Letzte Aktualisierung: um 18:22 Uhr

«Marke Lufthansa geschwächt»

Der Airlineunternehmer Hans Rudolf Wöhrl im Interview über die neue Germanwings, die Allianz von Lufthansa und Turkish und seine Pläne mit Intersky.

Andere setzen sich mit 65 Jahren zur Ruhe. Hans Rudolf Wöhrl schmiedet nochmals ganz neue Pläne. Der Spross einer süddeutschen Textilhandelsdynastie sanierte in den Neunzigerjahren zuerst DBA und später auch die LTU, um sie am Ende mit viel Gewinn an Air Berlin zu verkaufen. Vom Fliegen ließ der Hobbypilot nie. Er berät heute mit seiner Intro Group Fluggesellschaften. 2011 gründete er zudem die Charterairline Flynext, die er wenig später an Germania verkaufte. Und seit kurzem ist er bei der Bodensee-Fluglinie Intersky investiert. aeroTELEGRAPH sprach exklusiv mit ihm über die Luftfahrtbranche und seine Ideen.

Sie sind bekannt als begnadeter Sanierer von Fluggesellschaften. Welche Note würden Sie bislang dem Lufthansa-Management bei der Umsetzung des Sparkurses geben?
Hans Rudolf Wöhrl: Sparen ist so lange gut, wie es der Kunde nicht auf unangenehme Art und Weise bemerkt. Doch genau das ist bei Lufthansa der Fall. So könnte am Ende das herauskommen, was man bei vielen solcher Umbauten erlebt. Wir haben einen Euro ausgegeben und dafür 50 Cent gespart. Viele interne Maßnahmen hingegen waren und sind überfällig. Ich hoffe im Interesse dieser Airline, dass auch diese, für den Kunden nicht sichtbaren Einsparungen, konsequent umgesetzt werden.

Und wie beurteilen Sie den Schritt zur Stärkung von Germanwings?
Wöhrl: Selten enttäuschte mich ein so groß angekündigtes Programm hinsichtlich seiner Einfallslosigkeit derart. Da wollte man irgendetwas neu machen, hat aber die alten Zutaten verwendet und am Ende ein Produkt geschaffen, welches in meinen Augen die Marke Lufthansa schwächt, ohne wirklich alleinstehend eine großartige Zukunft zu haben.

Germanwings war bis anhin ein klarer Billigflieger, nun wird er Mix aus Netzwerkcarrier und Lowcost-Anbieter. Kann das gut gehen?
Wöhrl: Genau das ist es, was ich meinte. Ob es gut gehen kann ist schwer zu beantworten, Germanwings hat ja auf vielen Strecken eine Alleinstellung, kann schon sein, dass es daher klappt. Ich hätte mir nur etwas mehr Mut gewünscht!

Gleichzeitig verhandelt Lufthansa mit Turkish Airlines über eine weitreichende Allianz. Ist das ein Zeichen von Schwäche oder von cleverem Vorausdenken?
Wöhrl: Ich sah in diesen Allianzen noch große Heilsbringer und insofern weiß ich nicht so recht, was Turkish Airlines damit erreichen will. Anders bei Lufthansa. Da versucht man nach bewährtem Schema einen gewissen Einfluss auf einen guten, erfolgreichen Emporkömmling zu nehmen. Getreu dem Motto: «If you can’t beat him, join him!»

Die Allianz wird auch als Abwehr der Golfairlines verstanden, allen voran Emirates. Sind die überhaupt noch aufzuhalten?
Wöhrl: Es ist nichts für die Ewigkeit, was von Menschenhand geschaffen wurde. So wird auch irgendwann den Golfgesellschaften ein kalter Wind um die Nase blasen. Dass dies allerdings durch einen europäischen Konkurrenten geschehen wird, halte ich für nahezu ausgeschlossen. In den nächsten Jahren aber wird sich der Siegeszug von Emirates & Co. fortsetzen. Ich gehe fest davon aus, dass dies manche große Gesellschaft noch in gewaltige Turbulenzen bringen wird.

Sie selbst sanierten früher Airlines wie LTU oder Deutsche BA. Warum stiegen Sie Anfang des Jahres bei der viel kleineren Intersky ein?
Wöhrl: Das Sanieren von Airlines ist seit 1992 das tägliche Geschäft meiner Intro Aviation. Hin und wieder beteiligen wir uns auch an diesen, ganz wie es in der jeweiligen Situation am besten scheint. Zur Zeit sind wir in nicht weniger als acht Projekten engagiert, wobei wir die Neupositionierung der Intersky als sehr interessant betrachten. Dies nicht wegen ihrer Größe, sondern weil ich ganz persönlich an eine Zukunft des Regionalverkehrs glaube. Mal sehen, was daraus wird!

Intersky baute in den letzten Monaten aus, der große Wachstumssprung blieb aber aus. Liegt da einfach nicht mehr drin?
Wöhrl: Moment einmal, Journalisten sind etwas zu ungeduldig. Wir nahmen die Intersky vor gerade mal zehn Monaten in unser Portfolio auf. In dieser Zeit führten wir sie aus dem wirtschaftlichen Tief heraus und werden voraussichtlich in diesem Jahr sogar mit einem hauchdünnen Gewinn aussteigen. Das alleine wäre schon mehr als jeder Insider erwartet hat. Doch damit nicht genug. In den ersten Januartagen kommt unsere erste, brandneue ATR 72–600 und nur drei Monate später folgt die zweite Maschine des Typs. Damit sanierten wir in einem Jahr die Airline nicht nur, sondern verdoppelten sie auch vom Volumen her. Nennen Sie mir bitte eine andere Gesellschaft, die ähnlich agil zu Werke ging!

Sie fliegen neu ab Altenrhein. Sehen Sie von diesem Flughafen aus noch mehr Potenzial oder von anderen, bisher nicht bedienten?
Wöhrl: Der Slogan unserer Partnerin Renate Moser war immer: «Wir beflügeln den Bodensee!» Altenrhein liegt nun mal in dieser Region und es ist naheliegend, dass wir uns auch mit diesem südlichen Teil des Sees befassen. Allerdings handelt es sich bei dem ersten Schritt im Sommerflugplan um eine Verbindung nach Elba. Dort sind wir ja bekanntlich der Homecarrier und bedienen einen für uns in der flauen Ferienzeit interessanten Urlaubsmarkt.

Sie erweitern die Flotte mit ATR 72. Könnten Sie sich auch vorstellen, einmal größere Flieger anzuschaffen?
Wöhrl: Ich kann mir alles vorstellen, aber meine Erfahrung sagt mir, dass es nicht sinnvoll ist, in einem Unternehmen eine zu große Spreizung der Flugzeuggröße anzustreben. Regionalverkehr ist für mich ein Markt, der mit Flugzeugen zwischen 50 und 99 Sitzen bedient werden sollte. Wenn diese Kapazität im Einzelfall einmal nicht ausreicht, dann ist es besser, die Frequenzen zu erhöhen, als größere Flugzeuge einzusetzen. Wichtig ist in einem Luftfahrtunternehmen die Homogenität und die ist nicht mehr gegeben, wenn man meint, neben einer Dash 8–300 mit 50 Plätzen auch noch mit ein paar Boeing B737 herumfliegen zu müssen.

Bei der Übernahme gaben Sie bekannt, Intersky werde zur Plattform, in die man weitere Airlines integrieren könne. Haben Sie da schon konkrete Pläne?
Wöhrl: Diese Aussage hat weniger etwas mit der Intersky, als mit dem Tätigkeitsfeld der Intro–Consulting zu tun. Im Rahmen unserer beratenden Tätigkeit stellen wir den Kunden ja nicht nur superschlaue Theoretiker zur Seite, sondern helfen bei der praktischen Lösung von operationellen Problemen. Dazu braucht man Leute, die wissen, wovon sie reden und deren die benötigten Fachkenntnisse tägliche Arbeit sind. Daher ist es für uns sehr hilfreich, ein so gut organisiertes Unternehmen wie die Intersky mit ihren vielen sehr hoch qualifizierten Mitarbeitern im Verbund zu wissen.

Welche Art von Airlines würde Sie denn allgemein interessieren?
Wöhrl: Aktuell haben wir schon seit fast zwei Jahren ein Projekt in der Karibik am köcheln. Aber dort geht es nicht so schnell voran, wie wir es gewohnt sind. Allerdings würde gerade in den Wintermonaten nicht nur mancher unserer Mitarbeiter gerne einmal ein paar Wochen der Kälte entfliehen, sondern auch ich!

Sie sagten einmal, Sie würden sich es anschauen, wenn man Ihnen Condor anböte. Gab es da inzwischen schon Gespräche?
Wöhrl: Da ich Airliner bin, reizt mich natürlich der aktive Betrieb ganz besonders. Das ist auch der Grund, warum ich weder bei der DBA noch der LTU die Absicht hatte, diese zu verkaufen. Mein Traum war es, diese beiden Unternehmen unter einem Dach aufzustellen. DBA für die kurzen Strecken, LTU für die Langstrecke. Das hätte gut funktioniert, was der einzige, gemeinsame Flugplan den es gab, überdeutlich bewies. Leider waren die gewerkschaftlichen Widerstände bei der LTU so stark, dass meine drei Partner bei der DBA bald nichts mehr von einer Fusion wissen wollten. Da die DBA alleine aber zu klein war, entschied man sich dann für den Verkauf an Air Berlin. Als mir Achim Hunold kurze Zeit später anbot, auch die LTU zu übernehmen, wollte ich das einfach nicht glauben. Er hätte wissen müssen, dass man sich an deren Personalvertretern die Zähne ausbeißt.

Was würden Sie denn mit Condor machen?
Wöhrl: Sie gemeinsam mit Herrn Ralf Teckentrup, frei von der Einflussnahme eines Großkonzerns, weiterführen.