Val Miftakhov, Chef von Zero Avia, und eine Dornier 228 mit ZA600 bei einem Testflug 2023.

Val Miftakhov, Zero Avia«In 15 Jahren werden wir Triebwerke an Flugzeugen von der Größe eines Airbus A320 oder einer Boeing 737 haben»

Val Miftakhov will mit wasserstoffelektrischen Antrieben die Luftfahrt revolutionieren. Im Interview spricht der Chef von Zero Avia über die größten Herausforderungen, seine 10- und 15-Jahres-Ziele sowie das EU-Land, das für das Unternehmen derzeit am interessantesten ist.

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Man liest immer wieder, Zero Avia wäre ein Entwickler von wasserstoffelektrischen Flugzeugen. Dabei entwickeln Sie selber gar keine Flugzeuge, oder?

Val Miftakhov*: Nein, wir sind ein Triebwerkshersteller und arbeiten mit Flugzeugbauern zusammen. Etwa mit Textron, De Havilland of Canada, Mitsubishi Regional Jet, Airbus und einigen kleineren Herstellern. Zu unseren Kunden zählen auch der Hubschrauber-Hersteller Piasecki und das Start-up Jetcruzer, das ein Flugzeug mit innovativem Entenflügler-Design entwickelt. Wir bringen unsere Wasserstoff-Elektro-Antriebstechnologie in all diese Plattformen ein.

Sie wollen ihren Antrieb an einer De Havilland Dash 8 testen. Wie weit sind sie?

Ja, das ist der nächste Schritt nach den Flugtests und der weiteren Entwicklung unseres ersten Triebwerks für Flugzeuge mit 10 bis 20 Sitzen. Für größere Flugzeuge wie die Dash 8 haben wir die vollständige Integration mit dem originalgroßen Getriebe und Propeller und unserem Zwei- bis Vier-Megawatt-Triebwerk ZA2000 getestet und demonstriert - aber noch nicht am Flugzeug. Hoffentlich können wir nächstes Jahr mit dem Einbau beginnen und Tests am Boden durchführen. 2027 wäre der früheste Termin für einen Flug.

Und wie sieht der Zeitplan für Zertifizierung und Start bei kleineren Flugzeugen aus?

Unser erstes Triebwerk, das ZA600 mit 600 Kilowatt, befindet sich gerade in der Zulassung. Es ist ein Ersatz für das Pratt & Whitney Canada PT6 an der Cessna Caravan von Textron. Wir hoffen, das Triebwerk nächstes Jahr auf den Markt bringen zu können.

Wer wird der Erstkunde sein?

Bei Frachtflugzeugen ist es die Airline RVL Aviation aus Großbritannien. Sie führt Cargoflüge für DHL und andere Kunden durch. Und in den nächsten Wochen werden wir hoffentlich unseren ersten Kunden für den Passagierbetrieb vorstellen. Insgesamt haben wir bisher Bestellungen für rund 3000 Triebwerke, davon etwa 1000 für die kleine Variante ZA600 und rund 2000 für das größere ZA2000.

Cessna von RVL: Soll so aussehen.

Wir hatten gerade schon über die Dash 8 gesprochen. Geht es auch noch größer in zehn Jahren oder mehr?

Ich denke, in 15 Jahren werden wir Triebwerke an Flugzeugen von der Größe eines Airbus A320 oder einer Boeing 737 haben. Wir arbeiten bereits mit einigen großen Herstellern daran, wie wir das umsetzen können. Es gibt schon Konzeptentwürfe für ein entsprechendes Triebwerk. Dabei gibt es einige Optionen, zum Beispiel das sogenannte Single-Fuel-Hybrid, bei dem eine Wasserstoffturbine und ein wasserstoffelektrischer Teil des Triebwerks zusammenarbeiten. Und das ist sogar noch früher realisierbar, also in etwa 10 Jahren, und dann in etwa 15 Jahren mit reiner Brennstoffzelle.

Sie haben einen neuen Standort in Schottland angekündigt. Interessieren Sie sich auch für die EU?

Unsere Elektromotoren sowie unsere Leistungselektronik produzieren wir in Seattle in den USA. In Großbritannien sind wir schon seit sechs Jahren aktiv und als Erweiterung werden wir uns in Schottland künftig auf die Herstellung von Brennstoffzellen konzentrieren. Und wir denken auch über eine Expansion in die Europäische Union nach. Wir haben bereits einige Mitarbeitende in Frankreich. Und da wir unsere Bemühungen bei den größeren Flugzeugen intensivieren, insbesondere mit Airbus und ATR, prüfen wir auch Standorte in der EU.

In Frankreich.

Wahrscheinlich in Frankreich. Das ist am sinnvollsten.

Airbus sitzt teilweise auch in Deutschland.

Stimmt, aber ATR sitzt in Toulouse. Und die bauen das beste Flugzeug im Bereich für unser Zwei- bis Vier-Megawatt-Triebwerk. Frankreich ist also wahrscheinlich unser künftiges Ziel - aber wir werden sehen.

Wie weit sind Sie in Verhandlungen mit ATR und ATR-Kunden?

Wir haben bereits einige Bestellungen für Triebwerke von Betreibern in dieser Klasse. Zum Beispiel von ASL aus Irland. Und mit ATR führen wir gute Gespräche.

Der Chef von Jekta, einem Wasserflugzeug-Startup, hat Sie im Interview mit uns sehr gelobt. Aber Start-ups laufen auch immer das Risiko, noch vor dem Start zu scheitern. Wie viele Ihrer Kunden sind Start-ups und wie viele sind etablierte Unternehmen?

Bei den Flugzeugbetreibern sind unsere meisten Kunden etablierte Unternehmen. Wir verkaufen ihnen Triebwerke zunächst mit der Idee, die bestehenden Flotten umzurüsten. Dafür gehen wir zu etablierten Betreibern mit großen Flotten und bieten den Austausch der Triebwerke an. Daher zählen wir viele dieser etablierten Betreiber zu unseren Kunden und Investoren, darunter American Airlines, United Airlines, British Airways, Amazon und Alaska Airlines. Natürlich gibt es auch weniger bekannte Betreiber, aber mit relativ großen Flotten. Und dann haben wir die Flugzeughersteller, die Triebwerkskomponenten von uns kaufen, und diese selbst in ihre Flugzeuge integrieren. Darunter befinden sich etwa 50 Prozent Start-ups und 50 Prozent etablierte Unternehmen.

Wenn Sie versuchen, einen neuen Kunden zu gewinnen - sei es ein Betreiber oder ein Hersteller - was ist der Punkt, an dem Sie die meiste Überzeugungsarbeit leisten müssen? Was ist das größte Fragezeichen, die größte Skepsis oder die größte Frage, die Ihre potenziellen Kunden haben?

Den Betreibern geht es an erster Stelle um Wirtschaftlichkeit - dazu gehören Aspekte wie Treibstoffverfügbarkeit und Infrastruktur. Bei den Herstellern sind es der Zertifizierungszeitplan und die Frage, wie sich die Integration auf die Zertifizierung des Flugzeugs auswirkt. Natürlich interessieren sich auch die Betreiber für die Zertifizierung. Aber wenn das Triebwerk nicht zertifiziert wird, müssen sie es nicht kaufen. Derweil sind einige Flugzeughersteller zuversichtlich in Bezug auf den Zulassungsprozess, da wir unsere Systeme bereits an mehrere Hersteller geliefert haben und diese vor Ort getestet werden. Einige Boden- und Flugtests stehen später in diesem Jahr an bei kleineren Flugzeugen.

Triebwerk und Antriebssystem ZA600.

Und was ist derzeit die größte Herausforderung für Zero Avia selber?

