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Turbinenschaufeln

Warum Boeing und Airbus so viele Jets parken müssen

Viele A320 Neo und 737 Max stehen als eine Art Segelflieger vor den Fabriken von Airbus und Boeing herum - ihnen fehlen die Triebwerke. Schuld sind kleinste Teile der Motoren.

Boeing braucht mehr Parkplätze für 737. Auf dem Gelände des Endmontagewerkes in Renton bei Seattle stehen Dutzende der unfertigen Maschinen herum. Als Grund nannte der amerikanische Flugzeugbauer Verspätungen bei Zulieferern. Unter anderem habe CFM International schon seit einiger Zeit Probleme, die Leap-Triebwerke für die Boeing 737 Max pünktlich zu liefern. Auch Airbus hat bei der A320-Produktion Schwierigkeiten aufgrund von Verspätungen bei CMFs Leap-Motoren, auch wenn Triebwerke von Pratt & Whitney für noch größere Verzögerungen sorgen.

Um herauszufinden, was im Detail hinter den Schwierigkeiten mit den Leap-Triebwerken steckt, hat die Nachrichtenagentur Bloomberg mit mehr als 20 Leuten gesprochen, die mit dem Thema vertraut sind. Das Ergebnis: Im Zentrum des Ganzen stehen Probleme bei der Produktion eines neuen Typs von Hochdruck-Turbinenschaufeln. Dafür zuständig sind die beiden konkurrierenden Firmen Precision Castparts und Arconic.

Schnellere Produktion schwierig

Angesichts der riesigen Nachfrage hat Precision Castparts in einem Brief an Kunden bereits angekündigt, vorerst keine neuen, kurzfristigen Aufträge mehr anzunehmen. Die Herausforderung für das Unternehmen aus Portland sei zurzeit, den komplexen Produktionsprozess zu meistern und zugleich die produzierte Menge zu erhöhen, so Bloomberg. Dabei sei es schwierig, das Feingussverfahren zu beschleunigen, bei dem aus geschmolzenen Nickellegierungen die doppelwandigen Turbinenschaufeln entstehen, die enormen Kräften und Temperaturen von bis 1540 Grad Celsius standhalten müssen.

Bei einem ausgereiften Triebwerk erfüllen laut der Agentur rund 90 Prozent der hergestellten Schaufeln die gewünschten Anforderungen. Zu Beginn der Produktion könnte die Quote bei neuen und komplexen Verfahren aber auch mal nur halb so hoch sein. Ein namentlich nicht genannter Informant sagte, es gebe zwar Fortschritte in den Gießereien. Aber es kommt auch immer noch zu Schwankungen von Woche zu Woche. Dabei handle es sich gar nicht um ein technologisches Problem, sondern eher um Startschwierigkeiten bei der Produktion von einer sehr kleinen Anzahl von Schmiede- und Gussteilen.

Bis Ende des Jahres auf Kurs?

Im Vergleich zum älteren Triebwerk CFM 56 hat Leap rund doppelt so viele Hochdruck-Turbinenschaufeln, was die Arbeistbelastung für die Hersteller erhöht. Precision Castparts teilte dennoch mit, man erreiche die Produktionsziele bei den «meisten» Teilen für die Leap-Triebwerke, auch bei den Turbinenschaufeln. Betriebschef Al Power sagte, man habe genügend Kapazitäten, um die aktuellen vertraglichen Pflichten zu erfüllen und in Zukunft die Produktionsmenge zu erhöhen.

Arconic hat im Juli angekündigt, 100 Millionen Dollar zu investieren, um die Produktion in den Werken in Michigan and Tennessee zu steigern. So will das Unternehmen aus Pittsburgh der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. CFM teilte lediglich mit, man erwarte, mit den Leap-Auslieferungen bis Ende des Jahres wieder auf Kurs zu sein.

Bis Ende des Jahres auf Kurs?

Airbus hat aufgrund der Leap- und PW1100G-Lieferschwierigkeiten immer noch rund 70 Jets geparkt, nachdem es im Juni sogar 100 gewesen waren. Bei Boeing sind es etwa 50 Exemplare der 737, die vor den Werken auf dem Hof stehen.

Nach ersten Auslieferungen 2016 will CFM im Jahr 2020 schon jährlich 2000 Stück der Motoren ausliefern. Da die Nachfrage schon jetzt hoch ist und weiter steigt, hat das Programm so gut wie keinen Spielraum für weitere Probleme oder Kinderkrankheiten, ohne dass die Kunden dies massiv zu spüren bekommen. CFM produziert für A320 Neo, Boeing 737 Max und die chinesische C919 unterschiedliche Versionen von Leap, Leap-1A, Leap-1B und Leap-1C.