Letzte Aktualisierung: um 11:25 Uhr

Puerto Real

Der Kampf einer Stadt um ihr Airbus-Werk

Das Werk Puerto Real hat mehrfach zu kämpfen. Es produzierte größtenteils für den Airbus A380, dann kam die Corona-Krise. Jetzt steht es vor der Schließung. Doch die Stadt wehrt sich.

Denkt man an spanische Küstenstädte, kommt einem zunächst der Tourismus in denn Sinn. Doch Puerto Real, das in der Bucht von Cádiz und zwölf Kilometer von der andalusischen Stadt gleichen Namens entfernt liegt, ist für etwas anderes bekannt: für Industrie und Widerstand.

Trotz der vier Strände und zwei Naturparks der Stadt mit 42.000 Einwohnern Stadt ist der wichtigste Wirtschatszweig die Industrie, genauer gesagt: Die Schiffswerft des spanischen staatlichen Unternehmens Navantia und die Luftfahrtindustrie um das Airbus-Werk.

Wiederholt sich die Geschichte?

Bis 2007 saß in Puerto Real auch eine Fabrik von Delphi Automotive Systems. Der Autoersatzteile-Hersteller aus Michigan heißt heute Aptiv. Die Verlegung der Produktion nach Polen bedeutete den Verlust von 2900 Arbeitsstellen. Demonstrationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter blieben erfolglos.

Heute, 14 Jahre später, droht Puerto Real und den Arbeitnehmenden ein weiterer Schlag: die Schließung des Airbus-Werkes. Der europäische Luftfahrtriese beschäftigt 470 Menschen vor Ort, weitere 1700 Mitarbeiter der Zulieferer bangen auch um ihre Jobs.

Jeder Dritte ist schon jetzt arbeitslos

Seit 2019 ist die Arbeitslosenzahl in Puerto Real von 27 Prozent auf fast 34 Prozent gestiegen. Die Lage in der Provinz Cádiz ist nicht viel besser. Im ersten Quartal 2021 lag die Arbeitslosenrate bei 27 Prozent. Die Wirtschaftsflaute ist nicht nur auf Covid-19 zurückzuführen. Da das Airbus Werk in Puerto Real hauptsächlich Teile des Airbus A380 baute, war die Produktion bereits dem Superjumbo-Aus um 30 Prozent gesunken.

 

Das Airbus-Werk in Puerto Real war 1988 als Fabrik von Construcciones Aeronáuticas Casa eröffnet worden. Die Anlagen des damals staatlichen Luftfahrtunternehmens im benachbarten Cádiz waren zu klein für die Produktion von Teilen der McDonnell Douglas MD-11 geworden. 1998 wurde das Werk erweitert. Als der europäische Konzern EADS im Jahr 2000 gegründet wurde, integrierte sich Casa in den europäischen Konzern.

Idealer Standort mit Hafen

Die Airbus-Fabrik in Puerto Real spezialisierte sich auf den Bau großer Teile von Verkehrsflugzeugen. Die Höhenleitwerke des A380 wurden jahrelang hier zusammengebaut und getestet. Teile der Höhenleitwerke der A350 und der A330, sowie die Höhenruder der A320-Familie wurden ebenfalls am Standort produziert.

Eine der Stärken der Fabrik ist ihre Nähe zum Hafen von Puerto Real. Von dort aus können große Flugzeugteile nach Toulouse oder zu anderen Airbus-Werken per Schiff transportiert werden.

Umstrukturierungspläne von Airbus in Spanien

Doch das reichte nicht aus. Im Rahmen der Umstrukturierungspläne wegen der Coronakrise musste Airbus die Entlassung von etwa 1600 Arbeitnehmenden oder fast 13 Prozent der Belegschaft in Spanien verkünden. Darunter auch 151 Arbeiter des Werkes in Puerto Real.

Die Betroffenen hegen den Verdacht, dass die Produktion des Werkes zur Fabrik in El Puerto de Santa María verlegt wird. Bisher war diese Anlage auf die Bereiche Verteidigung und Raumfahrt ausgelegt. Der Arbeitgeberverband von Cádiz meint: «Das Werk in Puerto Real ist nicht veraltet, seine technologischen Kapazitäten sind genügend und ihre Belegschaft ist gut geschult».

Verhandlungen über Lösungen

Spanien ist mit einem Anteil von 4,1 Prozent an Airbus beteiligt. Bevor der Konzern seine Absichten über das Werk in Puerto Real ankündigte, bestellte die spanische Regierung 44 Hubschrauber und vier Militärflugzeuge bei Airbus. Gleichzeitig bat sie direkte Staatshilfe über 185 Millionen Euro und zusätzliche Subventionen und Kredite über 700 Millionen für die spanische Luftfahrtindustrie an.

Wirklich entscheiden ist denn auch noch nichts. Ende April erklärte Airbus-Chef Guillaume Faury, dass das Luftfahrtunternehmen gerade mit der spanischen Regierung und den Gewerkschaften über eine Lösung für das Werk in Puerto Real verhandelt.

Unterstützung vom Fußballklub

Währenddessen demonstriert die Belegschaft aller Airbus-Werke in Spanien weiter gegen die voraussichtliche Schließung in Puerto Real. Sie werden auch von den Stadträten in Puerto Real und Cádiz, der regionalen Regierung Andalusiens, dem spanischen Parlament unterstützt. Sogar der Fussballverein Cádiz macht mit.