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Jesus Caballero, Flughafen Sofia

«Wir arbeiten sehr konkret an Flügen nach New York»

Der Chef des Flughafens Sofia spricht über den großen Masterplan für den Airport, seine Pläne zum Ausbau der Kapazitäten für bis zu 20 Millionen Passagiere und die baldige Aufnahme von Flügen nach Nordamerika.

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Das Konsortium SOF-Connect, bestehend aus der französischen Investmentgesellschaft Meridiam, der österreichischen Strabag und dem Betreiber Munich Airport International haben im Jahr 2020 einen 35-jährigen Konzessionsvertrag zum Betrieb des bulgarischen Hauptstadtflughafens in Sofia erhalten. Jesus Caballero ist seit 2021 als Geschäftsführer des Flughafens für die zukünftige Strategie und
Modernisierung des Flughafens zuständig.

Sie haben im Jahr 2020 die Konzession zum Betrieb des Flughafen Sofia erhalten, was hat sich seitdem getan?
Jesus Caballero*: Sehr viel, die ersten beiden Jahre wurden dazu genutzt, um den großen Plan für die Zukunft des Flughafens, der sich übrigens auch in einer Qualitätsoffensive bis 2030 zum 5-Sterne Airport entwickeln soll, zu erstellen und dabei die besten Partnerfirmen für die Modernisierung des Flughafens zu finden. Es gibt eine Reihe von Dingen die bereits umgesetzt wurden, um das Erlebnis der Passagiere am Flughafen zu verbessern. Jetzt haben wir einen Masterplan, der in seinen Grundzügen den Ausbau der Kapazitäten im Terminal 2, den Bau des Terminal 3 sowie die Schließung des Terminal 1 beinhaltet. Außerdem haben wir den Markt analysiert und überlegt, was das beste Konzept für den Flughafen ist. Wir haben daraufhin ein Marketing & Entwicklungsteam aufgestellt, dass direkt zu den Airlines gegangen ist und auf das große Potential der Destination Sofia hinzuweisen, was auch bereits zum Erfolg geführt hat.

Welche Vision hatte das Meridiam Konsortium für den Flughafen Sofia als man sich um eine Konzession bemüht hat?
Unsere Vision ist den Flughafen Sofia zum führenden Flughafen der Region zu machen. Wir werden sicherlich niemals ein führender Umsteigehub wie Wien, Frankfurt oder München werden, aber in der Kategorie der Flughäfen zwischen 5 und 15 Millionen Passagieren können wir zu einem Top-3 Flughafen in Bereich der Servicequalität und der Anbindungen werden. Aktuell gibt es keinen 5-Sterne-Flughafen dieser Größe in Europa, wir haben es uns deshalb auch zum Ziel gesetzt, ein Flughafen mit dieser Auszeichnung zu werden, da wir sehen, dass wir die nötigen Voraussetzungen dazu haben.

Wie schwer ist es aus einem ehemals staatlichen Flughafen einen privaten geführten zu machen?
Es ist sicherlich eine meiner größten Aufgaben, unsere Visionen den Behörden und Mitarbeitern gegenüber zu erklären. Wir haben die Möglichkeiten aufgezeigt, wie eine Modernisierung des Flughafens und damit eine großartige Zukunft erreichbar ist. Der Flughafen Sofia kann dabei eine Vorreiterrolle in Europa einnehmen. Wir haben die Investoren und das Know-how, um unsere Visionen zum Vorteil des ganzen Landes umzusetzen. Wir investieren derzeit viel Geld in die Ausbildung unserer Mitarbeiter. Besonders den jungen Talenten wird im Ausland, darunter auch bei unserem Partner am Flughafen München die Möglichkeit geboten, dazuzulernen, was dabei hilft, die Einstellung der Mitarbeiter in Bezug auf Kundenorientierung deutlich zu verbessern. Es ist ein Prozess der Zeit benötigt, aber es funktioniert.

Ganz generell war es aber für den Flughafen Sofia und Bulgarien durch die weltweiten Krisen nicht einfach.

Seit Jahren wird davon gesprochen, dass ihr Terminal 1 geschlossen wird. Wann wird es endlich soweit sein?
Als ich im Jahr 2021 während der Covid-Zeit gekommen bin, hätte ich am liebsten den Terminal 1 so schnell als möglich geschlossen. Wir haben daher überlegt den Terminal 1 mit seinen sechs Gates zu schließen und den Verkehr in den Terminal 2 zu verfrachten und die dafür nötigen Gates im bestehenden Gebäude, das vom Design her noch aus den 90er Jahren stammt, zu integrieren. Sehr schnell haben wir aber realisiert, dass eine schnelle Erweiterung aufgrund zahlreicher Auflagen nicht einfach umzusetzen war und gleichzeitig der Verkehr schneller zugenommen hat als ursprünglich geplant. Wir haben deshalb unser Hauptaugenmerk gleich auf das zukünftige Konzept und den Bau des neuen Terminal 3 gelegt, damit in Zukunft aus Terminal 2 und 3 ein großer funktionierender Terminal mit allen Ansprüchen die heute ein Flughafen benötigt umzusetzen. Deshalb werden wir den Terminal 1 vermutlich noch bis zur Eröffnung des neuen Terminals im Jahr 2030 in Betrieb lassen.

Wie groß wird die Kapazität in der Endausbaustufe der beiden Terminals sein?
Wir sind dann für rund 20 Millionen Passagiere ausgelegt, wobei auch der Terminal 3 so ausgelegt sein wird, dass man seine Kapazitäten später einmal wird erweitern können.


