In den USA sind sie für viele Luftfahrtenthusiasten die Stars der Flugshows: «Fifi» und «Doc» – keine Hunde, sondern die letzten beiden flugtauglichen B-29-Bomber mit dem Beinamen Superfortress. In den 1940er-Jahren baute Boeing fast 4000 Exemplare des revolutionären Bombers.
Die B-29 war ihrer Zeit voraus: Es war der erste Serienbomber mit Druckkabine, der in Höhen über 10.000 Meter fliegen konnte und damit für die meisten Jagdflugzeuge unerreichbar blieb. Mit interkontinentaler Reichweite, einer Bombenlast von bis zu 9 Tonnen und moderner Technik wie fernsteuerbaren Geschütztürmen wurde sie zur Luftfahrt Ikone.
B-29-Bomber beendeten den 2. Weltkrieg
Die Boeing B-29 hat einen ambivalenten Ruf: Einerseits beendeten ihre Atombombenabwürfe auf Hiroshima am 6. August 1945 mit der Enola Gay und auf Nagasaki am 9. August 1945 mit der Bockscar den Zweiten Weltkrieg. Andererseits wird die Maschine für ihre fortschrittliche Technik gelobt und hat es bis in die Popkultur geschafft. Das markante Cockpit der B-29 inspirierte die Pilotenkanzel des Millennium Falcon in George Lucas’ Weltraumsaga Star Wars.
«Fifi» und «Doc» sind auch heute noch im Einsatz. Interessierte können 30-minütige Rundflüge buchen. Betrieben werden die beiden Flugzeuge heute von der Commemorative Air Force (CAF), einer nichtkommerziellen Organisation aus den USA, die sich der Erhaltung, Restaurierung und dem Flugbetrieb historischer Militärflugzeuge widmet.
Randall Haskin ist einer der wenigen Piloten des Bombers
Doch nur wenige Pilotinnen und Piloten wissen, wie es sich anfühlt, das viermotorige Flugzeug zu fliegen. Einer von ihnen ist Randall Haskin. Der ehemalige US-Air-Force-Pilot ist heute Linienpilot bei einer großen Frachtfluggesellschaft, wie er im Interview mit der BBC verrät. In seiner Freizeit fliegt er für die CAF den B29-Bomber und gehört zu den wenigen Piloten weltweit, die das noch können.
Haskins Vater flog in den 1950er Jahren als Flugingenieur auf der B-29. «Ich bin mit seinen Geschichten aufgewachsen», erzählt Haskin. «Dass ich selbst eines Tages diese Maschine fliegen würde, hätte ich nie für möglich gehalten». Schon länger engagierte er sich bei der Commemorative Air Force (CAF), bis ihn eines Tages jemand fragte, ob er nicht einen Bomber fliegen wolle. Er habe dann innerhalb einer halben Sekunde zugesagt.
Kompliziertes Flugzeug
Doch leicht zu fliegen ist der Bomber nicht. Die Boeing B-29 mag ein technisches Meisterwerk ihrer Zeit gewesen sein, doch Automatik sucht man hier vergeblich, erklärt er. Besonders die Wright R 3350 Motoren gelten als leistungsstark, aber notorisch störungsanfällig und erfordern die ständige Aufmerksamkeit eines Flugingenieurs.
«Das Fliegen der Superfortress ist, als würde man ein Sinfonieorchester dirigieren», sagt Haskin. Jeder Handgriff, jede Kommunikation zwischen Pilot, Ingenieur und Crew muss präzise sitzen, denn ein kleines Versagen kann fatale Folgen haben.
B-29 ohne lenkbares Bugrad
Als eindrückliches Beispiel nennt er den Start: Die 40-minütige Checkliste mit unzähligen manuellen Kontrollen, die Koordination von sieben Crewmitgliedern über Headset und die Unterstützung eines externen Feuerwächters zeigen, wie aufwendig das Prozedere ist. «Mit einer eingespielten Crew läuft alles glatt, aber als Anfänger fühlt man sich schnell überfordert».
Ein weiteres Beispiel ist die Bodensteuerung. Zwar hat die B-29 ein Bugrad, das ist nur nicht lenkbar. Haskin muss die 40 Tonnen schwere Maschine mit Seitenruder und asymmetrischem Schub auf dem Boden steuern. «Erst ab 130 km/h reagiert das Seitenruder, aber erst bei 200 km/h hebe ich ab», erklärt er. «In diesem Geschwindigkeitsbereich ist ein Motorausfall kritisch. Dann ist es besser, wenn die Räder noch auf dem Boden sind». Erst über 300 km/h fühlt sich die B 29 wirklich stabil an.
Flugingenieur ist unerlässlich
Aber auch im Flug wird es nicht leichter. «Ich kann dem Flugingenieur nicht sagen: Gib etwas weniger Leistung. Ich muss dem Flugingenieur exakte Werte nennen, basierend auf den Instrumenten», erklärt Haskin. Gleichzeitig muss er sich auf Details konzentrieren, die in modernen Flugzeugen automatisiert sind.
Trotzdem liebt Haskin das Fliegen mit der B-29. Besonders der Blick durch die vergaste Nase am Ende der Startbahn begeistert ihn: «Atemberaubend», beschreibt er das Gefühl, wenn der Boden und die Bäume so nah wirken, «dass man fast die Beine anziehen möchte».
Erbe soll wach gehalten werden
Doch trotz aller Faszination bleibt ihm die historische Last bewusst. Dieses Flugzeug hat den Krieg beendet. Als fliegendes Museum will er mit der CAF die Erinnerung daran wach halten und gleichzeitig einer neuen Generation vermitteln, wie Flugzeuge früher wirklich geflogen wurden.
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