Aktuell der Abschluss der Zertifizierung. Bei der ersten Triebwerksvariante sind wir etwa zur Hälfte fertig mit der FAA. Es läuft gut, wir haben ein großartiges Zertifizierungsteam, seit einiger Zeit auch mit dem ehemaligen FAA-Interimschef Billy Nolan, der uns hilft. Aber bei so etwas hat man nie eine 100-prozentige Garantie für den Zeitplan. Das ist im Moment das Wichtigste für uns, denn dass die Technologie funktioniert, wissen wir, da wir schon seit 2019 fliegen. Ebenso wissen wir, dass der Markt da ist. Wir haben 3000 Vorbestellungen. Wir haben Partner: acht Flugzeughersteller, mehr als 20 Flughäfen und mehr als 15 Verträge für die Infrastruktur der Treibstoffversorgung. Alles ist bereit. Jetzt müssen wir nur noch das Triebwerk zertifizieren.

Andererseits haben wir beim Thema Wasserstoff gesehen, dass Airbus auf die Bremse tritt. Andere Unternehmen wie Universal Hydrogen haben den Markt verlassen. Müssen wir uns auch um Zero Avia Sorgen machen?

Nein, ich glaube nicht. Eines der Probleme von Universal Hydrogen war meiner Meinung nach, dass sie direkt die großen Flugzeuge im Blick hatten, ohne eine Partnerschaft mit einem Flugzeughersteller. Sie haben nie eine Vereinbarung mit ATR getroffen, die sie anvisiert hatten. Und für die großen Flugzeuge ist das riskant und teuer. Man braucht ein paar Milliarden Dollar auf der Bank. Und das hatten sie nicht. Auch wir visieren natürlich mit der Zeit immer größere Flugzeuge an, aber wir beginnen kleiner, und das kostet bereits Hunderte Millionen Dollar. Selbst für ein Triebwerk für kleinere Flugzeuge braucht man viel Geld, für ein großes geht es um fünf Mal so viel.

Und Airbus?

Was Airbus betrifft, ist die Geschichte meiner Meinung nach viel besser als das, was öffentlich wahrgenommen wird. Sie haben bei großen Flugzeugen etwas gebremst in Sachen Wasserstoff. Sie haben gesagt: nicht so schnell, wie wir uns das erhofft haben. Hauptsächlich wegen des Aspekts Infrastruktur. Denn für die großen Flugzeuge braucht man eine globale Infrastruktur. Bei kleineren Flugzeugen im Regionalbetrieb ist das nicht so. Manche unserer Erstkunden können sogar nur einen einzigen Betankungsstandort haben, um mehrere Flüge zu ermöglichen. Etwa auf Inseln, zum Beispiel in Hawaii. Einer unserer angestrebten Betreiber sitzt dort. Er kann einen einzigen Ort für die Betankung haben, auf Oahu, der Hauptinsel, und von dort aus mit einem Mal auftanken mehrere Flüge absolvieren.

Wer ist Ihr Kunde auf Hawaii?

Das kann ich noch nicht verraten, doch wir werden es bald bekannt geben. Aber zurück zu Airbus: Sie sind nun bei den größeren Flugzeugen etwas langsamer, aber konzentrieren sich auf kleinere, für ihre Verhältnisse. Sie haben jetzt ein Konzept für einen 100-Sitzer vorgestellt, mit vier Triebwerken und Brennstoffzellen. Ihr Brennstoffzellen-Programm läuft jetzt aus meiner Sicht noch schneller, da sie sich bei Zero E künftig ganz auf regionale Propellerflugzeuge mit Brennstoffzellen konzentrieren. Genau das ist auch unser Ziel.

*Val Miftakhov kam in der UdSSR zur Welt. Er studierte Physik zuerst in Moskau und dann an der Princeton University in den USA, wo er promovierte. Später arbeitete Miftakhov für McKinsey und Google und gründete eine Firma, die Ladetechnologie für E-Autos entwickelte. Im Jahr 2017 gründete Miftakhov Zero Avia mit dem Ziel, die Luftfahrt zu dekarbonisieren.

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