Letzte Aktualisierung: um 8:52 Uhr

Zwischenfall bei Cargolux

Im Frachtraum herrschte hohe Explosionsgefahr

Für die Crew einer Boeing 747 von Cargolux wurde es auf einem Flug brenzlig. Ein Hubschrauber im Frachtraum verlor Treibstoff. Der Behördenbericht deckt Mängel auf.

Für die Piloten schien nach der Landung noch alles in bester Ordnung zu sein. Auf dem Weg von Houston nach Luxemburg legten sie im März 2017 im englischen Prestwick einen Zwischenstop ein. Erst beim Abstellen der Triebwerke der Boeing 747-8 F offenbarten sich der dreiköpfigen Besatzung von Cargolux erste Anzeichen, dass etwas nicht stimmte, heißt es im neuesten Bericht des britischen Aircraft Accident Investigation Branch AAIB.

Im Cockpit des Jumbo-Jets mit dem Kennzeichen LX-VCF machte sich schnell ein Kerosingeruch breit. Ein ins Flugzeug kommender Abfertigungsmitarbeiter hörte zudem plätschernde Geräusche aus dem Frachtraum. Der Angestellte entdeckte schnell, dass ein im Hauptdeck verzurrter Hubschrauber Treibstoff verlor. Nachdem die Piloten Gewissheit über die gefährliche Situation hatten, stellten sie alle Systeme des Flugzeugs ab.

Treibstoff lief bereits aufs Vorfeld

Bevor sie sich selber in Sicherheit brachten, öffneten sie vorsorglich eine Tür samt Notausstiegsluke im Oberdeck. So konnte die Boeing 747 belüftet werden und ein Teil der gefährlichen Kerosindämpfe nach außen gelangen. Wie die heran eilenden Feuerwehrleute später berichtet, konnten sie vor ihrer Ankunft bereits erkennen, dass nahe des Hauptfahrwerks des Frachters Treibstoff auf das Vorfeld tropfte.

Sofortige Messungen nach der Ankunft zeigten, dass der Dampf des Kerosins bereits entzündlich war und eine hohe Explosionsgefahr für alle Beteiligten bestand. Insgesamt 332 Liter des Kraftstoffes entwichen aus dem Hubschrauber. Als die Ermittler kurze Zeit später ihre Untersuchungen begannen, fanden sie die Frachtpalette samt Gurte, welche die undichte Fracht festhielten, noch immer in Kerosin getränkt.

Unzureichende Organisation

Die britische Untersuchungsbehörde AAIB wertet diesen Vorfall als ernsten Zwischenfall. Schnell ging sie der Frage nach, warum der Hubschrauber beim Transport noch immer betankt war – laut Vorschrift des Weltluftfahrtverbandes Iata ist dies klar verboten. Laut Bericht war zwischen dem Verkäufer und dem beauftragten Spediteur nicht genau geklärt, wer genau für welche Aufgaben des Transports zuständig ist.

Dementsprechend sahen sich beide Seiten nicht dafür zuständig, sich um das Entleeren des Hubschraubertanks zu kümmern. Fehlerhafte Angaben über die Frachtart führten weiterhin zu Unklarheiten über den Zustand des Helikopters. Eingebundene Mitarbeiter waren sich teilweise nicht darüber im Klaren, dass sich unter der Schutzfolie ein noch funktionsfähiger Hubschrauber samt dem möglich vorhandenen Gefahrenstoff verbirgt.

Erste Anzeichen übersehen

Die Untersuchungsbehörde zeigt aber auch ein anderes Versäumnis auf, bei welchem die gefüllten Treibstoff Tank ins Auge hätten fallen müssen. Drei Tage vor dem Vorfall fiel in Houston beim Beladen bereits auf, dass aus der gebrauchten Bell 212 Treibstoff lief. Nach einer kurzen und unzureichenden Inspektion, bei welcher der Hubschrauber in der Schutzfolie eingepackt blieb, wurden Kerosinreste in den Leitungen als Ursache erkannt. Ohne einen Rundgang oder andere nötige Maßnahmen vorzunehmen, gab der vom Spediteur angeheuerte Techniker grünes Licht für einen späteren Flug.

Warum das Kerosin austrat, bleibt nicht eindeutig geklärt. Nachkontrollen des Hubschraubers zeigten keine Schäden oder Defekte. Eine abgetrennte Batterie schließt ein Eigenleben der Kraftstoffpumpen aus. Die Ermittler vermuten, dass sich die eng an die Treibstoffventile schmiegende Schutzfolie während des Reisefluges für einen Saugeffekt sorgte, der das Kerosin aus dem Tank auslaufen ließ.

Aufwändige Reparaturen

Die fünf Jahre alte Boeing 747-8F von Cargolux musste mit hohem Aufwand wieder flugfähig gemacht werden. Nachdem sich die gefährliche Flüssigkeit im Frachtraum breit gemacht hat, galt es für die Techniker Boden und Verkleidung auszubauen und gründlich zu reinigen. Kontaminierte Dämmelemente wurden komplett ausgetauscht, auch die beschädigte Flugelektronik musste wieder mühevoll in den alten Zustand gebracht werden.

Weniger als zwei Wochen nach dem Zwischenfall konnte der Vierstrahler dennoch wieder zu der Basis nach Luxemburg zurückkehren. Bevor das Flugzeug wieder endgültig lufttüchtig gelten und seinen Dienst antreten durfte, standen dort noch weitere Reparaturen an.