Die Österreichischen Bundesbahnen bauen das Nachtzugangebot aus: Der ehemalige Schweizer Bahn-Chef fordert ein neues Konzept für die Verbindungen.
Zug statt Flug

Sind Nachtzüge gar nicht so klimafreundlich?

Nachtzüge werden oft als klimafreundliche Alternative zu Flügen angesehen. Der ehemalige Chef der Schweizer Bundesbahnen sieht das anders und spricht sich gegen Subventionen für Nachtzüge aus.

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Der Begriff ist heute in aller Munde. Aufgekommen 2017 in Schweden, wurde er schon 2020 in den Duden aufgenommen: Flugscham. Der Begriff bezeichnet das Gefühl Flugreisender, die sich zwar über die klimaschädliche Effekte ihrer Reise bewusst sind, aber dennoch fliegen und sich dafür schämen.

Als deutlich umweltfreundlicher werden Bahnreisen angesehen. Gerade auf der Kurzstrecke bietet der Zug denn auch eine Alternative zu Flugreisen. In zahlreichen europäischen Ländern gibt es auch deshalb zunehmend weniger Kurzstreckenflüge. Teils weil sie von der Politik verboten wurden, wie etwa in Frankreich, teils weil es sich für Fluggesellschaften wirtschaftlich nicht lohnt, wenn es eine gute Bahnanbindung gibt.

ÖBB größte Anbieterin

Mit Zugstolz hat sich ein Gegenbegriff etabliert. Besonders Nachtzüge erleben mit der Rückkehr auf die Schiene ein Comeback. Der Verein Allianz pro Schiene zählt neben den Vorteilen Zeiteffizienz, Gepäckfreiheit auch, dass der Nachtzug im Vergleich zur Flugreise «gut dreißig Mal weniger CO2 ausstößt, als ein Flugzeug auf der gleichen Strecke».

Zwar hat die Deutsche Bahn 2016 ihre Nachtzugsparte aufgegeben, aber das Angebot wurde von den Österreichischen Bundesbahnen ÖBB übernommen und kräftig ausgebaut. Mittlerweile bieten sie mehr als 20 Verbindungen von, nach und durch Deutschland sowie in der Schweiz und Österreich an. Hinzu kommen die Nachtzüge verschiedener weiterer Anbieter.

Nachtzüge sind hochsubventioniert

Damit das Angebot wachsen kann, werden Nachtzüge staatlich subventioniert, unter anderem in Frankreich, Österreich, der Schweiz und Belgien. Allein das französische Verkehrsministerium soll jährlich rund zehn Millionen Euro zuschießen, bis das Angebot in zwei bis drei Jahren profitabel sein wird.

Doch nicht alle glauben, dass Nachtzüge wirklich immer die bessere Alternative sind. Kritik kommt nun auch aus unerwarteter Ecke - vom ehemaligen Chef der Schweizerischen Bundesbahnen SBB. In einem Interview mit der Zeitung Tages-Anzeiger plädiert Benedikt Weibel dafür, «keinen einzigen Subventionsfranken in einen Nachtzug» zu stecken.

Ex-Bahnchef Reform des Konzepts Nachtzug

Weibel argumentiert, dass Nachtzüge, wie der neueste Nightjet der ÖBB, mit 254 Plätzen in etwa die Größe eines größeren Flugzeugs haben. «Der Nachtzug fährt einmal in der Nacht, steht dann den ganzen Tag lang und fährt in der kommenden Nacht wieder zurück», so Weibel. Der Umweltvorteil sie da gering.

Laut dem Ex-Bahnchef muss das System Nachtzug reformiert werden. Es müsse wesentlich mehr Sitz- und Liegeplätze geben und zudem müssten die Züge so umgerüstet werden, dass sie auch tagsüber eingesetzt werden können, so Weibel. Die Bahn sei weiter ein Massentransportmittel.

Reform des Konzepts Nachtzug

Statt vermehrt auf subventionierte Nachtzüge zu setzen, spricht sich Weibel dafür aus, tagsüber größere Züge fahren zu lassen. «Die SBB überlegen jetzt, einen Direktzug von Basel nach London in fünf Stunden fahren zu lassen. Dieser hat 1000 Sitzplätze und kann vier Mal täglich fahren. Das bringt dem Klima etwas und benötigt keine Subvention», so der Ex-Bahnchef.

Die ÖBB wehren sich gegen die Kritik. Der neue Nightjet habe eine Kapazität von 254 Plätzen. «Ein Tagzug mit gleicher Länge hat etwa 420 Plätze, und nicht wie erwähnt 1000. Wir fahren den neuen Nightjet auch in Doppeltaktion an, zum Beispiel zwischen Nürnberg und Hamburg, damit verdoppelt sich hier die Kapazität», so ein Sprecher des österreichischen Bahnunternehmens. Der Nachtzug sei eine Nische, «aber oft eine beliebte Alternative».

«Klar nachweisbarer Effekt auf das Klima»

Es gebe nicht nur einen Hebel, um den Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel zu fördern. «Beim Nahverkehr geht es um den Ausbau der S-Bahn-Netze in den großen Metropolen, beim Tagesfernverkehr um Streckenausbauten und dichtere Intervalle auf den Hauptrouten», so der ÖBB-Sprecher. «Aber: Nachtzüge sind eine nachhaltige Alternative zu Kurzstreckenflügen. Gerade dort, wo aufgrund der Entfernung und vorhandenen Infrastruktur eine lange Reisezeit haben, gegeben ist, sind sie oft die einzige Alternative. Nachtzüge haben einen klar nachweisbaren Effekt auf das Klima, da sie eine Verlagerung von Flugzeugen, Autos oder Bussen auf den Zug bewirken.»

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