Das Unglück von Azerbaijan Airlines im Dezember 2024 wirft immer noch viele Fragen auf. Nun sind in Aserbaidschan neue Informationen aufgetaucht, die direkt von der Flugabwehr aus Russland stammen sollen.
Zuerst gab es Spekulationen über einen möglichen Vogelschlag. Doch dann zeigten Bilder der am 25. Dezember 2024 verunglückten Embraer E190 von Azerbaijan Airlines Löcher im Höhenleitwerk und Rumpf des Jets, die eher auf Beschuss von Flug J2-8243 hindeuteten.
In dem Flugzeug, das auf dem Weg von Baku in Aserbaidschan nach Grozny in Russland war, starben bei einer versuchten Notlandung im kasachischen Aktau 38 Menschen. Drei Tage später sagte der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew: «Wir können mit absoluter Klarheit sagen, dass das Flugzeug von Russland abgeschossen wurde.» Man sage allerdings nicht, dass dies absichtlich geschehen sei. Russlands Regierung erklärte, nahe Grozny seien Luftabwehrsysteme aktiv gewesen, um ukrainische Drohnenangriffe abzuwehren.
Nun hat das aserbaidschanische Nachrichtenportal Minval anonym Material zugespielt bekommen, das doch auf einen angeordneten Abschuss hindeutet. Es handelt sich um einen handgeschriebenen Brief sowie Video- und Audioaufnahmen, die unter anderem den schlechten technischen Zustand der russischen Kommunikationsausrüstung belegen sollen. Die Echtheit konnte das Portal allerdings nicht verifizieren. Es veröffentlicht nur einen Teil davon, während die Behörden das ganze Material untersuchen sollen.
In dem Brief heißt es, er stamme vom diensthabenden Luftabwehroffizier in Grozny - und der sei laut Minval direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt gewesen. Im Brief des Offiziers heißt es dem Bericht zufolge: «Um 08:11 Uhr entdeckte die Zielerfassungsstation ein potenzielles Ziel.» Dies habe er gemeldet und telefonisch - da andere Kommunikationsmittel nicht funktioniert hätten - «den Befehl zur Zielzerstörung» erhalten. Sichtbar sei das Ziel aufgrund sehr dichten Nebels nicht gewesen. «Um 08:13:30 gab ich dem Operator den Befehl zur Zerstörung», heißt es weiter. «Um 08:13:33 verließ die Rakete die Führung.» Doch diese erste Rakete habe das Ziel verfehlt. «Um 08:13:48 gab ich den Befehl, erneut zu feuern.»
Die Audioaufzeichnungen halte man für echt, so Minval. Zu hören seien drei Sprecher, die alle von zwei Raketen sprechen und davon, dass das Ziel von Raketensplittern getroffen worden sei. Allerdings war ihnen wohl nicht klar, was dieses Ziel war.
Im Februar hatte die kasachische Kommission zur Untersuchung von Luftfahrtunfällen einen ersten Zwischenbericht zu dem Unglück veröffentlicht. Auch darin war von zwei Explosionen die Rede, hier mit Angaben in koordinierter Weltzeit, die drei Stunden von der Ortszeit in Grozny abweichen: Um 05:13:31 Uhr zeichnete der Stimmenrekorder einen Knall auf, um 05:13:56 Uhr folgte ein weiterer. Um 05:14:58 fragte der Kapitän die Kabinencrew, was geschehen sei. Eine Flugbegleiterin sagte, zwei Sitze seien explodiert.
Die Veröffentlichung von Minval kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Beziehungen zwischen Russland und Aserbaidschan eh schon sehr angespannt sind. Grund ist der Tod eines aserbaidschanischen Brüderpaars in russischem Polizeigewahrsam. Als Reaktion sagte die Regierung in Baku Kulturveranstaltungen mit russischer Beteiligung ab, ließ Mitarbeitende der Nachrichtenseite Sputnik-Azerbaijan ebenso festnehmen wie acht russischstämmige Männer, denen Drogenschmuggel und Cyberkriminalität vorgeworfen wird. Als Reaktion bestellt die Regierung in Moskau den aserbaidschanischen Botschafter ein.