Was einst als Hilfe für abgelegene Regionen gedacht war, entwickelte sich zum handfesten Streitfall: Um die indigene Bevölkerung im Urwald besser versorgen zu können, kaufte die Regierung in Caracas vor mehr als zehn Jahren acht neue Dornier Do228 NG und zwei gebrauchte Do228. Kostenpunkt: rund 100 Millionen Euro. Zur Hälfte wurde die Summe im Voraus überwiesen. Doch anstatt der vereinbarten zehn Maschinen erhielt Venezuela lediglich drei – zwei gebrauchte und eine neue.
Seitdem pocht das Land auf eine Lösung. Erst verlangte es die Lieferung der restlichen Flugzeuge, später die Rückzahlung des bereits überwiesenen Betrags. Doch weder Ersatzteile noch Geld flossen. Inzwischen summiert sich die Forderung an Ruag laut der Zeitung Tages-Anzeiger auf mehr als 35 Millionen Euro, inklusive Zinsen und Entschädigungen für nicht erbrachte Leistungen.
Ehemaliger Ruag-Manager vertritt Venezuela
Neu eingeschaltet in den Konflikt ist nun Thomas K. Schilliger. Brisant: Er selbst war 2013 noch in leitender Funktion bei Ruag angestellt und hatte den Vertrag mit Venezuela mitunterzeichnet. Allerdings verließ er die Firma zwei Jahre später aus Protest gegen deren Geschäftspraktiken.
Im Auftrag der venezolanischen Beschaffungsbehörde Veximca soll er jetzt eine letzte gütliche Einigung erreichen. Gelingt das nicht, droht eine Klage vor Gericht. Er verlangt in einem Brief an die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Suter sowie den Ruag-Verwaltungsratspräsidenten Rainer Schulz, dass ein erstes Treffen noch im September verabredet wird.
Ruag verweist auf neuen Eigentümer der Do228
Venezuela beruft sich jedoch auf Vertragsklauseln, wonach Verpflichtungen nicht ohne Zustimmung beider Seiten übertragen werden dürfen. Diese Zustimmung sei nie erfolgt. Das Finanzdepartement von Bundespräsidentin Keller-Sutter erklärt, man werde auf das Schreiben antworten, doch seit dem Sommer liege die Zuständigkeit für Ruag International beim Verteidigungsdepartement. Schillinger kündigt an, dass auch dort bald ein Schreiben eingehen werde.
Zwischen Ruag und General Atomics tobt ein Streit