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Tragflächenforschung

Airbus lässt Testflieger ohne Piloten abheben

Mit einem neuen Flügel mit Klappspitzen will Airbus den Treibstoffverbrauch um bis zu 10 Prozent senken. Der Testflieger, eine Cessna, wird ohne Menschen an Bord abheben.

Dünne Flügel mit großer Spannweite – damit wollen sowohl Airbus als auch Boeing künftig Sprit sparen. Dabei möchte der amerikanische Flugzeugbauer die Tragflächen durch Querstreben zum Rumpf stabilisieren. Airbus setzt auf ein anderes Konzept.

«Wir haben einen Demonstrator für den sogenannten Extra Performance Wing, der eine große Spannweite hat und sehr dünn ist», erklärte Airbus-Technik-Chefin Sabine Klauke kürzlich im Gespräch mit aeroTELEGRAPH. «Er hat klappbare Flügelspitzen, die sich durch Sensorik automatisch im Flug entriegeln, wenn Lastfälle durch Verwirbelungen auftreten.»

Lernen von Vogelflügeln

Denn lange Flügel bieten zwar aerodynamische Vorteile, übertragen bei Verwirbelungen aber auch höhere Kräfte auf die Flügelwurzeln. Um dem entgegenzuwirken, nutzt Boeing die Verstrebungen. Airbus setzt auf die Flügelspitzen, die das Flugzeug, wenn es über Laserscanning Turbulenzen wahrnimmt, automatisch in die richtige Position bringt.

Auch ein Problem: Ein langer Flügel schwingt mehr. «Dem muss man entgegenwirken», so Airbus-Ingenieur Christoph Naue, der am Extra Performance Wing arbeitet. «Dazu haben wir an der Hinterkante der Landeklappen kleine Stellflächen, die wie Querruder wirken, elf pro Seite.» Sie ähneln von der Funktionsweise her den Federn eines Vogelflügels.

Modell des Extra Performance Wing bei der Paris Air Show.

Flügel ein Drittel länger

Im Gegensatz zur Boeing 777X, die ihre Klappflügelspitzen nur am Boden verwendet, sind die klappbaren Spitzen im Airbus-Projekt deutlich länger. Sie verlängern den Flügel um rund ein Drittel. Der europäische Flugzeugbauer wird die Technologie an einer Cessna Citation testen, deren sechs Meter lange Flügel um zwei weitere Meter verlängert werden.

Die Cessna steht aktuell bei Airbus in Toulouse, die Fertigung des neuen Flügels findet in Filton in Großbritannien statt. Im laufenden Jahr wird der Flugzeugbauer Flugtests mit der Cessna mit den herkömmlichen Flügeln durchführen, um Referenzwerte zu erhalten. Im kommenden Jahr erhält der Businessjet dann die neuen Flügel und Ende 2024 oder Anfang 2025 soll die rund zweijährige Flugtestphase beginnen. Dabei gibt es eine Besonderheit.

Cessna wird vom Boden gesteuert

«Wir werden das Flugzeug als Drohne fliegen, mit einem Piloten am Boden, der es quasi fernsteuert», so Naue. Man wähle diesen Weg, «damit wir Sicherheitsanforderungen haben, die nicht ganz so kritisch sind wie bei einem normalen Passagierflugzeug».

Und wo kann Airbus das umsetzen? «In Cazaux an der französischen Atlantikküste in einer Militärzone», erklärt der Ingenieur. Dort wird der Flieger auch die neuen Flügel erhalten. Die Umrüstung zum ferngesteuerten Flieger ein nimmt nicht genannter Zulieferer vor.

Für alle Flugzeugprogramme

Vom neuen Flügel verspricht sich Airbus 5 bis 10 Prozent Treibstoffersparnis. Er ist nicht speziell für einen neuen Flugzeugtyp bestimmt, wie etwa den A320-Neo-Nachfolger. «Wir entwickeln die Technologie für alle Flugzeugprogramme», sagt Naue.