Ein neuer Untersuchungsbericht zum tödlichen Jeju-Air-Unglück im vergangenen Dezember trifft auf Kritik der Hinterbliebenen und der Cockpitcrew-Gewerkschaft. Die Veröffentlichung wurde vorerst abgesagt. Ein umstrittener Punkt sind Aussagen zur Abschaltung eines Triebwerkes.
Am 29. Dezember 2024 verunglückte am südkoreanischen Flughafen Muan eine Boeing 737-800 von Jeju Air. Das aus Bangkok kommende Flugzeug brach den ersten Landeversuch ab, startete durch, flog eine enge Rechtskurve, setzte von der anderen Seite kommend ohne Fahrwerk auf und raste quasi ungebremst die Piste entlang. Dann krachte der Jet in einen Erdwall mit Betonfundament, auf dem sich Antennen des Instrumentenlandesystems befanden. Der Jet brach entzwei und fing Feuer. 179 von 181 Menschen an Bord starben.
Ein erster Zwischenbericht von Ende Januar 2025 zeigte, dass Schwanengänse beide Triebwerke der Boeing 737 mit dem Kennzeichen HL8088 getroffen hatten. Die Ermittler fanden in den Motoren Blut und Federn der Vögel, die rund 80 bis 95 Zentimeter groß sind und zwischen 2,8 und 3,5 Kilogramm wiegen. Der Kontrollturm von Muan hatte die Besatzung von Jeju-Air-Flug 2216 rund zwei Minuten zuvor vor Vogelschwärmen gewarnt.
An diesem Wochenende (19./20. Juli 2025) sollte nun ein neuer Zwischenbericht erscheinen. Doch darum gibt es jetzt Ärger. Am Samstag wurden zunächst die Familien der Absturzopfer vor der geplanten Veröffentlichung über den Bericht informiert, lehnten diesen jedoch ab. Der Bericht scheine den Piloten die Schuld zuzuweisen, ohne andere beitragende Faktoren zu untersuchen, erklärten die Anwälte der Opferfamilien. Die Veröffentlichung wurde abgesagt.
Laut einer Quelle der Nachrichtenagentur Reuters liefert der Bericht Beweise dafür, dass die Piloten nach einem Vogelschlag das weniger beschädigte Triebwerk abgeschaltet haben. «Das Untersuchungsteam verfügt über eindeutige Beweise und Backup-Daten, daher wird sich an seinem Ergebnis nichts ändern», sagte die mit den Ermittlungen vertraute Quelle.
Eine Regierungsquelle sagte, Untersuchungen der geborgenen Triebwerke hätten zudem ergeben, dass vor dem Vogelschlag und dem Absturz keine Defekte vorhanden waren. Auch eine dritte Reuters-Quelle erklärte, die Hinterbliebenen seien über Indizien dafür informiert worden, dass die Piloten das weniger beschädigte linke Triebwerk abgestellt hätten.
Die Cockpitcrew-Gewerkschaft wirft den Ermittlern vor, die Öffentlichkeit irrezuführen, indem sie suggerierten, mit dem linken Triebwerk habe es kein Problem gegeben. Dabei gebe es keine Belege dafür, dass eine sichere Landung bei nur mit dem linken Triebwerk - bei Abschaltung des rechten - möglich gewesen wäre. Piloten würden so zu Sündenböcken.
Eine Vertretung der Hinterbliebenen erklärte, einige Formulierungen zur Unfallursache in der geplanten Pressemitteilung der Ermittler könnten so interpretiert werden, als gebe es schon eine endgültige Schlussfolgerung. Dabei müssten erst alle Fakten geklärt werden.