Deutsche Forscherinnen und Forscher haben Tierprodukte untersucht, die am Flughafen Frankfurt illegal in die EU eingeführt wurden. Besonders suchten sie nach Keimen, gegen die auch die meisten Antibiotika unwirksam geworden sind.
«Schleppen Sie keine Tierseuchen in die Europäische Union ein» - so steht es auf Plakaten der EU, die in den Ankunftsbereichen europäischer Flughäfen hängen. Zu sehen sind dazu Abbildungen von Milch, Fleisch und Käse, jeweils durchgestrichen. «Alle Reisenden sind verpflichtet, diese Produkte der amtlichen Kontrolle zu stellen.» Ausnahmen gibt es nur bei Einreisen aus Andorra, den Färöer, Grönland, Island, Liechtenstein, Norwegen, San Marino und der Schweiz, und auch dann nur bei kleineren Mengen für den persönlichen Gebrauch.
Doch viele Reisende beachten diese Vorschriften und Verbote nicht. Und so «gelangt jedes Jahr eine beträchtliche Menge an Produkten tierischen Ursprungs über das private Gepäck von Fluggästen zum persönlichen Verbrauch in die EU», heißt es in einem aktuellen Artikel des Magazins Food Microbiology, verfasst von Forscherinnen und Forschern der Universität Gießen sowie der Grenzkontrollstelle des Hessischen Landeslabors am Flughafen Frankfurt.
Da nur ein kleiner Teil der ankommenden Fluggäste Zollkontrollen unterzogen wird, liegen keine genauen Zahlen vor. Eine Studie aus dem Jahr 2016 ergab aber, dass zwischen 0,1 und 1,3 Prozent der an zwei deutschen Flughäfen kontrollierten Reisenden illegale Produkten tierischen Ursprungs im Gepäck hatten. «Dies ist besorgniserregend, da viele Drittländer die hohen EU-Standards für Krankheitsüberwachung und -kontrolle, Lebensmittelhygiene und Lebensmittelverarbeitung nicht erfüllen und illegale Lebensmittelimporte aus diesen Ländern daher ein potenzielles Risiko für die Gesundheit von Mensch und Tier darstellen können», heißt es im aktuellen Artikel. Darüber hinaus würden illegal importierte Lebensmittel oft selbst hergestellt, unzureichend verpackt und während des Transports in der Regel nicht gekühlt.
Die Forschenden wollten mehr dazu herausfinden, was da genau in der EU ankommt. Dazu stellten sie zwischen Oktober 2021 und Dezember 2022 am Frankfurter Flughafen illegal importierte Lebensmittel sicher, die bei der Ankunft von Reisenden aus Nicht-EU-Ländern beschlagnahmt worden waren. So nahmen sie 100 Lebensmittelproben aus 15 verschiedenen Nicht-EU-Ländern, 60 davon Fleisch oder Fleischprodukte, 40 Milchprodukte.
47 der 100 Proben kamen aus Vorderasien, davon 39 aus der Türkei. Nur 28 der Proben waren industriell hergestellt, 72 individuell. 21 Mal handelte es sich um rohe Lebensmittel, etwa Fett mit rohem Fleisch vom Schaf aus Syrien oder Rohwurst vom Schwein aus Moldau.
Die Proben wurden besonders auf zoonotische und multiresistente Bakterien untersucht. Zoonotisch bedeutet, dass eine Krankheit zwischen Tieren und Menschen übertragen werden kann. Gesucht wurde nach sechs Erregern, darunter Salmonellen, Escherichia coli (E. coli), Enterobacterales sowie Staphylococcus aureus (S. aureus) inklusive der multiresistenten Variante MRSA, die zu schwer behandelbaren Infektionen führen kann.
«Insgesamt wurden Enterobacterales und E. coli in 36 Prozent beziehungsweise 23 Prozent der Proben nachgewiesen, was auf Hygienemängel hindeutet, während lebensmittelbedingte Krankheitserreger in 17 Prozent der Proben beobachtet wurden», so die Forschenden.
Ausgewählte Isolate (aus den Proben gezüchtete Bakterienstämme) wurden einer umfassenderen Genom-Analyse unterzogen. Dabei wurden auch ein neu beschriebener Staphylococcus-aureus-Typ und ein seltener Enterobacterales-Typ gefunden. Drei S.-aureus-Isolate waren multiresistent, darunter ein MRSA-Stamm, ebenso drei E-coli-Isolate. Hochpathogene, also hochansteckende und lebensbedrohliche Keime gab es nicht.
Zwar sind illegal importierte Lebensmittel primär für den Eigenverbrauch bestimmt und betreffen daher nur kleine Gruppen Menschen. Dennoch bilanzieren die Forschenden, dass solche illegalen Importe im Gepäck von Fluggästen die Verbreitung der untersuchten Bakterien begünstigen können - «einschließlich solcher, die gegen Cephalosporine und Chinolone der dritten Generation resistent sind». Dabei handelt es sich um Antibiotika.
In der folgenden Reportage des Hessischen Rundfunks ist zu sehen, wie es aussieht, wenn der Zoll Fleisch im Reisegepäck findet und aus dem Verkehr zieht: