Letzte Aktualisierung: um 16:34 Uhr

Kürzungen

Deutsche Piloten wütend über Ryanairs Machtposition

Ryanairs deutsche Piloten sollen Gehaltskürzungen bis 2024 zustimmen. Den Gewerkschaften fehlen in der Corona-Krise oft Machtmittel, um sich durchzusetzen.

Fluggesellschaften weltweit bauen Personal ab oder verhandeln mit ihren Mitarbeitern über niedrigere Löhne. Dabei ist es von außen schwierig zu beurteilen, welche Maßnahmen aufgrund der Corona-Krise wirklich unerlässlich sind und welche Kürzungen eine Airline womöglich schon lange geplant hatte, bisher aber nie durchsetzen konnte.

Sicher ist: Gewerkschaften und Tarifkommissionen haben derzeit einen schweren Stand in den Verhandlungen. Deutlich wird das am Beispiel von Ryanair, die ihre Piloten in Deutschland über die Tochter Malta Air beschäftigt. Am Dienstag (14. Juli) informierte die Tarifkommission bei der Vereinigung Cockpit ihre Kolleginnen und Kollegen.

«Machtposition maximal ausnutzen»

In dem Schreiben, das aeroTELEGRAPH vorliegt, heißt es: «In diesen Verhandlungen wurde klar, dass der Arbeitgeber seine Machtposition maximal ausnutzen würde, um unsere Arbeitsbedingungen nachhaltig zu verschlechtern.» Er habe versucht, für vier Jahre Kosten zu drücken und Effizienz zu steigern. «Das Druckmittel des Arbeitgebers bestand in der Androhung, möglicherweise mehr als 170 der in Deutschland stationierten Piloten zu entlassen.»

Die Tarifkommission hält ernüchtert fest: «Wir hatten aufgrund nicht vorhandener Machtoptionen (kein Flugbetrieb, keine Streiks) faktisch keine Möglichkeit, uns dieser Androhung zu erwehren.» Sie berichtet zudem über «unerträglich ausgeübten Zeitdruck».

Weniger Gehalt bis 2024

Bei den Verhandlungen ging es um eine «Notfallvereinbarung als Reaktion auf die Covid-19 Krise» und in diesem Zuge um einen Tarifvertrag zur Kurzarbeit bis mindestens März 2021. Die Piloten müssen nun über die Verhandlungsergebnisse abstimmen, mit denen sich die Tarifkommission selber so unzufrieden zeigt.

Darin festgehalten ist etwa eine Gehaltsreduzierung um 20 Prozent bis Ende Juni 2022, um 14 Prozent bis Ende Juni 2023 und um 8 Prozent bis Ende Juni 2024. «Dies gilt, während einer arbeitgeberseitig angeordneten Kurzarbeit/Teilzeit für tatsächlich vom Arbeitgeber in Anspruch genommene Arbeitsleistung», heißt es. Es folgen etliche weitere Punkte.

Lauda schließt Basis Stuttgart

Unterm Strich sagte ein Pilot gegenüber aeroTELEGRAPH: «Schlechter geht es wohl kaum.» Zumindest konnte die Tarifkommission einen Kündigungsschutz aushandeln, den es zuvor nicht gab. «Kündigungsschutz bis 31. März 2021 für jeden, der ab Juli 2020 von Kurzarbeit betroffen ist/war», ist in einer Tabelle des Schreibens aufgeführt.

Ryanair-Tochter Lauda hat derweil die Schließung des Standortes Stuttgart angekündigt. Zuvor hatte die Mehrheit der Kapitäne ein Papier abgelehnt, durch das laut der Gewerkschaft Verdi die Mitarbeiter in der Kabine rund 20 Prozent weniger verdient hätten und im Cockpit etwa 30 Prozent weniger.

Drohung gegen Nein-Sager in Düsseldorf

Laudas Basis in Düsseldorf bleibt dagegen bestehen, nachdem dort die Mehrheit des Personals den Sparmaßnahmen zugestimmt hatte. Denjenigen, die Nein gesagt haben, droht die Airline dagegen mit einer Entlassung zum Ende des Monats, sollten sie ihre Meinung nicht ändern. Das geht aus einem Schreiben hervor, das aeroTELEGRAPH vorliegt.

Lauda argumentiert darin unter anderem, man müsse die Kosten dringend senken aufgrund der Belastungen durch die Corona-Krise und aufgrund der Konkurrenz des nun staatlich unterstützen Lufthansa-Konzerns. Auf eine Bitte um Stellungnahme zu den Verhandlungen bei Lauda und Malta Air antwortete Ryanair bis zum Erscheinen dieses Artikels nicht.