Guppys heute sind

Und das ist das Schicksal der insgesamt acht in verschiedenen Versionen gebauten Guppys  – es gab auch zwei Exemplare der Mini Guppy, einer Version mit niedrigerer Decke:

◼ Pregnant Guppy: Nachdem sie viele Einsätze für die Nasa geflogen war, wurde sie 1979 verschrottet – einige ihrer Teile wurden 1983 zum Bau einer weiteren Super Guppy von Airbus verwendet.
◼ Super Guppy mit der Registrierung N940NS (vorher N1038V und 52-2693), ist in den USA im Pima Air & Space Museum in Tucson, Arizona, zu sehen.
◼ Super Guppy Turbine mit der Registrierung F-BTGV/1 (vorher N211AS) ist in Großbritannien im inzwischen geschlossenen British Aviation Heritage Centre in Bruntingthorpe Aerodrome ausgestellt. Aufgrund eines neuen Eigentümers wird das Gelände für andere Zwecke genutzt und sie wird verschrottet.
◼ Die Super Guppy Turbine mit der Registrierung F-BPPA/2 (ehemals N212AS) ist im Musée Aeronautique Aeroscopia in Toulouse-Blagnac in Frankreich ausgestellt.
◼ Super Guppy Turbine mit der Registrierung F-GDSG/3 ist in Deutschland auf dem Gelände des Airbus-Werks in Hamburg-Finkenwerder ausgestellt.
◼ Super Guppy Turbine mit der Registrierung N941NA (ehemals F-GEAI/4) wurde an die Nasa in den USA verkauft und ist der einzige flugfähige Super Guppy der Welt. Sie ist auf dem El Paso Forward Operating Location am El Paso International Airport, Texas, stationiert.
◼ Es gibt eine Mini-Guppy, die im Tillamook Air Museum in Oregon (USA) ausgestellt ist. Die zweite ist abgestürzt.