Während Passagiere längst schlafen, beginnt für viele die Arbeit: Auf dem deutschen Hauptstadtflughafen läuft ein präzise getakteter Betrieb – vom Sicherheitscheck bis zur Lichtwartung. Eine Reportage aus der Nacht am BER.
Es ist 23:14 Uhr. Auf der Nordpiste des deutschen Hauptstadtflughafens hebt das letzte Flugzeug des Tages ab – eine Boeing 737-800 der französischen ASL Airlines mit Ziel Paris. Es werden noch drei Ankünfte erwartet, dann kehrt zumindest bis 5:00 Uhr morgens Ruhe ein. Vor fast allen 27 Fluggastbrücken stehen Flugzeuge - von KLM, Swiss, Austrian Lufthansa, Easyjet und Co.. Sie warten auf den Einsatz am kommenden Morgen.
Zwar ruht der Luftverkehr, aber ruhig ist es an Deutschlands drittgrößtem Flughafen nie. Mitarbeitende von Airlines, Bodenverkehrsdiensten, der Bundespolizei sowie verschiedenen externen Dienstleistern beleben den BER auch nachts. Und natürlich sind auch die Mitarbeitenden des Flughafens selbst aktiv.
Die Schicht des Follow-Me-Fahrers hat gerade erst begonnen, als in seiner unmittelbaren Nähe der Frachter von ASL nach Paris startet. «Unsere Aufgabe ist es, alle Flugbetriebsflächen in der Nacht zu checken, wir schleppen sämtliche Flieger für ihre nächtliche Wartung zu den Hangars und zwei Mal im Monat führen wir auch eine Nassmessung durch», so der Fahrer. Was eine Nassmessung genau ist, dazu später.
Doch erstmal sorgt er für Helligkeit: Die zusätzlichen Scheinwerfer des Follow-Me-Fahrzeugs tauchen die Umgebung in grelles Licht. Vorgeschrieben sind die sogenannten Sicht-Checks alle sechs Stunden. Die Follow-Me-Fahrer am BER sind aber häufiger unterwegs. «In der Regel machen wir die Touren zwei Mal pro Schicht», verrät sein Kollege. Nachts ist es wegen des fehlenden Flugverkehrs leichter.
«Mitten in der Nacht holen wir uns die Freigabe für den großen Check. Wir überprüfen dann alle Flugbetriebsflächen und fahren jeden einzelnen Quadratzentimeter ab. Da bewegt sich hier gar nichts Großartiges – außer die vier Follow-Me-Autos», so der Kollege.
Tagsüber müsse man sich immer die Freigabe holen, um die Start- und Landebahnen zu überprüfen. Wenn dann ein Flugzeug komme, müssen man schnell runter, sagen beide, aber glücklicherweise gebe es am BER genug Abrollwege. Die Piste checken die Mitarbeitenden immer zu zweit. Dann geht es mit 60 Kilometern pro Stunde über die Start- und Landebahn des Flughafens Berlin. Um dabei auch die kleinsten Gegenstände zu sehen, braucht es Erfahrung und ein geschultes Auge, sagen sie.
Glücklicherweise finden die Mitarbeitenden bei ihren Kontrollfahrten nicht allzu oft Gegenstände. Meist handelt es sich um Kofferanhänger, die beim Be- und Entladen der Maschinen abreißen. Hin und wieder kommt es auch zu Aufbrüchen des Untergrunds, zum Beispiel wenn Fugenmaterial lose ist. Solche Vorfälle werden fotografisch dokumentiert und an die Leitstelle weitergeleitet, die dann die Reparatur koordiniert.
Doch nichts bleibt lange liegen, denn die Check-Intervalle sind viel zu eng, so der Kollege. Ein nächtlicher Check dauert etwa eine Stunde, um alle Flächen abzufahren. Wenn in der Nacht militärische Flugzeuge landen, müssen wir diese auch an ihre Position bringen. Wenn die Sonne schon ein wenig aufgegangen ist, starten die Mitarbeiter den Sonnenaufgangscheck. Das ist dann aber schon die Aufgabe der Frühschicht und nicht mehr die Nachtschicht.
Ebenfalls patrouilliert die Flughafensicherheit über das Gelände. Während die Follow-me-Fahrer die bekannten gelb-schwarz karierten Autos steuern, ist die Airport Security in weißen Autos mit Blaulichtanlage unterwegs.
Wir stehen vor dem Terminal als Michael Dorn, Leiter Security Operation Center erklärt: «Wir kontrollieren ein Gebiet von insgesamt 1500 Hektar, neben dem Sicherheitsbereich – also allen Flächen innerhalb des Flughafenzauns – auch den öffentlichen Raum von der Autobahnabfahrt bis vor das Terminal». Sowie auch die Terminals.
60 Mitarbeitende kontrollieren das Gelände des Flughafens Nacht für Nacht. Ein Drittel davon ist in Fahrzeugen unterwegs, während die anderen in Zweierstreifen für Ordnung sorgen. Eine der wichtigsten Aufgaben der motorisierten Streifen ist die Kontrolle des Flughafenzauns und der Tore. «Wir schauen, dass es keine Durchbrüche gibt oder Personen versuchen, über den Zaun zu klettern», sagt Dorn.
Die Zweierteams, die nachts für die Sicherheit im Terminal sorgen, sind vorrangig mit Verschlusskontrollen beschäftigt. «Wir schauen, dass alle Shops und Cafés abgeschlossen sind und sich keine Fremden Zutritt verschaffen können», erklärt eine Mitarbeiterin der Flughafensicherheit im Gespräch. «Wir helfen natürlich auch gestrandeten Reisenden.» Zu den Aufgaben zählt aber auch, den Passagierweg nachzuvollziehen, um zu schauen, dass keine gefährlichen Gegenstände, wie Messer irgendwo deponiert wurden.
