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Zwei Regionaljets in Chicago

«Es war pures Glück, dass es keine Kollision gab»

In Chicago entgingen 2015 zwei Regionaljets knapp einer Katastrophe. Eine Bombardier CRJ700 kam einer startenden Embraer ERJ145 in die Quere, die bei voller Fahrt ausweichen musste.

Sieben Start- und Landebahnen besitzt er schon. Eine Achte befindet sich derzeit im Bau. Das Pisten- und Rollbahnsystem des Flughafens Chicago O’Hare gleicht auf dem ersten Blick einem Irrgarten. Rollende Flugzeuge lotst die Flugsicherung auf drei verschiedenen Frequenzen – wo viele Pisten sind, gibt es umso mehr Rollwege.

Für Piloten ist auf dem Vorfeld des Flughafens mit dem dritthöchsten Passagieraufkommen der USA also viel Aufmerksamkeit gefordert. Was für Folgen es haben kann, wenn man sich verfährt, zeigt ein Vorfall, der sich im Februar 2015 am Flughafen Chicago O’Hare ereignet hat. Die amerikanische Untersuchungsbehörde veröffentlichte vergangene Woche (14. April) ihren Abschlussbericht zu einer Beinahekollision zweier Regionalflugzeuge, die auf einer Startbahn nur knapp einer Katastrophe entkamen.

Abbiegung verpasst

Eine Embraer ERJ 145 beschleunigte auf der Piste 28R zum Start. Der Jet war im Auftrag der Regionalfluglinie American Eagle unterwegs und wurde von der US-Airline Envoy Air betrieben. Zur selben Zeit befand sich auf einem nahe gelegenen Rollweg eine Bombardier CRJ700 der Gojet Airlines auf dem Weg zur selben Piste.

Im Auftrag für United Express und Delta Air Lines führt die amerikanische Airline ebenfalls Regionalflüge durch. Die Bombardier sollte auf einen Rollweg einbiegen, der parallel zur Piste 28R angelegt ist. Doch das Flugzeug tat das nicht. Stattdessen rollte die Bombardier auf die Bahn, auf der die Embraer-Maschine startete.

Mit 185 Kilometer pro Stunde ausgewichen

Sofort nach Passieren der aktiven Startbahn bemerkten die Piloten der Bombardier ihren Fehler und das andere startende Flugzeug. Sie drehten die Bombardier umgehend zum nördlichen Rand der Startbahn. Auch die Besatzung der Embraer bemerkte den Eindringling.

Die Piloten der startende Embraer steuerten auf den südlichen Rand der Piste zu. Das Flugzeug war dabei etwa 100 Knoten oder 185 Kilometer pro Stunde schnell. Beide Flugzeuge verfehlten sich nur knapp. Der Kapitän der Bombardier schätze den geringsten Abstand zwischen seinen Flügelspitzen und der Embraer zwischen 15 und 20 Fuß oder etwa 4,5 Meter und 6 Meter ein – die Embraer soll kurz vor dem Passieren abgehoben sein.

Lotse konnte nichts tun

Auch der zuständige Kontrollturm bemerkte das falsche Abbiegen der Bombardier. Ein Radarsystem schlug sofort Alarm. Der Zwischenfall passierte jedoch so schnell, dass ein Lotse nicht mehr rechtzeitig eingreifen konnte. «Es war pures Glück, dass es zu keiner Kollision kam», sagte der Flugverkehrsmanager des zuständigen Kontrollturms.

Die Bombardier rollte nach dem Vorfall wieder von der Piste. Beide Flugzeuge setzten ihre Flüge ohne weitere Vorkommnisse fort. In einem Zwischenbericht aus dem Jahr 2017 schrieben die Ermittler, dass der Kapitän unwissentlich die Orientierung verloren hatte. Für das Steuern des Flugzeuges am Boden war dieser zuständig.

Warnlichter übersehen

Um die Einstellung einer Funkfrequenz zu kontrollieren, richtete der Kapitän seinen Blick auf eine Instrumententafel. Als der Kapitän wieder aus dem Fenster blickte, glaubte er sich fälschlicherweise auf einem anderen Rollweg. Große Abgrenzungslichter, die vor dem Pistenrand warnen, hatte der Kapitän übersehen.

Der Erste Offizier bemerkte das Überrollen der Bahngrenze ebenfalls nicht. Dieser war mit «Aufgaben im Cockpit» beschäftigt und koordinierte mit der Kabinenbesatzung den Start.