Letzte Aktualisierung: um 11:16 Uhr

Yvonne Makolo, Rwandair

Eine Pionierin in vielen Kategorien

Die Chefin von Rwandair ist die erste Frau an der Spitze des Iata-Vorstands. Zufrieden ist sie nicht damit, wo die Luftfahrt gerade steht.

Als erste Frau überhaupt wird sie im Juni den Vorstandsvorsitz des Luftfahrtbranchenverbandes Iata (International Air Transport Association) für ein Jahr übernehmen – und als erste afrikanische Persönlichkeit. Nicht nur deshalb steht Yvonne Manzi Makolo bei internationalen Branchentreffen derzeit oft im Rampenlicht. Immerhin ist sie als Chefin von Rwandair eine von weltweit nach wie vor wenigen Frauen an der Spitze einer Fluggesellschaft. Doch von Arroganz oder Standesdünkel keine Spur. Im Gegenteil, denn Makolo gibt sich im Gespräch herzlich und natürlich.

«Schockierend, dass ich als erste Frau und erste Afrikanerin den Vorstandsvorsitz der Iata übernehme, oder?», fragt sie lachend. «Das ist sehr aufregend. Wir können so das Potenzial von Frauen in der Luftfahrtbranche zeigen.» Gleichzeitig sei es eine gute Möglichkeit für den Branchenverband, das selbstgesteckte Ziel «25 by 25» zu erreichen.

Nach der Krise gibt es eine starke Nachfrage – es werden beispielsweise viele Cockpitcrews gesucht. Das ist eine Chance für Frauen.

Die Iata hatte die Kampagne 2019 gestartet, um die Gleichberechtigung in der Luftfahrtindustrie voranzutreiben – ein Jahr, bevor die Covid-Pandemie dem Sektor die schwerste Krise seit seiner Entstehung bescherte. Ziel ist, den Frauenanteil an Führungspositionen auf mindestens 25 Prozent zu erhöhen, die Iata miteingeschlossen.

«Vielleicht ist es einfach der richtige Zeitpunkt, es gibt nicht viele Frauen in der Branche», sagt Makolo. So sind im 32-köpfigen Vorstand der Iata neben ihr nur zwei weitere Frauen vertreten: Christine Ourmières-Widener, die Chefin von Tap Air Portugal, und KLM-Chefin Marjan Rintel. «Nach der Krise gibt es eine starke Nachfrage – es werden beispielsweise viele Cockpitcrews gesucht. Das ist eine Chance für Frauen», meint Makolo.

10 Prozent Frauenanteil im Cockpit bei Rwandair

Der Frauenanteil bei ihrer Airline sei mit 10 immer noch nicht so hoch, wie sie sich wünsche, sagt Makolo. Wenngleich er deutlich über dem weltweiten Schnitt von 4,0 Prozent liegt.

«Ich selber habe in der Telekombranche begonnen und hätte nie gedacht, dass ich in der Luftfahrtbranche landen würde», berichtet Die Airlinechefin. «Ich bin von der Regierung ernannt worden und musste viel lernen.» Das jedoch hätte sie vorangebracht. «Deshalb sage ich den jungen Menschen oft, dass sie nicht unbedingt Ingenieurswissenschaften studieren müssen, um in der Branche arbeiten zu können. Sie sollten studieren, was sie lieben.»

Ich bin mit starken Frauen aufgewachsen, in Kenia

Deshalb wird Makolo ihre zehnjährige Tochter und ihren achtjährigen Sohn unterstützen, egal welchen Beruf sie später ergreifen wollen. «Meine Tochter will zur Zeit Musikerin und Anwältin werden, mein Sohn vielleicht Ingenieur», berichtet sie.

Ihr selber hat sicher auch geholfen, dass sie von ihrer Mutter und ihrer Großmutter erzogen wurde, nachdem ihr Vater starb, als sie nur anderthalb Jahre alt war. «Ich bin mit starken Frauen aufgewachsen, in Kenia», sagt sie. «Meine Mutter hat für das Umweltprogramm der Vereinten Nationen gearbeitet und hat mich ermutigt, meinen eigenen Weg zu gehen.»

Begonnen als Softwareentwicklerin in Kanada

1993, ein Jahr vor dem Völkermord in Ruanda, zog sie nach Kanada, wo sie studierte und dann als Softwareentwicklerin arbeitete. Zehn Jahre später ging sie nach Ruanda und begann zunächst in der Telekombranche.

«Ruanda ist sehr progressiv und hat den höchsten Frauenanteil in einem Parlament», sagt die Airline-Chefin, deren Schwester Yolande die Sprecherin der Regierung ist. «Es ist ein sehr kleines Land und auch ansonsten sehr fortschrittlich.» Innovationen würden gezielt gefördert, etwa der Einsatz von Drohnen in der Luftfahrt. «Wir waren das erste Land, das den Transport von Blutkonserven mit Hilfe von Drohnen ausprobiert hat», erklärt sie.

Wir sind auch in fortgeschrittenen Verhandlungen, dass Qatar Airways 49 Prozent an Rwandair übernimmt

Da Ruanda keinen Zugang zum Meer habe, es keine Eisenbahnen gebe und das Straßensystem ungenügend sei, sei die Luftfahrt ein Schlüsselfaktor für das Land, sagt Makolo. «Die Regierung investiert deshalb viel in die Airline- und Airport-Infrastruktur.» Unterstützt wird sie dabei auch von Qatar Airways. Der Golf-Carrier ist mit 60 Prozent der Hauptaktionär des in Bugesera bei Kigali geplanten neuen Flughafens, der ab 2032 auf 14 Millionen Passagiere pro Jahr kommen soll.

«Wir sind auch in fortgeschrittenen Verhandlungen, dass Qatar Airways 49 Prozent an Rwandair übernimmt», erklärt Makolo. Qatar Airways-Chef Akbar Al Baker unterstütze sie sehr und sei für sie ein Mentor. Bereits jetzt haben die beiden Fluggesellschaften ein Codeshare-Abkommen.

Ziel: One-World-Mitglied

«Wir würden gerne Mitglied einer Allianz werden und schauen uns da die Möglichkeiten an», sagt sie. Vermutlich werde es auf eine Mitgliedschaft bei One World hinauslaufen, der Allianz, der auch Qatar Airways angehört. Doch bis es so weit ist, setzt Makolo auf den Ausbau neuer Codeshare-Partnerschaften. So hat Rwandair, deren Flotte Makolo von derzeit zwölf Maschinen in den nächsten fünf Jahren verdoppeln und vereinheitlichen will, gerade ein entsprechendes Abkommen mit Turkish Airlines unterzeichnet.

Bisher fliegt ihre Airline 25 Ziele an, vor allem in Afrika. Nach London, Brüssel, Dubai, Doha und Mumbai will Rwandair ab dem 27. Juni auch dreimal pro Woche Direktflüge zwischen Kigali und Paris anbieten. «Afrika hat ein großes Potenzial und wird nicht genug angeflogen», meint Makolo. Auch einen einheitlichen afrikanischen Markt gibt es bisher nicht.

Wir brauchen einen einheitlichen Markt in Afrika

Als die Managerin im Februar an einer Konferenz in Casablanca teilnahm, konnte sie deshalb nicht direkt nach Marokko fliegen, sondern musste über Brüssel reisen. «Wir brauchen einen einheitlichen Markt in Afrika», fordert sie. Zudem seien die Flughafengebühren oft zu hoch, findet sie. Deshalb sei es manchmal billiger nach Dubai als nach Kenia zu fliegen. Auf die neue Vorsitzende des Iata-Vorstandes warten jede Menge Herausforderungen.