Letzte Aktualisierung: um 20:05 Uhr

Drohender Passagier

Was wirklich an Bord des Airbus A350 von Lufthansa geschah

Ein österreichisches Polizistenpaar habe einen mit Terror drohenden Passagier auf einem Lufthansa-Flug überwältigt, hieß es. Wie sich jetzt zeigt, halfen sie zwar. Aber den Großteil der Arbeit machte die Besatzung.

Mit

Österreichs Innenminister höchstpersönlich meldete sich zu Wort. «Ich bin stolz auf unsere beiden Bediensteten – ihr Einschreiten war mutig, intelligent und beherzt», erklärte Gerhard Karner in einer Pressemitteilung. Und er nutzte die Plattform gleich auch für ein Lob. Der Vorfall an Bord eines Airbus A350 von Lufthansa zeige einmal mehr, «wie professionell und engagiert die Polizistinnen und Polizisten in Österreich sind, auch außer Dienst und im Urlaub», so der Politiker.

Das klingt nach heroischem Einsatz nach Hollywood-Manier. Doch Informationen von aeroTELEGRAPH zeigen, dass es an Bord von Flug LH470 vom 29. Dezember nicht ganz so abgelaufen ist, wie das österreichische Innenministerium es darstellte, das zudem das Flugziel fälschlicherweise mit Vancouver statt Toronto angab. Das an Bord privat mitreisende Polizistenpaar habe nach «verdeckter Rücksprache mit dem Piloten und seiner Crew» den renitenten Mann «mit Einsatztechniken, die bei der österreichischen Bundespolizei bewährt sind» überwältigt, hieß es aus Wien.

Gegenstand wie ein mit Klebeband umwickeltes Mobiltelefon

Dabei war die Fesselung des Mannes nur ein letzter Schritt in einer langen Kette von Ereignissen. Aber was genau ist an Bord des Airbus A350 mit dem Kennzeichen D-AIXQ passiert? Wie Kenner der Ereignisse erklären, stand rund zwei Stunden nach dem Start und währen des ersten Essens- und Getränkeservices ein am Fenster sitzender Passagier auf. Er erklärte auf Englisch, er werde das Flugzeug mit einer Bombe zum Absturz bringen.

In seiner Hand hielt der hagere, klein gewachsene Mann einen Gegenstand, der wie ein mit Klebeband umwickeltes Mobiltelefon aussah. Daraufhin trat ein Flugbegleiter zu ihm und begann auf ihn einzureden. Das Crewmitglied versuchte, den Passagier zu beruhigen.

Österreichisches Polizistenpaar in Diskussion einbezogen

Am Anfang reagierte der Mann nicht auf die Versuche, mit ihm in Kontakt zu treten. Er wiederholte, inzwischen sitzend, einfach weiterhin seine Drohung. Und er verbot der Crew, sich auf Deutsch zu unterhalten.

Die Lufthansa-Besatzung hatte die Fluggäste im nächsten Umfeld umgesetzt, die anderen hatten nicht mitbekommen, worum es ging. Zugleich hatte sie die Standardverfahren ausgelöst, die in einem solchen Fall gelten – inklusive Information des Cockpitpersonals. Das Polizistenpärchen hatte sich inzwischen bei der Crew gemeldet und seine Hilfe angeboten. Die beiden Beamten der Landespolizei Niederösterreich wurden fortan in die Diskussionen einbezogen.

Passagier gibt nach langem Zureden auf

Derweil übernahm der Purser die Aufgabe, mit dem Mann zu sprechen, der als psychisch gestört eingestuft wurde und aufgewühlt in seinem Sitz am Fenster saß. Es ist etwas, was in der Ausbildung und Weiterbildung von Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern immer wieder geübt wird. Inzwischen hatte der Drohende wiederholt die Landung in Großbritannien verlangt.

Auf das Begehren ging die Lufthansa-Besatzung, ohne es zu sagen, nicht ein. Nach rund anderthalb Stunden Zureden gewann der Purser langsam das Vertrauen des Mannes. Die Beruhigungstechniken funktionierten und der Fluggast begann in sich zusammenzusacken, wurde ruhig und schlug die Hände vor seinem Gesicht zusammen. Zudem händigte er das Objekt aus, das er in seiner Hand getragen hatte.

Unterstützung, aber nicht entscheidend

Der Mann wurde danach weggeführt. Dabei wurde er von versteckt wartenden anderen Flugbegleitern und dem Polizistenpaar überwältigt. Die beiden Österreicher fesselten ihn, und zwar ebenso, wie es auch Mitglieder der Kabinenbesatzung lernen und nicht exklusiv «mit Einsatztechniken, die bei der österreichischen Bundespolizei bewährt sind», wie es vom Innenministerium in Wien geheißen hatte.

Der Einsatz der Polizisten war sicherlich eine Unterstützung für die Besatzung, aber keineswegs entscheidend. Als der Mann gefesselt wurde, hatte er längst aufgegeben.