Letzte Aktualisierung: um 11:44 Uhr

Music for Airports

Wie am Flughafen Köln/Bonn eine Musikrichtung entstand

Der britische Musiker Brian Eno ist eine Legende. Sein Instrumental-Album «Music for Airports» legte 1978 einen Grundstein des Musikstils Ambient - die Inspiration kam am Flughafen Köln/Bonn.

Freude oder Stress können an Flughäfen nah beieinander liegen. Wer sich etwa auf einen Urlaub oder Städtetrip freut, dem bringen fremde, durch die Abflughalle schallende Sprachen ein wohliges Gefühl von Fernweh. Andere Eindrücke nehmen Passagiere wahr, die nach stundenlangen Verspätungen oder anstrengenden Geschäftsreisen nur noch am Ziel ankommen wollen.

Es sind dann beispielsweise das laute Gepiepse irgendwelcher Automaten, das Klappern von Gepäck oder Kindergeschrei, die hauptsächlich in das Ohr gehetzter Passagiere durchdringen. Genau so erging es Ende der 1970er-Jahre Brian Eno am Flughafen Köln/Bonn. Ausgerechnet die laute Geräuschkulisse zündete die Idee für ein Musikalbum, das zur Blaupause eines sehr ruhigen Genres werden sollte.

Stundenlanges Warten

Bereits damals galt der selbsterklärte «Nichtmusiker» als Innovator.  1971 war er ein Mitbegründer von Roxy Music. Die Artrockband erforschte früh Glamrock und Synthesizer, womit sie auch der späteren New-Wave-Bewegung einen Weg ebnete.

Später arbeitete der Künstler mit der Krautrockband Harmonica zusammen oder produzierte für David Bowie. Auch in späteren Soloalben Mitte der 1970er-Jahren zeigte sich Eno als experimentierfreudiger Musiker. Am Flughafen Köln/Bonn musste Eno 1977 wegen eines verspäteten Fluges für mehrere Stunden im damals jungen Terminal 1 verharren.

Uninspirierte Atmosphäre

Was den Musiker dabei mehr als das Warten störte: Die uninspirierte Atmosphäre in Sachen Akustik, die dem Vielflieger an wohl vielen Airports bereits aufgefallen ist. Besonders in Köln/Bonn störte dies Eno. Die laute Akustik erschien Eno unangemessen zur Architektur des damals modernen Betongebäudes – Optik und Ton müssten im Einklang stehen, so der Gedanke des Musikers.

Die Verspätung von Enos’ Flieger zog sich sehr in die Länge. Am Flughafen begann der Produzent sich Gedanken zu machen, wie eine optimale Musik für einen Flughafen klingen könnte. Sie sollte nicht zu aufdringlich sein und vor allem Entspannen – Inspiration waren gehetzte Passagiere, die Eno in Köln/Bonn beim Warten beobachtete.

Namensgebendes Album

Auch müssen sich die Stücke für Stunden wiederholen können, ohne langweilig zu werden. Noch am Flugsteig beginnt Eno, erste Stücke zu komponieren. Später im Studio vollendet der Brite seine Arbeiten. Veröffentlicht wird das Ergebnis 1978 als Album «Ambient 1: Music For Airports».

Ruhige Pianoklänge und langgezogene, weiche Synthesizer-Akkorde erzeugen auf dem Werk eine sphärische, ruhige Hintergrundmusik. Heute gilt die LP als einer der wichtigsten Wegbereiter einer Musikrichtung, die ihren Namen aus dem Albumtitel bezog. Ambient – dass namengebende englische Adjektiv lässt sich zu Deutsch etwa als «umgebend» übersetzen.

Einfluss in Rap oder Techno

Genau diese Musikrichtung beeinflusst noch heute Soundtracks für Filme oder andere Musikstile. So benutzen Produzenten und weltberühmte Musiker wie Drake oder ASAP Rocky mitunter gerne langgezogene Sound-Flächen in ihren Instrumentalen – die Rede ist dabei von sogenannten «Ambient-Beats». Unter Produzenten von Techno scheint es mitunter eine Pflicht zu sein, mindestens einen Ambient-Track auf ein Album zu legen.

Auch inspirierte «Music For Airports» Musikstücke, die explizit für Kaufhäuser, Fahrstühle, Hotellobbys oder auch Büros produziert werden. Spezielle Anbieter wie etwa die ehemalige Firma Muzak haben sich bereits vor Erscheinen von Enos Album auf die Produktion von Hintergrundmusik produziert, die unbemerkt gewissen Stimmungen bei Menschen auslösen soll. Heutzutage sollen somit Mitarbeiter auch produktiver arbeiten oder Kunden zu Einkäufen angeregt werden.

Köln-Bonn-Düsseldorf-Connection

Der Flughafen Köln/Bonn hat aber auch mit anderen legendären Musikern eine Verbindung. Entworfen wurde das Terminal 1, das damals Brian Eno maßgebend inspirierte, vom Architekten Paul Schneider-Esleben. Dessen im April dieses Jahres verstorbener Sohn Florian Schneider-Esleben war Mitbegründer der Düsseldorfer Band Kraftwerk.

Die Gruppe gilt als einer der wichtigsten Pioniere der elektronischen Musik und hinterließ auch in der Pop- und Rapmusik einen großen Einfluss.