Lufthansa Innovation Hub hat analysiert, was Airlines und Flughäfen sich bei Kreuzfahrten abgucken können. Es geht vor allem um zwei Technologien.
Sie sitzt in Berlin und Singapur. Lufthansas Tochter Lufthansa Innovation Hub soll für den Luftfahrtkonzern digitale Innovationen erschließen und erforschen. Dabei beschäftigt sie sich mit Zukunftstrends für die Branche - und hat nun zwei in der Kreuzfahrtindustrie ausgemacht.
Lufthansa Innovation Hub attestiert der Urlaubsschiff-Branche eine starke Erholung nach der Pandemie, eine hohe Kundenzufriedenheit und einen starken Aufschwung bei technischen Innovationen. Zwei davon empfiehlt sie - in angepasster Form - auch Fluggesellschaften und Flughäfen.
Die erste sind sogenannte Wearables, also am Körper getragene Geräte. Während das auf Kreuzfahrtschiffen spezielle Armbänder sind, mit denen man seine Kabine öffnen, bezahlen und noch vieles mehr tun kann, rät die Lufthansa-Tochter der Luftfahrt dazu, auf die Smartwatches zu setzen, welche die Fluggäste eh tragen.
Lufthansa Innovation Hub skizziert folgendes Szenario: «Sie kommen am Flughafen an. Ihre Smartwatch weist Sie an, zur Sicherheitskontrolle 3 zu gehen, da die Wartezeiten dort derzeit am kürzesten sind. Sie geben Ihr Gepäck auf und bezahlen für ein zusätzliches Gepäckstück mit einem Fingertipp auf Ihr Handgelenk. Mit Ihrer digitalen Bordkarte und Ihrer verifizierten Identität passieren Sie die Sicherheitskontrolle mühelos – alles über Ihre Uhr. Sie werden unterwegs über einen Gate-Wechsel informiert, und Ihre Smartwatch führt Sie Schritt für Schritt durch das Terminal. Im Einzelhandel erhalten Sie ein personalisiertes Angebot Ihrer Lieblingskosmetikmarke und bezahlen direkt am Regal mit einem Fingertipp. Sie passieren die Passkontrolle ohne Reisepass, nur mit einem verifizierten digitalen Ausweis auf Ihrer Uhr. An Bord bezahlen Sie Ihr Essen mit einem Fingertipp. Nach der Landung zeigt Ihnen Ihre Smartwatch an, wo Sie Ihr Gepäck abholen können und wie lange es dauert.»
Weiter geht es mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, dem Zugang zum Hotelzimmer und zu Museen, der Nutzung von Mietwagen (samt Funktion als Führerschein) per Smartwatch. «Keine Brieftasche. Kein Reisepass. Kein lästiges Handy-Gefummel», so Lufthansa Innovation Hub, kurz LIH. «Nur ein vernetztes, sicheres und verifiziertes Gerät, das Sie von Anfang bis Ende durch Ihre Reise begleitet.»
Das einzige fehlende Puzzleteil ist laut der Lufthansa-Tochter «die vollständig akzeptierte Integration digitaler Identitäten». Aber es gebe Entwicklungen in diese Richtung. «In den USA akzeptieren TSA-Kontrollpunkte in elf Bundesstaaten an ausgewählten Flughäfen mittlerweile digitale Ausweise über die Apple Wallet», schreibt LIH. «Google Wallet bereitet die Unterstützung digitaler Versionen von US-Reisepässen vor und geht damit noch einen Schritt weiter.»Delta Air Lines habe ihre Digital-ID-Initiative für TSA-Pre-Check-Reisende auf weitere Flughäfen ausgeweitet.
Lufthansa Innovation Hub sieht in der Kreuzfahrtbranche noch einen zweiten Trend, den sie der Luftfahrt empfiehlt: Extended Reality, kurz XR. Dies ist ein Überbegriff, der Virtual Reality, Augmented Reality und Mixed Reality umfasst. Es geht um die Schaffung von digitalen 3D-Erlebnissen.
Als ein Beispiel nennt LIH die sogenannte «360 Experience» auf Schiffen von Princess Cruises. Es handelt sich um ein kulinarisches Erlebnis, zu dem unter anderem Visualisierungen auf Wänden und Tischen gehören. Das folgende Video zeigt, wie das aussieht:
Ähnliches kann sie sich etwa auch in alternden Flugzeugkabinen vorstellen. «Ein 2010 gebautes Schiff kann sich auch 2024 noch topmodern anfühlen, wenn die Passagiere ein brandneues Augmented-Reality-Erlebnis oder ein interaktives Speiseerlebnis genießen können», schreibt die Lufthansa-Tochter. «Dieselbe Logik lässt sich problemlos auf Flugzeugkabinen übertragen, deren komplette Innenraumüberholungen teuer und selten sind.»
Wie zum Beispiel Kabinenwände schöner und interessanter gestaltet werden könnten, hat kürzlich auch das Unternehmen Diehl Aviation auf der Kabinenmesse AIX gezeigt:
LIH sieht in XR auch die Chance, eine Alternative zum traditionellen Duty-Free-Verkauf an Bord zu schaffen, den Lufthansa bald ganz streicht. So könnten etwa Waren wie Kosmetika virtuell getestet werden, was das Angebot attraktiver machen würde, so die Argumentation.
Weiterhin können Reisende die enge Flugzeugröhre dank 3D-Brillen virtuell verlassen und Dinge anders sehen und erleben als nur über den Monitor im Sitz vor ihnen. Zudem gibt LIH zu bedenken: «Flughäfen und Flüge verursachen vielen Reisenden erheblichen Stress.» Start-ups würden bereits jetzt virtuelle Umgebungen entwickeln, die Reisenden vor und während des Fluges bei Entspannung und bei Bewältigung von Ängsten helfen.
Die große Hürde bei allem dem sind die Geräte. «Heutige XR-Erlebnisse basieren größtenteils auf sperrigen, oft unbequemen Headsets.» Die seien für die Luftfahrt alles andere als ideal. «Um das volle Potenzial von XR in der Luftfahrt auszuschöpfen, bedarf es leichter, komfortabler und sozialverträglicher Geräte, die sich nahtlos in den Alltag der Reisenden integrieren.»
Allerdings gibt es neue sogenannte Smart Glasses. Die unterscheiden sich optisch kaum von normalen Brillen, ermöglichen aber Dinge wie freihändiges Fotografieren, Navigation oder Echtzeit-Sprachübersetzung. In Kürze werde die Hardware ein neues Level erreichen, so LIH. «Bis dahin sollten Fluggesellschaften genau das tun, was die Kreuzfahrtbranche getan hat: jetzt verstärkt mit XR experimentieren», so die Empfehlung der Lufthansa-Tochter.