Bild: SOF Connect

Wie zufrieden sind Sie mit dem abgelaufenen Jahr?
Im vergangenen Jahr konnte der Flughafen rund 7,2 Millionen Passagiere abfertigen, was den Ergebnissen von 2019 entspricht. Ganz generell war es aber für den Flughafen Sofia und Bulgarien durch die weltweiten Krisen nicht einfach. Wir haben durch den Wegfall der Flüge aus der Ukraine & Russland rund 4 Prozent Verkehr verloren und noch einmal rund 4 Prozent durch den Krieg in Israel/Gaza. Wenn man also diese 8 Prozent wegrechnet, so haben wir doch ganz gut im vergangenen Jahr abgeschnitten.

Und wie optimistisch sind Sie für das laufende Jahr?
Wir erwarten keine allzu großen Passagierzuwächse, denn wie zuvor geschildert, haben wir durch die beiden großen Konflikte rund 8 Prozent Verkehr verloren. Wir schätzen lieber konservativ und rechnen für den europäischen Markt inklusive Großbritannien mit einem ein bis zwei -prozentigem Wachstum. Mit dem Beitritt Bulgariens in den Schengen- Raum erwarten wir aber Zuwächse aus Drittstaaten. Gerade Passagiere aus dem mittleren Osten möchten wir zukünftig verstärkt ansprechen. Bulgarien bietet eine ausgezeichnete geografische Lage für Airlines aus dieser Region, den man kann den Flughafen Sofia mit jedem Mittelstreckenflugzeug in weniger als vier Stunden aus dem mittleren Osten erreichen. Der Wegfall der Non-Schengen Bestimmungen wird uns daher sehr helfen, Airlines aus dieser Region anzusprechen, da Sofia eine ausgezeichnete Destination für Wochenendtrips ist und das niedrige Preisgefüge und das touristische Potential sehr groß ist.

Die Zahlen sprechen für einen Erfolg auf der Verbindung

Gibt es bereits Gespräche mit arabischen Billigfluglinien?
Billigfluglinien sind zweifelsohne die Gewinner der Krisen und für Flughäfen wie unseren sind Sie sehr wichtig. Wir stehen mit einigen Fluglinien im engen Kontakt, um die Anzahl der Flüge zu erhöhen und auszubauen. Unsere Zukunftsstrategie baut dabei auf drei Säulen: Wir möchten erstens die Verbindungen mit den Legacy Airlines zu den großen Hubs wie Wien, München, Paris, Madrid oder Amsterdam erhöhen, zweitens die Erhöhung des „Punkt zu Punkt“ Verkehrs mit Billigfluglinien ankurbeln, hier gibt es bereits sehr vielversprechende Gespräche und drittens möchten wir die Destination ganzjährig gemeinsam mit Veranstaltern touristisch weiter entwickeln.

Welche Rolle spielt dabei der Homecarrier Bulgaria Air?
Bulgaria Air ist ein wichtiger strategischer Partner, eine nationale Fluglinie zu haben die die wichtigsten Märkte in Europa bedient ist auch ein Schlüssel zum Erfolg. Die gute Nachricht dazu ist, dass Bulgaria Air gerade eine Modernisierung ihrer Flotte mit dem Kauf neuer Airbus 220 Flugzeuge durchführt und gleichzeitig das Angebot ab Sofia erhöht.

Eine Langstreckenverbindung in die USA wie Sie Balkan Bulgarian Airlines Ende der neunziger Jahre noch anbot, wird wohl weiter nur ein Traum bleiben?
Nein, das wird zukünftig kein Traum bleiben, denn wir arbeiten schon sehr konkret daran, dass möglicherweise schon im kommenden Jahr erste Flüge nach New York aufgenommen werden. Jedes Jahr reisen mehr als 50.000 Passagiere ab Sofia über andere Hubs in Europa nach Nordamerika, diese 50.000 Passagiere sind genug um eine Direktverbindung erfolgreich zu betreiben. Seit 2021 sprechen wir bereits mit Fluglinien über die Aufnahme einer solchen Verbindung.

Die Gespräche darüber laufen mit der bulgarischen Gullivair oder mit einer nordamerikanischen Fluglinie?
Nein nicht mit Gulliv Air und auch keiner amerikanischen Fluglinie, sondern mit einem europäischen Legacy Carrier, der Flüge ab Sofia nach New York ganzjährig anbieten soll. Das Gute ist, die Zahlen sprechen für einen Erfolg auf der Verbindung, weshalb wir hoffen, dass die Verhandlungen dazu bereits in Kürze abgeschlossen werden können.

*Jesus Caballero hat sich schon als Kind für die Luftfahrt begeistert. Nach einer technischen Luftfahrtausbildung arbeitete er ab dem Jahr 2007  für den spanischen Flughafenbetreiber AENA in verschiedensten Bereichen des Flughafenbetriebs, Terminal- und Transportmanagements. Mit nur 29 Jahren wurde Jesus Caballero Managing Direktor des Flughafen Melilla und hält damit bis heute den Rekord als jüngster Flughafen CEO in Spanien. Zwischen 2013 und 2021 war Caballero als Geschäftsführer des Flughafens Sevilla tätig, bevor er im selben Jahr die Leitung des Flughafen Sofia übernommen hat. Zudem arbeitet Jesus Caballero seit November 2022 im Auftrag von Meridiam als Mitglied des Verwaltungsrates des jordanischen Queen Alia Airports in Amman mit.