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Airbus vs. Boeing: Das Duell

Die ganze Welt schaut auf das Duell der Flugzeugbauer bei den Langstreckenjets A350, B777 und B787. Doch der wichtigste Kampf wird woanders ausgetragen.

Die Luftfahrtwelt schaut derzeit nach Toulouse. Denn dort wird am kommenden Freitag (14. Juni) um 10 Uhr der brandneue Airbus A350 zum ersten Mal abheben. Es ist ein cleverer Schachzug des europäischen Flugzeugbauers. Dank des Jungfernfluges noch vor der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris stiehlt der A350 Boeings Prestigeflieger Dreamliner die Schau. Die B787 soll bei der Messe tägliche Flüge absolvieren, heißt es von den Amerikanern. Man will sie damit von der besten Seite zeigen – vor allem weil das monatelange Grounding dem Ruf des Flugzeugs geschadet hat.

Es geht um viel. Wer wird die Nummer eins am Langstreckenmarkt? Die großen Fluggesellschaften befinden sich gerade kurz vor einer Phase signifikanter Flottenerneuerungen mit dementsprechend lukrativen Bestellungen für Airbus und Boeing. Neben dem Dreamliner wollen die Amerikaner daher auch die Neuversion der B777, die B777X, auf den Markt bringen. Diese wäre eine Konkurrentin für den längsten Airbus A350, den A350-1000, während die anderen Modelle des A350 eher mit dem Dreamliner in Wettbewerb stehen dürften, wenn man den Experten glaubt. Der Langstrecken-Kampf dürfte im Zentrum der Pariser Luftfahrtmesse stehen.

Mittelstrecke nicht vergessen

Doch angesichts dieses medienwirksamen Duells geht eines fast unter. Der wichtigste Markt ist für beide Hersteller ein anderer. Das zeigen auch die Zahlen zum weltweiten Flugzeugbedarf, welche Boeing jetzt veröffentlichte. 35’280 neue Flugzeuge dürften laut den Amerikanern in den nächsten zwanzig Jahren auf der ganzen Welt bestellt werden. 24’670 oder siebzig Prozent davon sind Mittelstrecken-Flieger. Die so genannten Single-Aisle-Jets wie der A320 von Airbus die B737 von Boeing. Gesamtwert der potenziellen Bestellungen: Rund 2300 Milliarden Dollar.

Die Langstreckenflieger kommen dagegen insgesamt auf 8’590 Order. Eingeteilt sind diese in drei Kategorien: Kleine Jets mit 200 bis 300 Sitzen (4’430 Stück, 1100 Milliarden Dollar), mittelgroße mit 300 bis 400 Plätzen (3’300 Stück, 1000 Milliarden) und große Langstreckenflieger mit mehr als 400 Plätzen (760 Stück, 280 Milliarden).

Stabile Nachfrage

Am Wert der Bestellungen zeigt sich zwar, dass der Gesamtwert der potenziellen Langstrecken-Bestellungen ungefähr gleich hoch ist wie der der Mittelstreckenflieger. Doch letzterer ist auch der stabilere Markt. Denn in Zeiten schwächelnder Wirtschaft schrecken viele Fluggesellschaften vor Bestellungen von großen Flugzeugen zurück. Mit kleinen sei man flexibler und könne besser auf Nachfrageverschiebungen reagieren, argumentieren Analysten. Um auf diesem wichtigen Markt die Nase vorn zu haben, arbeiten beide Platzhirsche momentan an Neuversionen der Verkaufsschlager. Der A320neo soll 2015, die B737Max 2017 auf den Markt kommen.

Das Quasi-Duopol der beiden Hersteller dürfte aber auch in zwanzig Jahren noch bestehen. Zwar wollen Hersteller wie Chinas Comac oder der russische Produzent Sukhoi die zwei Großen mit ihren neuen Entwicklungen konkurrenzieren. Auch sie bauen effizientere und vor allem preiswertere Jets. Doch bis man dorthin gelange und die Produkten aus dem Osten eine ähnliche Qualität und ein ähnliches Kundenvertrauen erreicht haben wie Airbus oder Boeing, dürfte es Jahre dauern, schätzte Luftfahrt-Analyst Jürgen Pieper im Interview mit aeroTELEGRAPH. In zehn Jahren sieht er im Single-Aisle-Markt nur fünf Prozent von anderen Anbietern als Boeing oder Airbus beherrscht. «Und auch in zwanzig Jahren dürften es nicht mehr als 10 bis 15 Prozent sein.»