Letzte Aktualisierung: um 20:22 Uhr

Wasserstoff-Labor

Rentner-A320 von Lufthansa bekommt neuen Job

Vor zwei Jahren legte Lufthansa den Airbus A320 mit dem Kennzeichen D-AIQF still. Jetzt hat er einen neuen Job - einen überaus wichtigen. Er wird zum Versuchslabor für den Umgang mit Wasserstoff.

Er wurde ein Opfer der Corona-Krise – und seines Alters: Im März 2020 legte Lufthansa den Airbus A320 mit dem Kennzeichen D-AIQF still. Im Oktober 2021 flog die Airline ihn dann zur langfristigen Einlagerung nach Teruel. Dort stand er ohne Hoffnung auf eine Rückkehr.

Denn der Flieger ist bereits über 30 Jahre alt. Im Oktober 1991 hatte Lufthansa den A320 mit der Seriennummer 216 direkt von Airbus übernommen und ihn damals auf den Namen Halle a. d. Saale getauft. Im August 2014 wurde er zur Tochter Germanwings verschoben, bevor er im April 2017 zu Lufthansa zurückkehrte. Drei Jahre später wurde er endgültig aussortiert.

Umbau in den kommende Wochen

Nun bekommt der Rentner überraschend doch noch einen neuen Job.  Am 7. Juli verließ er Teruel und flog nach Hamburg. Dort wurde er in einen Hangar von Lufthansa Technik gerollt. In den kommenden Monaten wird er umgebaut. Er bekommt eine Wasserstoff-Infrastruktur, um danach als voll funktionsfähiges Reallabor zu dienen.

Fliegen wird der A320 nicht mit dem alternativen Treibstoff. Lufthansa Technik, das ZAL Zentrum für Angewandte Luftfahrtforschung sowie der Flughafen Hamburg wollen mit ihm Wartungs- und Abfertigungsprozesse bei der Anwendung der Wasserstofftechnologie erproben. Dabei geht es um ganz zentrale Fragen. So etwa die Betankung.

Betankung dauert heute viel zu lange

Mit der heutigen Technologie könne die Wasserstoff-Betankung eines Langstreckenflugzeugs unter Umständen so lange dauern wie ein Flug von Europa in die USA, so ein Sprecher von Lufthansa Technik gegenüber aeroTELEGRAPH. Man wolle mit der ehemaligen D-AIQF Wege finden, um die Tankzeiten zu verkürzen.


Die blau­en Pfei­le skiz­zie­ren po­ten­zi­el­le An­wen­dungs­fel­der im Flug­zeug: So könn­ten zu­künf­tig zum Bei­spiel die Sa­tel­li­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on so­wie Bordküchen, Ka­bi­nen- oder Unterhaltungssys­te­me mit Elek­tri­zi­tät aus ei­ner Brenn­stoff­zel­le be­trie­ben wer­den. Grafik: DLR

Dabei geht es sowohl darum, den Prozess der Anlieferung des Wasserstoffs als auch des Wiegens zu optimieren. Ebenso wollen die drei Partner herausfinden, wie man die Infrastruktur anpassen muss, etwa in Bezug auf die Tankstutzen jeweils bei externem Speicher, Tankwagen und Flugzeug.

Aufpassen, damit Teile und Systeme nicht vereisen

Damit nicht genug. Mit dem ehemaligen Lufthansa-Flieger wollen die Experten auch prüfen, wie man den Wasserstoff in flüssiger Form am Flughafen effizient speichern kann. Dazu braucht es sogenannte Kryotanks, in denen er auf minus 250 Grad Celsius abgekühlt wird.

Sie wollen aber auch sicherzustellen, dass sich etwa in einem in der prallen Sonne stehenden Flugzeug der Wasserstoff-Tank nicht zu sehr aufheizt. «Auch muss sichergestellt werden, dass Komponenten und Systeme des Flugzeuges nicht vereisen», so der Sprecher. Auch wollen sie Lösungen finden, um das Personal am Boden zu schätzen. Braucht es neue No-Step- oder No-Grab-Bereiche oder spezielle Schutzkleidung für das Wartungspersonal?

Vor Explosionen schützen

Aber es geht auch um Risikominimierung. Denn Wasserstoff ist brennbar. «Wie stellen wir sicher, dass sich im Flugzeug oder am Boden gelagerter Wasserstoff nicht entzündet?», so der Sprecher von Lufthansa Technik. Es brauche vor allem für Wartung, Reparatur und Überholung von Wasserstoffkomponenten geeignete Verfahren. Nur so könne man das in Zukunft sicher tun.

Die drei Partner wollen mit ihren Tests ganz bewusst andere Bereiche erforschen als etwa Airbus. Der europäische Flugzeugbauer forscht bereits an einem Wasserstoffflugzeug, das ab 2035 fliegen soll. «Wir haben bewusst einen anderen Forschungsschwerpunkt gewählt», erklärt der Sprecher. Man schaue sich die Sicht der Abfertigungs- und Wartungsunternehmen an.

Fliegen nein, rollen ja

Fliegen kann der A320 zwar nicht mehr. Dennoch bleibt er noch mobil. «Wir wollen ihn beispielsweise vom Gelände der Lufthansa Technik auf das Gelände des Flughafens Hamburg schleppen können, um dort Bodenprozesse zu testen», so der Sprecher.