Letzte Aktualisierung: um 21:09 Uhr

Dave Jackson, Deutsche Aircraft

«Wir glauben, dass unser Flugzeug besser ist als die ATR 42»

Deutsche-Aircraft-Chef Dave Jackson spricht im Interview über das Interesse am neuen Turbopropflugzeug D328 Eco, die Marke Dornier, deutsche Qualität und die Konkurrenz.

Im Dezember haben Sie ihr Flugzeugprojekt erstmals im Detail vorgestellt. Wie fiel das Feedback auf die D328 Eco aus?
Dave Jackson*: Sehr positiv. Ganz generell ist man in der Branche froh, dass in diesen schwierigen Zeiten auch neue Projekte wie unseres vorangetrieben werden. Es meldeten sich einige potenzielle Kunden, die mehr über das Flugzeug wissen wollten. Es meldeten sich aber auch Lieferanten, die bisher vor allem für Airbus und Boeing arbeiteten und keine Kapazität für weitere Aufträge hatten. Jetzt ist es für sie plötzlich interessant, auch an einen kleineren Hersteller zu liefern. Die Veranstaltung war aber auch im Hinblick auf die Rekrutierung wichtig. Wir konnten zeigen, dass hier etwas Neues entsteht, während sonst überall Stellen abgebaut werden.

Haben sie schon Kaufzusagen bekommen?
Nein. Das wäre natürlich fantastisch, aber doch unrealistisch. Wir haben erstmals detaillierte Informationen zur D328 Eco vorgestellt, wie beispielsweise die Fähigkeit, zu 100 Prozent mit nachhaltigem Treibstoff betrieben oder dank moderner Avionik später einmal auch von einem Piloten geflogen werden zu können. Nun müssen sich potenzielle Kunden die Details genau anschauen und sie werden logischerweise auch erst einmal beobachten, wie das Programm vorankommt. Interessensbekundungen gibt es aber definitiv, und wir haben ein Gremium mit potenziellen Kunden gebildet, die uns in der weiteren Entwicklung helfen. Da wollen wir noch ein, zwei Sitze besetzen.

Wie groß schätzen Sie den Markt für die D328 Eco denn ein?
Wir sehen drei Marktsegmente. Das größte und wichtigste ist das des Ersatzes alternder Turboprops mit rund 50 Sitzen, beispielsweise Saab 340, Jetstream oder kleinere Dash 8. Sie sind in der Regel mehr als 25 Jahre alt. Es geht hier um ein Potenzial von rund 4000 Fliegern. Ein weiteres Segment ist Asien. In Ländern wie China, Indien, Indonesien – da kann ein Flugzeug in unserer Größe und mit unseren Fähigkeiten kleinere Städte oder Inseln bedienen. Solche Chancen gibt es aber durchaus auch im Westen – dort wo man auf ökologischere Flugzeuge setzen wird, weil die Vorschriften in Bezug auf Emissionen verschärft werden. Das dritte Segment sind die Spezialmissionen wie Grenzschutz, Küstenwache oder Krankentransporte. Da war die Dornier 328 sehr erfolgreich.

Damit können wir den größten Markt abdecken.

Sie streichen dank Biokerosin-Fähigkeit die ökologischen Aspekte der D328 Eco hervor. Andere gehen schon weiter und arbeiten an Wasserstofffliegern. Könnten Sie das auch?
Ja, das wäre möglich. Wir schauen uns das an. Es ist ja auch keine völlig neue Technologie für die Branche. Aber in einem ersten Schritt setzen wir auf nachhaltige Treibstoffe, da es noch lange dauern wird, bis Wasserstoff in der Luftfahrt zugelassen ist und auch eine Infrastruktur dafür existiert.

Sie bieten einen 43-Sitzer an. Warum blieben sie nicht bei 33 Sitzen, wie sie die Dornier 328 hatte?
Damit können wir den größten Markt abdecken – von 29 bis zu 43 Sitzen.

Die Hauptkonkurrenten der D328 Eco werden die ATR 42, vielleicht die Indonesian Aerospace C-235, die neue Ilyushin Il-114-300 und die Xian MA-60 sein. Welchen fürchten Sie am meisten?
ATR ist fest etabliert, baut gute Flugzeuge und genießt einen hervorragenden Ruf. Wir sind da realistisch. Das wird unser Hauptkonkurrent sein. Wir glauben aber, dass unser Flugzeug besser ist als die ATR 42, nicht nur wegen der Avionik und der Biokerosinfähigkeit. Unser Flieger fliegt schneller und höher und ist daher weniger wetteranfällig. Die anderen genannten Hersteller bieten ältere Modelle, sind noch jung oder oder sind bisher erst in ihren Regionen etabliert. Wir blicken mit dem Erbe der Dornier 328 doch auf eine Tradition zurück.

Deutsche Ingenieurskunst und deutsche Qualität.

Warum verwenden Sie dann den Namen Dornier nicht?
Bekannte Marken haben Vorteile und Nachteile. Wir haben die neue Marke Deutsche Aircraft geschaffen, die alles umschreibt, was wir sein wollen: deutsche Ingenieurskunst und deutsche Qualität.

Wie viel wird die gesamte Entwicklung kosten?
Das wollen wir nicht sagen. Aber ein Flugzeug zu bauen, das kostet immer Milliarden. Wir haben jedoch den Vorteil, dass wir nicht bei Null anfangen, sondern auf Basis der Dornier 328 aufbauen. Das macht es billiger und schneller.

Der amerikanische Rüstungs- und Weltraumtechnologiekonzern Sierra Nevada Corporation ist Ihr Hauptinvestor, Sie suchen aber noch mehr. Haben Sie damit Erfolg?
Ja, wir führen sehr gute Gespräche. Wir suchen auch Finanzinvestoren, aber vor allem auch strategische Investoren, die uns neben Kapital auch Know-how bringen, damit wir noch erfolgreicher sein können. Zudem bekommen wir natürlich Unterstützung vom deutschen Staat.

Die Dornier 328 war ihrer Zeit voraus.

Die Branche steckt in einer gigantischen Krise. Ist es ein kluger Moment, ein neues Flugzeug zu präsentieren?
Den absolut idealen Zeitpunkt gibt es nicht. Wir haben ja aber nicht erst 2020 begonnen, sondern schon vor einigen Jahren. Inzwischen ist das Projekt konkret. Und wir sind überzeugt, dass sich durch die Corona-Krise und die zunehmenden Umweltauflagen sogar noch bessere Chancen für unsere D328 Eco ergeben als noch vor zwei Jahren.

Die Türkei will einen neuen Turboprop bauen, Embraer ist auch fest gewillt, das zu tun. Wäre eine Zusammenarbeit mit diesen Firmen auch ein Thema?
Nein. Wir haben unser eigenes Programm und suchen Partner, die uns ergänzen können. Zudem zielen Turkish Aerospace und Embraer auf einen anderen Markt.

Sie bauen die D328 Eco auf der Dornier 328 auf. Was gefällt Ihnen denn an diesem Flugzeug?
Die Dornier 328 fliegt schnell, sie fliegt hoch, und sie war ihrer Zeit voraus. Zudem kann sie auf unbefestigten Pisten starten und landen und hat als Hochdecker stabile Flugeigenschaften. Das sind große Vorzüge, von denen wir profitieren.

Der A320 ist älter als die Dornier 328.

Haben Sie je daran gedacht, ein komplett neues Flugzeug zu entwickeln?
Nicht wirklich. Wir wollten auf der Tradition der Dornier 328 aufbauen. Zudem sind wir so billiger und schneller. Das sind riesige Vorteile. Wenige aktuelle Flugzeuge sind ja zudem von Grund auf neu. Nehmen Sie nur den Airbus A320 Neo. Er basiert auf dem A320 und der ist älter als die Dornier 328.

Warum baut Deutsche Aircraft das Flugzeug in Deutschland – es gibt doch sicher Standorte mit tieferen Arbeitskosten?
Zum einen, weil wir ja genau auf dem Erbe von Dornier aufbauen wollen. Zum anderen aber auch, weil wir hier gute Experten und gut ausgebildete Arbeiter sowie Lieferanten finden. Die gibt es in Deutschland, auch wegen Airbus. Zudem muss man sehen: Beim Flugzeugbau ist die Arbeitskraft nicht der größte Kostenfaktor.

Wann werden Sie den ersten Prototyp vorstellen?
Wir planen mit 2023 oder 2024.

2025 ist absolut realistisch.

Die Übergabe der ersten D328 Eco an einen Kunden planen Sie für 2025. Ist das nicht sehr optimistisch?
Wir fingen ja wie gesagt nicht bei null an. Daher ist das absolut realistisch.

Wenn Ihr Flugzeug ein Erfolg wird, können Sie sich vorstellen, die D328 EcoD328eco nochmals zu verlängern, um noch mehr Platz für Passagiere zu schaffen?
Nein. Wir würden damit in eine andere Klasse von Flugzeugen gelangen. Zudem wäre das wohl so komplex, dann würden wir besser ein ganz neues Flugzeug bringen. Aber das ist aktuell kein Thema, jetzt bringen wir die D328 Eco erfolgreich auf den Markt.

* Dave Jackson studierte in Huddersfield Marketing Engineering. Danach arbeitete der Brite in verschiedenen Unternehmen der Flugzeug- und Autoindustrie. 2007 übernahm er die Leitung der zur amerikanischen Sierra Nevada Corporation gehörenden 328 Support in Oberpfaffenhoffen. Die Firma unterstützt weltweit Betreiber von Dornier 328 mit Ersatzteilen, Engineering- und Designlösungen. Jackson leitete zudem zwischenzeitlich auch das gemeinsam mit der Türkei vorangetriebene Projekt TR Jet. Mit dem Start des D328-Eco-Programms wurde er Chef von Deutsche Aircraft.