Das Sicherheitsteam beginnt auch zum Ende der Nachtschicht mit den Vorbereitungen für den kommenden Tag. «Wir führen täglich die technischen Kontrollen und Abnahmen der Sicherheitskontrolltechnik durch», sagt Dorn. Und dann werden ab 03:00 Uhr die ersten Positionen besetzt, die für die Passagiere essenziell sind, zum Beispiel die Bordkartenkontrolle. Wenn der Morgen graut, wird das Personal schrittweise aufgestockt.
Nach dem Terminal stehen wir jetzt am östlichen Ende der südlichen Start- und Landebahn. Die 4000 Meter lange Piste 06R/24L liegt hell erleuchtet vor uns. Noch, denn seit Anfang Mai schaltet der Flughafen Berlin-Brandenburg nachts die Befeuerung ab. Zwischen 2:00 Uhr und 5:00 Uhr gehen die Lichter aus. Natürlich nicht, wenn Flüge angemeldet sind. Im Notfall kann die Anlage innerhalb von kürzester Zeit wieder angeschaltet werden.
Am BER besteht die – also alle einzelnen Lichtpunkte – aus 15.000 Feuern, die den Pilotinnen und Piloten die Wege weisen, sagt Thomas Knöfler, Leiter für Flugbetriebsanlagen. «Wer Lichter sagt, muss einen Euro bezahlen», sagt Knöfler scherzhaft.
Nachts verfolgt sein Team zwei Aufgaben: die Instandsetzung ausgefallener Feuer und die konstante Umrüstung auf LED-Technik. Er verrät, dass bereits rund 40 Prozent der Befeuerung in den vergangenen Jahren auf die energiesparenden LEDs umgerüstet worden seien. Die Vorteile: LEDs sind langlebiger und sparsamer im Vergleich zu den vorher verbauten Halogenlampen.
«Die Betriebsdauer liegt bei LEDs bei über 25.000 Betriebsstunden, teilweise sogar bis zu 40.000. Bei einem Halogen haben wir nur 2000 bis 3000 Stunden», sagt Knöfler. «LED verbraucht zum Beispiel rund 53 Prozent weniger Energie, das ist natürlich für uns auch ein großes Plus, letztendlich wollen wir ja auch für die Nachhaltigkeit hier ein bisschen sorgen.»
Die Umstellung lässt sich der Flughafen Berlin einiges kosten. Im Jahresbudget sind 300.000 bis 500.000 Euro für die LED-Umstellung verplant. Knöfler hat auch ein Unterflurfeuer dabei, das in der Piste verbaut werden könnte. Der Anschaffungspreis liegt zwischen 500 und 800 Euro für jedes einzelne Feuer. Der Austausch erfolgt immer blockweise, da in einem Stromkreis nicht beide Systeme gleichzeitig betrieben werden können. Insgesamt 500 einzelne Stromkreise sorgen für das richtige Licht am BER.
Neben der Umstellung müssen in jeder Nacht auch einzelne Feuer, die kaputt gegangen sind, ausgetauscht werden. «Pro Nacht sind es zwischen acht und zehn», erklärt ein Techniker. Im Winter seien es mehr, wenn der Bodendienst mit ihren Gerätschaften die Positionen und Wege von Schnee und Eis befreit.
Dafür hat die technische Abteilung immer genügend Ersatzfeuer auf Lager. Der Austausch findet natürlich nur nachts statt, wenn kein Flugverkehr herrscht. Schwierig ist es nicht: Es müssen zwei Schrauben gelöst werden, das alte Feuer wird abgesteckt und das neue Feuer eingesetzt.
Allerdings sind die Sicherheitsvorkehrungen sehr umfangreich. Wenn der Strom abgestellt ist, sitzen die Techniker in einer kleinen Wanne und tragen Sicherheitshandschuhe, die sie vor einem möglichen Stromschlag schützen sollen. Im Sommer sei das alles nett, sagt Knöfler. «Aber jetzt stellen sie sich das ganze mal im Winter bei Schnee, Eis und Wind vor.»
Nachts prüfen Techniker der Flugbetriebsanlagen auch die Sensorik der 27 Fluggastbrücken, ob diese einsatzbereit sind. «Tagsüber fehlt dafür die Zeit», so Knöfler. Die Nacht schreitet voran und in einiger Entfernung finden auf einem Rollweg Bauarbeiten statt. Knöfler, der zuvor lange am Flughafen Zürich gearbeitet hat, erklärt, dass derzeit die Fugen ausgetauscht werden müssen.
Kurz vor dem Ende der Tour sind wir nochmal bei den Follow-Me-Fahrern und das Rätsel um die Nassmessung wird gelöst. In ihrem Auto ist eine spezielle Technik verbaut, die den Abrieb der landenden Flugzeuge messen kann. Wenn zu viel Gummiabrieb auf der Piste ist, wird die Piste rutschig.
Um das zu verhindern, fahren die Follow-Me-Fahrer alle zwei Wochen über die Piste und drücken einen Knopf. Im Kofferraum klappt ein Rad aus, das mit einem bestimmten Druck auf die Piste gedrückt wird. Dadurch wird gemessen, wie der Reibwert der Piste ist. Dabei muss das Auto exakt 96 km/h fahren. Den Follow-Me-Fahrern, Sicherheitsleuten und Technikern stehen noch einige Stunden Arbeit bevor – alles damit der Betrieb reibungslos funktioniert.