Eigentlich hätte in Vlora längst der reguläre Flugbetrieb laufen sollen. Doch statt Startfreigaben und Flugplänen häufen sich beim neuen Küstenflughafen Probleme, Verzögerungen – und nun auch juristische Rückschläge. Nach mehr als drei Jahren erhalten Umweltschutzorganisationen erstmals Rückenwind vor Gericht.
In den vergangenen Monaten war es auffallend ruhig um das umstrittene Flughafenprojekt, das zu den Prestigevorhaben von Ministerpräsident Edi Rama zählt. Noch im Mai dieses Jahres wurde der Bau mit groß inszenierten Testflügen gefeiert, die Aufnahme des Linienbetriebs bis Ende 2025 angekündigt. Davon ist der Flughafen derzeit jedoch weit entfernt.
Ex-Premier: Flughafen Vlora «großes Korruptionsproblem»
Wie albanische Medien berichten, kämpft das Projekt gleich an mehreren Fronten. Bereits im April zog sich das Beratungsunternehmen Munich Airport International nach anhaltenden Protesten gegen den Standort zurück. Zusätzlichen politischen Zündstoff lieferte jüngst Sali Berisha, früherer Ministerpräsident und Vorsitzender der Demokratischen Partei. Er bezeichnete den Flughafen Vlora öffentlich als «großes Korruptionsproblem» und äußerte Zweifel an möglichen Verflechtungen zwischen Regierungsvertretern und dem Projekt.
Auch intern scheint es zu knirschen. Demnach soll es Streit unter den Investoren geben. Das Konzessionsunternehmen Vlora International Airport arbeitet Berichten zufolge derzeit ohne Geschäftsführer und ohne einen seiner technischen Direktoren. Während die Bauarbeiten weiterlaufen, verfolgen die Anteilseigner offenbar jeweils eigene Interessen – ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Hintergründe bleiben für viele Albaner undurchsichtig.
Lage bei international geschütztem Feuchtgebiet
Das zentrale Problem aber liegt weiterhin im Standort selbst. Der Flughafen entsteht in unmittelbarer Nähe der Narta-Lagune, einem international geschützten Feuchtgebiet und wichtigen Rastplatz für Zugvögel. Aktuelle Bilder zeigen die Baustelle zeitweise unter Wasser, während Flamingos unweit davon auf ihrem Zug nach Süden pausieren. Künftig könnte gerade diese Nähe zur Vogelwelt auch für den Flugbetrieb ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen.
Der überflutete Flughafen Vlora: Heikle Lage. Arsen Rroshi
Seit Baubeginn im Jahr 2021 steht der Flughafen deshalb massiv in der Kritik – nicht nur von Naturschutzorganisationen, sondern auch von der Europäischen Kommission, dem Europäischen Parlament sowie internationalen Gremien wie der Berner Konvention und dem Abkommen zum Schutz wandernder Tierarten. Darauf wies jüngst die deutsche Umweltorganisation Euro Natur hin.
Flughafen Vlora gerät in juristische Turbulenzen
Bereits am 23. November 2022 hatten die albanischen Organisationen AOS und PPNEA Klage gegen den aus ihrer Sicht illegalen Bau eingereicht. Laut Euro Natur wurde der Fall von den Gerichten über Jahre verschleppt, während der Bau weiterging und wertvolle Naturflächen zerstört wurden. Nun der Wendepunkt: Das Verwaltungsberufungsgericht hat die Umweltverbände als Parteien anerkannt.
«Nach drei Jahren und unzähligen Schleifen durch die Instanzen kann sich das Gericht endlich mit der Klage selbst befassen», erklärte Annette Spangenberg, Programmleiterin Fließgewässer bei Euro Natur. Für den Flughafen Vlora bedeutet das: Die juristischen Turbulenzen haben erst begonnen – und der geplante Start rückt in immer weitere Ferne.
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