Letzte Aktualisierung: um 20:53 Uhr

Eurocontrol warnt

Verspätungen: Wird alles noch viel schlimmer?

Passagiere ächzen unter einer Verspätungswelle. Weil der Luftverkehr wächst und die Infrastruktur nicht mitkommt, könnte es bis 2040 noch viel extremer werden, warnt Eurocontrol.

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Die Anreise zum Flughafen, das Check-in und die Sicherheitskontrolle hat man erfolgreich hinter sich gebracht und wäre nun ganz in Stimmung für die eigentliche Reise. Da steht plötzlich auf der Anzeigetafel: «Verspätet». Ein Frustmoment. In den letzten Wochen haben es Hunderttausende Passagiere in Europa erlebt. Allein im Mai hatten 65.000 Flüge mehr als 15 Minuten Verspätung. Streiks, Unwetter, schnelles Wachstum vieler Fluggesellschaften und Personalengpässe bei einigen nationalen Flugsicherungen wurden zu einem giftigen Cocktail.

Im Sommer, wenn die große Urlaubssaison startet, droht sich die Situation noch zu verschlimmern. Doch auch das könnte noch völlig harmlos sein, wenn man ein paar Jahre in die Zukunft schaut. Denn bis 2040 nimmt die Zahl der Flüge in Europa um mehr als die Hälfte auf 16,2 Millionen pro Jahr zu, schätzt Eurocontrol in einer neuen Studie. Das bedeutet alleine in Deutschland rund 4000 zusätzliche Flüge pro Tag und eine riesige Belastung für ein System, das schon jetzt mitunter am Limit läuft.

Immer mehr verstopfte Flughäfen

Das könne gravierende Folgen haben, warnt Eamonn Brennan. Wenn man nichts unternehme, stiege die Zahl der um 20 Minuten und mehr verspäteten Flüge in den Sommermonaten in den kommenden zwei Dekaden um 60 Prozent, so der Generaldirektor von Eurocontrol. Die Verspätungen von 60 bis 120 Minuten könnten sich bis 2040 gar versiebenfachen, schätzt er weiter. Das heißt, es wäre täglich fast eine halbe Million Passagiere von mehrstündigen Verzögerungen betroffen.

Tritt das Szenario ein – und Eurocontrol glaubt eher konservativ gerechnet zu haben – sind 2040 bereits 16 europäische Flughäfen chronisch überlastet. Heute sind es nur sechs, darunter Amsterdam, Frankfurt, London Heathrow und Paris Charles de Gaulle. Künftig werden auch Airports wie Barcelona, Düsseldorf, Mailand Malpensa, München oder Palma an ihre Grenzen stoßen. An gewissen Orten werden – so die Experten der europäischen Flugsicherung – durchschnittliche Verspätungen von über 15 Minuten bei jedem Flug zum Standard werden.

Abhilfe könnte geschaffen werden, wenn alle geplanten Flughafenerweiterungen wie etwa der Bau neuer Pisten realisiert würden, so Eurocontrol. Doch erstens sei das wegen Widerständen in der Bevölkerung schwierig und zweitens reiche es auch dann noch nicht, um das Problem zu lösen. Die Organisation macht deshalb Vorschläge, wie man das Problem entschärfen kann:

Ausweichen: Fluggesellschaften sollen wenn möglich von den verstopften Großflughäfen an nahe gelegene Alternativen ausweichen. Das geht allerdings nur im Punkt-zu-Punkt-Verkehr.

Größere Flugzeuge: Bereits jetzt geht der Trend in Richtung größerer Flieger, um mehr Reisende pro Flug befördern zu können. Dieser Trend sollte sich fortsetzen, wenn man das Kapazitätsproblem lösen will, so Eurocontrol.

Einheits-Flugischerung: Die nationalen Flugsicherungen sollen durch eine europäische abgelöst werden und dabei durch eine fortschrittliche Technologie unterstützt werden (Sesar-Projekt).

Bahn ausbauen: Auch wenn Eurocontrol für die Luft zuständig ist, empfiehlt die Organisation einen Ausbau der Schiene. Nur ein leistungsfähiges Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetz könne die Flughäfen entlasten.